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Tiberius Rohstoff-Research: Marktkommentar August 2009

14.09.2009
- Seite 2 -
Makroperspektiven: Kurzer, heftiger Kursaufschwung

Viele Rohstoffmärkte stehen vor einer zyklischen Nachfragebelebung. Die weltweiten Frühindikatoren für das verarbeitende Gewerbe signalisieren klar einen Konjunkturaufschwung und die Rückkehr zu positiven Wachstumsraten noch in diesem Jahr. In den USA hat der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe die Wachstumsschwelle von 50 Punkten mittlerweile deutlich übersprungen. Die Wachstumsraten des BIP und der Industrieproduktion folgen den Einkaufsmanagerindices in der Regel mit einer Verzögerung von 3-6 Monaten. Das heißt, dass die physische Rohstoffnachfrage schon ab Herbst 2009 deutlich anziehen dürfte.

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Die wöchentlichen US-Verbrauchszahlen für Rohöl und Rohölprodukte zeigen, dass der bisherige Anstieg der Frühindikatoren vor allem von Erwartungen getragen wurde. Insofern gehen wir davon aus, dass eine Erhöhung der Produktion und ein Wiederauffüllen der Lager in der westlichen Welt noch nicht stattgefunden haben und erst ab September einsetzen werden. Der starke Anstieg der Kassapreise bei den Industrierohstoffen aus den Bereichen Energie und Basismetalle in den ersten acht Monaten dieses Jahres muss demnach andere Ursachen haben. Zum einen war der Kursanstieg durch die strategischen Käufe Chinas in der ersten Jahreshälfte 2009 bedingt, die den physischen Marktüberschuss während dieser Periode bei vielen Basismetallen vom Markt nahmen.

Das Preisverhältnis zwischen der Shanghaier Metall-Börse und der London Metal Exchange sowie die offiziellen Aussagen aus China zeigen jedoch deutlich, dass der Kursaufschwung der Industrierohstoffe ab Juni 2009 nicht durch chinesische Käufe erklärt werden kann. Vielmehr scheinen Spekulanten den Konjunkturaufschwung antizipiert zu haben. Für die London Metal Exchange werden die offenen Kontrakte nicht wie bei den US-Börsen in kommerzielle Marktteilnehmer und spekulative Marktteilnehmer herunter gebrochen. Der stark gestiegene Open Interest in Verbindung mit den außerordentlichen Kursanstiegen deuten jedoch darauf hin, dass insbesondere bei den Basismetallen eine große spekulative Netto-Long-Position existiert.

Für den weiteren Kursverlauf der Industrierohstoffe hängt viel davon ab, ob die physischen Käufer angesichts der notwendigen Lageraufstockung ihre Käufe bei den gegenwärtigen hohen Kursen noch weiter hinauszögern können. Falls ja, droht bei Energierohstoffen und Metallen ein kurzer Sell Off, der durch physische Käufe dann aber relativ schnell wieder aufgefangen werden sollte. Falls nein, so dürften die spekulativen Marktteilnehmer ihre Netto-Long-Position bei steigenden Preisen an die physischen Marktteilnehmer abgeben.

Wir tendieren zur zweiten Variante, zumal die kurz- und langfristigen Nettokapitalzuflüsse in die Anlageklasse nach wie vor positiv sind. Gemäß den CFTC-Daten ist die Netto-Long-Position der kurzfristig orientierten Non-Commercials in diesem Jahr von 5 Mrd. USD zu Beginn des Jahres auf über 30 Mrd. USD angestiegen. Weder bei den erreichten Indexniveaus der Rohstoffe noch bei der Netto-Positionierung lassen sich Übertreibungen oder Gründe für einen Trendwechsel erkennen.

