Tiberius Rohstoff-Research: Marktkommentar August 2009

Mais
Der Maispreis wird aktuell durch die Schätzungen einer überdurchschnittlichen US-Ernte von Seiten des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) und privater Agenturen belastet. Einige Prognosen übertreffen sogar den bisherigen Rekordertrag in Höhe von 160,4 Bushels je Acre aus dem Marketingjahr 2004/05. Wir stehen diesen Erwartungen aufgrund des späten Ausbringungszeitpunkts, unterdurchschnittlicher Temperaturen und Niederschlägen in den Hauptanbaugebieten skeptisch gegenüber. Deshalb erwarten wir aktuell gegenüber den Einschätzungen des USDA für das Marketingjahr 2009/10 ein größeres Defizit sowohl für die USA als auch weltweit.
Auf der Nachfrageseite führten gefallene Maispreise zu einer Verbesserung der Marge bei Ethanolproduzenten. Darüber hinaus deuten gestiegene Benzinnotierungen auf eine vermehrte Ethanolnachfrage hin. Ebenso steht die Entscheidung über eine mögliche Erhöhung der US-Blend Rate (Beimischungsrate von Ethanol bei Benzin) von 10% auf 15% noch aus.
Die Preisdifferenz zwischen Sojabohnen und Mais befindet sich in der langfristigen Betrachtung auf einem äußerst hohen Niveau. Dies spiegelt sich auch in einer Netto-Long Positionierung spekulativer Marktteilnehmer bei Sojabohnen und einer Netto-Short Positionierung bei Mais wider.
Zunächst erwarten wir bei Mais keine signifikanten Preissteigerungen, da in den nächsten Wochen die Erwartungen einer Rekordernte sowie der Preisdruck, der durch die Einbringung der Ernte entsteht, den Markt belasten dürften. Danach sollten aber im Hinblick auf den im Winter beginnenden Wettbewerb um US-Ackerfläche relative Preisgewinne gegenüber anderen Anbaualternativen folgen.
Sojabohnen
Sondersituation im Marketingjahr 2008/09: Äußerst knappe US Stocks to Use Ratio bedingt durch Ernteausfälle in Südamerika und erhöhte Importnachfrage seitens China bewirkten eine Backwardation in der Terminstruktur. Sojabohnen waren dadurch bei quantitativ orientierten, semi-aktiven Anlagevehikeln gefragt.
Der Fokus sollte sich nun allerdings auf das Marketingjahr 2009/10 und die Rekordanbaufläche in den USA sowie die Aussicht auf eine Rückkehr zu normalen Erntevolumina in Südamerika verschieben. Die Normalisierung auf der Angebotsseite führt in unseren Annahmen sowohl zu einer Überschusssituation in den USA als auch weltweit. Aus diesem Grund erwarten wir eine allmähliche Verflachung der Terminkurve und dadurch ein sinkendes Anlegerinteresse.
Sojabohnen sind aufgrund des im Verhältnis zu Mais späteren Erntezeitpunkts in einem größeren Ausmaß dem Risiko früher Herbstfröste - durch den verspäteten Ausbringungszeitpunkt - ausgesetzt. Generell muss sowohl bei Mais als auch bei Sojabohnen mit steigenden Risikoprämien gerechnet werden, falls negative Wetterverhältnisse eintreten sollten.
Die Preise von Weizen und Mais sind bereits deutlich gefallen. Sojabohnen waren durch die geschilderte Sondersituation bislang noch besser unterstützt. Wir erwarten jedoch spätestens nach dem Einbringen der US-Ernte stark rückläufige Notierungen, die sich erst wieder im Wettbewerb um US-Ackerfläche stabilisieren könnten. Generell muss allerdings mit steigenden Risikoprämien gerechnet werden, sofern sich Wetterereignisse abzeichnen sollten, welche die südamerikanischen Ernten schmälern.
Weizen
Weizen besitzt im Verhältnis zu Mais und Sojabohnen sowohl auf US-Ebene als auch global die höchsten Stocks to Use Ratios. Aufgrund der ausreichenden Versorgungslage, die durch die große Angebotsreaktion im Zuge der Preissteigerungen in 2007 und 2008 ausgelöst wurde, und dem zusätzlichen Druck durch die Einbringung der Ernten auf der Nordhalbkugel fielen die Weizenpreise in den vergangenen Monaten deutlich.
