Tiberius Rohstoff-Research: Marktkommentar August 2009

Für die Industriemetalle gibt es derzeit äußerst widersprüchliche Signale. Der wichtigste positive Einflussfaktor ist, wie bereits oben besprochen, der globale Konjunkturaufschwung. In den Industriestaaten steht der Wiederaufbau von Lagern bevor, während er in China bereits beendet scheint. Die Folgen des Restockings in der westlichen Welt dürften sinkende sichtbare Lagerbestände, bspw. in den Lagerhäusern der London Metal Exchange (LME), sein. Da die LME-Lagerbestände historisch ein hervorragender Indikator für die Terminkurvenentwicklung waren, könnten diese weiter abflachen bzw. in Backwardation fallen.
Somit bleiben die Basismetalle auch weiterhin attraktiv für Rohstoffinvestoren, die diesen Indikator in den Mittelpunkt ihrer Analyse stellen. Da die LME außerdem nicht zum direkten Einflussbereich der amerikanischen Regulierungsbehörden zählt, dürfte der Börsenplatz London und damit auch die Basismetalle weniger als die Energie- und Agrarrohstoffe unter einer stärkeren Regulierung leiden.
Die makroökonomischen Einflussvariablen bestimmen die Nachfrageseite. Relative Unterschiede zwischen den einzelnen Basismetallen sind daher fast ausschließlich auf der Angebotsseite zu suchen. Während des drastischen Konjunktureinbruchs wurden bei einigen Basismetallen bestehende Kapazitäten (Minen bzw. Hüttenwerke) in großem Umfang stillgelegt. Beim derzeitigen Preisniveau könnten nahezu alle dieser Unternehmen wieder profitabel arbeiten. Sollten die Kassapreise der Metalle ihr Niveau in den nächsten Wochen halten, rechnen wir mit einer verstärkten Wiederaufnahme der Produktion.
Die größten freien Kapazitäten bestehen bei Aluminium und Nickel, während es bei Kupfer im Abschwung kaum zu Kürzungen kam, da der Markt noch lange im Defizit war und erst durch den Konjunktureinbruch in einen Überschuss gebracht wurde. Bei den erstgenannten Basismetallen hingegen sollten die vorhandenen (und geplanten) Kapazitäten genügen, um den Markt ausreichend versorgt zu halten. Kupfer und Zink könnten dagegen bereits in den nächsten Monaten wieder ein Defizit aufweisen. Insofern stufen wir diese beiden als fundamental attraktiver ein. Hinzu kommt, dass China sehr stark auf Kupferimporte angewiesen ist. Es gilt somit als strategisch wichtiges Metall. Dies wird durch die Käufe des Büros für Strategische Reserven (SRB) im Frühjahr gestützt, dessen Lagerbestände als Staatsgeheimnis behandelt werden.

Einem weiteren Preisanstieg der Basismetalle steht kurzfristig entgegen, dass sie seit Jahresbeginn sowohl absolut als auch im relativen Vergleich zu allen anderen Rohstoffsektoren sehr stark nach oben gelaufen sind. Wir glauben, dass zumindest der relative Aufwärtstrend gestoppt wird. Im Zuge des jüngsten Kursfeuerwerks bei Metallen ist vermutlich eine hohe spekulative Netto-Long-Position aufgebaut worden. Dies zumindest signalisiert der teilweise starke Anstieg des Open Interest an der LME. Es bleibt abzuwarten, ob bei diesen Positionen nicht Gewinne mitgenommen werden, wenn die physische Nachfrage in den Industriestaaten einsetzt.