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Ähnliches lässt sich für die langfristig orientierten Kapitalzuflüsse institutioneller Anleger in Indexprodukte und Rohstofffonds sagen. Gemäß externen Schätzungen ist das Anlagevermögen in der Anlageklasse Rohstoffe in den ersten beiden Quartalen 2009 von 160 Mrd. USD auf über 200 Mrd. USD gestiegen, wobei dieser Zuwachs jeweils zur Hälfte auf Kapitalzuflüsse einerseits und Kursanstiege andererseits zurückgehen dürfte. Wir sehen angesichts der weltweiten expansiven Geldpolitiken und dem dadurch ausgelösten Anlegerwunsch einer Inflationsabsicherung keine Anhaltspunkte, dass sich die Kapitalflüsse umkehren könnten. Vielmehr dürften bis zum Jahresende weitere 20 Mrd. USD in Rohstoffprodukte strömen.

Ein Gefahrenpunkt könnten jedoch die Regulierungsmaßnahmen in den USA werden. Momentan gehen wir davon aus, dass einschränkende Maßnahmen, wie zum Beispiel Positionslimite, vor allem Exchange Traded Funds und weniger die passiven Indexinstrumente der großen Rohstoffhändler betreffen werden. Bei einer Begrenzung und Rückführung spekulativer Marktpositionen würde unserer nach Ansicht ein kurzer Sell Off resultieren, der aber nicht nachhaltig ist. Insofern wäre ein durch die Regulierung ausgelöster Kursrückgang eine willkommene Gelegenheit, um ein Netto-Long-Engagement aufzubauen. Durch die Begrenzung passiver Anlageformen würde jedoch der Status Quo der Marktanteile festgeschrieben und Newcomern der Markteintritt in die US-Börsen verwehrt.

Wir halten dies für die wahrscheinlichste Variante. Gleichzeitig könnte die Begrenzung von Positionen viele Marktteilnehmer zu verstärktem Over the Counter (OTC) - Handel zwingen, sodass die Preisfindung an den Futures-Märkten, die ja vielfach als Referenzgröße für das weitaus größere physische Geschäft herangezogen wird, auf einer weniger breiten Basis ruht.

Als Fazit halten wir fest, dass sowohl die Fundamentaldaten als auch die technischen Faktoren für einen schnellen und starken Kursanstieg der Rohstoffindices sprechen. Die große Frage wird sein, wie nachhaltig ein derartiger Kursaufschwung ist. Im Moment gehen wir davon aus, dass aufgrund der großen strukturellen Probleme der Konjunkturaufschwung in den westlichen etablierten Volkswirtschaften nur zu unterdurchschnittlichen Wachstumsraten führen wird.

Wir glauben, dass den USA und Europa ein ähnliches Szenario wie in Japan in den neunziger Jahren - ein um die Nulllinie alternierendes Wirtschaftswachstum gekoppelt mit einem niedrigen Zinsniveau und einer über Jahre dauernden Bereinigung im Finanzsektor - bevorstehen wird. In einem derartigen Umfeld lassen sich auch die Wachstumserfolge der Schwellenländer in diesem Jahrzehnt nicht mehr wiederholen. Insofern steht die Ampel für die Preise von Industrierohstoffen nur bis ins Frühjahr 2010 auf grün. Relativ günstig sind jedoch die Agrarrohstoffe bewertet, sodass Kursgewinne in 2010 vor allem von diesem Sektor getragen werden könnten.

Auf der Ebene der Tiberius Rohstoff-Fonds glauben wir, dass die long only Fonds im nächsten halben Jahr besser abschneiden werden als der long/short-Fonds, für den wir nach wie vor ein Renditeziel von 8% p.a. haben, laufen werden. Aufgrund der vorgegebenen Volatilitätsgrenzen wird der long/short Fonds schwerlich eine Nettoinvestitionsquote von über 15% ausweisen. Dementsprechend empfehlen wir eine Netto-Long-Quote durch long only Fonds aufzubauen. Im Verlaufe des Jahres 2010 sollte der Anteil der long only Fonds dann wieder zugunsten von long/short Anlagen zurückgefahren werden. Das Stop and Go wird unserer Ansicht nach im Rohstoff- und Aktienbereich über die nächsten Jahre hinweg erhalten bleiben.





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