Bei den aktuellen Preisrelationen läuft US-Weizen Gefahr, Ackerfläche an Anbaualternativen zu verlieren.
Gefallene Maispreise reduzierten die Substitution von Mais bei der Futtermittelverwendung durch Weizen. Allerdings besteht der überwiegende Teil der Nachfrageseite bei Weizen aus einer relativ unelastischen Nahrungsmittelnachfrage.
Geringere Ernten in Kanada und Argentinien erhöhen die Möglichkeit größerer US-Weizenexporte gegen Ende 2009/Anfang 2010. Insgesamt schätzen wir im Verhältnis zum USDA die globale Weizenproduktion im Marketingjahr 2009/10 geringer ein.
Die CFTC Netto-Short Positionierung spekulativer Marktteilnehmer befindet sich im historischen Vergleich auf hohem Niveau.
Ausreichende Lagerpuffer sind bei Weizen vorhanden. Kursrallyes dürften deswegen von kurzer Dauer sein und vor allem von der Eindeckung spekulativer Short-Positionen getrieben werden. Wir erwarten aufgrund der sich abzeichnenden Angebots- und Nachfragereaktion in den kommenden Monaten jedoch eine Bodenbildung des Weizenpreises. Relativ zu Mais und vor allem zu Sojabohnen sollten Kursgewinne möglich sein. Darüber hinaus können weitere El Nino-Einflüsse auf die globale Weizenproduktion kurzfristig Preisreaktionen nach oben bewirken.
Zucker
Die Schätzung für das globale Zuckerdefizit im Marketingjahr 2008/09 wurde Anfang September von der International Sugar Organisation (ISO) erhöht. Es wird nun ein Defizit in Höhe von 10,4 (bisher: 7,8) Millionen Tonnen erwartet. Auch für das Folgejahr 2009/10 wurde die vorherige Einschätzung des Defizits in Höhe von 4,5-5,0 Millionen Tonnen auf 8,4 Millionen Tonnen gesteigert. Damit sinkt die Stocks to Use Ratio 2009/10 auf 31,8%, das tiefste Niveau seit 1989/90.
In den beiden vorangegangenen Überschussproduktionen 2006/07 und 2007/08 aufgebaute Lagerbestände sind nun bereits während des ersten folgenden Defizitjahres 2008/09 größtenteils aufgebraucht.
Nachdem die Zuckerpreise aufgrund einer geringeren 2008/09 Ernte in Indien, dem größten Zuckerverbraucher weltweit, vor allem im Mai 2009 nochmals stark gestiegen waren, schien der preissteigernde Effekt im Juni 2009 langsam an Wirkung zu verlieren. Unterdurchschnittliche Monsun-Niederschläge in Indien, vor allem in den Zucker-Anbaugebieten Uttar Pradesh und Maharashtra, bewirkten allerdings im Anschluss eine weitere Preissteigerung auf in der Spitze 24,85 US-Cents am 1. September, ein 28,5 Jahreshoch.
Brasilien, der größte Zuckerproduzent, erhöhte aufgrund der gestiegenen Zuckernotierungen das Verwendungverhältnis des angebauten Zuckerrohrs zu Gunsten von Zucker und reduzierte dementsprechend den Ethanolanteil. Starke Niederschläge im Juni und Juli 2009 verlangsamten allerdings die Zuckerrohrernte und führten zu einem geringeren Saccharose Anteil.
Die ISO Schätzungen kommen zum Ergebnis, dass der erhöhte Importbedarf 2009/10 durch verfügbare Exporte gedeckt werden kann, wobei allerdings auch etwas mehr als 2 Millionen Tonnen aus den Lagerbeständen abgebaut werden dürften.

Die Zuckernotierungen gaben zwar in den ersten Septembertagen auf ca. 20,5 US-Cents nach, auszuschließen ist allerdings nicht, dass ein nochmaliger Preisanstieg auftreten könnte. Gerade günstigere Preislevels könnten von indischer Seite erneut genutzt werden, um Zuckerkäufe zu tätigen. Letztendlich erwarten wir allerdings eine Angebotsreaktion aufgrund des erhöhten Preisniveaus und erachten deshalb neue Höchststände als nicht nachhaltig. Darüber hinaus beinhaltet vor allem die überdurchschnittlich hohe Netto-Long Positionierung spekulativer Marktteilnehmer ein großes Rückschlagspotenzial.