Tiberius Rohstoff-Research: Marktkommentar August 2009
14.09.2009
Performancerückblick: Relative Verspannungen
Die absolute Performance der Rohstoffindices plätscherte im August 2009 vor sich hin. Der breit diversifizierte Dow Jones UBS Index (DJUBS) erbrachte mit -0,6% eine marginal von der Nulllinie verschiedene Rendite. Etwas schlechter lagen der Rogers International Commodity Index (RICI, -1,4%) und der S&P Goldman Sachs Commodity Index (SPGSCI, -2,4%), welche die Industriemetalle, die im August erneut überdurchschnittliche Renditen erzielten, nicht in dem Maße gewichtet hatten wie der DJUBS Index.
Dennoch kann der August 2009 auch als einer der extremen Rohstoffmonate gelten. Bei dünnen Umsätzen entwickelten sich sehr große Performanceunterschiede zwischen den einzelnen Rohstoffen. Die Performancedifferenz zwischen dem besten Rohstoff (Zucker: +31,1%) und dem schlechtesten (Erdgas: -16,8%) betrug 48%! Auffällig dabei war, dass diejenigen Rohstoffe, die bereits in den ersten sieben Monaten zu den relativen Gewinnern zählten (die Metalle Kupfer, Nickel, Zink und Silber sowie die Agrarrohstoffe Sojabohnen und Zucker) auch im August vorne lagen, während die stärksten Underperformer des Jahres 2009 (Erdgas, Weizen, Mais, Magere Schweine) auch im August sehr schwache Renditen erzielten.
Wie wir im Kapitel Marktperspektiven begründen sind die Preisverhältnisse in vielen Sektoren mittlerweile so verzerrt, dass auf Sicht der nächsten sechs Monate aus fundamentalen Gesichtspunkten eine Trendumkehr wahrscheinlich ist. Unabhängig davon scheinen immer mehr Marktteilnehmer ihre Anlageentscheidung ausschließlich auf rein technischen Momentum-Modellen oder auf einer prozyklischen mechanischen Auswertung der Terminpreisdifferenzen abzustützen. Beide Modellarten haben in der Vergangenheit im Backtesting vortreffliche Ergebnisse erbracht, dementsprechend sind beide Modellansätze auch zu 50% in unserer Modellwelt vertreten. Der extensive und ausschließliche Gebrauch dieser Modelle führt kurzfristig zu selbst erfüllenden Prophezeiungen, da die meisten dieser Modelle weder ein absolutes noch ein relatives Preisniveau als überzogen erkennen.
Dies spiegelt sich auch in den Zahlen der amerikanischen Regulierungsbehörde für Terminmärkte - Commodity Futures Trading Commission (CFTC) - wider. Die als spekulativ eingruppierten Marktteilnehmer (Non-Commercials und Non-Reportables) haben in den letzten Monaten über alle Rohstoffe hinweg erneut eine Netto-Long-Position von mehr als 30 Mrd. USD aufgebaut. Nur bei sechs Rohstoffen - Erdgas, Lebende Rinder, Mastrinder, Magere Schweine, Chicago Weizen und Mais - existieren nennenswerte Netto-Short-Positionen. Dies sind gerade jene Rohstoffe, die im Performanceranking 2009 auf den letzten Plätzen liegen.
Der überwiegende Teil dieser Short-Position wurde in den letzten fünf Wochen eingegangen, als die relativen Preistrends längst etabliert waren. Unserer Ansicht nach beruhen die relativen Performanceunterschiede im August vorwiegend auf der relativen Positionierung technisch orientierter, spekulativer Marktteilnehmer. Alle diese Märkte haben gemein, dass auf Sicht weniger Wochen eine physische Überversorgung besteht, dass aber auf Sicht mehrerer Monate mit erneuten Defiziten zu rechnen ist. Da gleichzeitig kein Ende des Mittelzuflusses in die Anlageklasse Rohstoffe (vorbehaltlich von Regulierungsentscheidungen) zu erkennen ist, werden sich die spekulativen Marktteilnehmer unserer Ansicht nach in den nächsten Wochen schwer tun, die Short-Positionen einzudecken, ohne einen kräftigen Kursanstieg auszulösen.
Makroperspektiven: Kurzer, heftiger Kursaufschwung
Viele Rohstoffmärkte stehen vor einer zyklischen Nachfragebelebung. Die weltweiten Frühindikatoren für das verarbeitende Gewerbe signalisieren klar einen Konjunkturaufschwung und die Rückkehr zu positiven Wachstumsraten noch in diesem Jahr. In den USA hat der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe die Wachstumsschwelle von 50 Punkten mittlerweile deutlich übersprungen. Die Wachstumsraten des BIP und der Industrieproduktion folgen den Einkaufsmanagerindices in der Regel mit einer Verzögerung von 3-6 Monaten. Das heißt, dass die physische Rohstoffnachfrage schon ab Herbst 2009 deutlich anziehen dürfte.
Die wöchentlichen US-Verbrauchszahlen für Rohöl und Rohölprodukte zeigen, dass der bisherige Anstieg der Frühindikatoren vor allem von Erwartungen getragen wurde. Insofern gehen wir davon aus, dass eine Erhöhung der Produktion und ein Wiederauffüllen der Lager in der westlichen Welt noch nicht stattgefunden haben und erst ab September einsetzen werden. Der starke Anstieg der Kassapreise bei den Industrierohstoffen aus den Bereichen Energie und Basismetalle in den ersten acht Monaten dieses Jahres muss demnach andere Ursachen haben. Zum einen war der Kursanstieg durch die strategischen Käufe Chinas in der ersten Jahreshälfte 2009 bedingt, die den physischen Marktüberschuss während dieser Periode bei vielen Basismetallen vom Markt nahmen.
Das Preisverhältnis zwischen der Shanghaier Metall-Börse und der London Metal Exchange sowie die offiziellen Aussagen aus China zeigen jedoch deutlich, dass der Kursaufschwung der Industrierohstoffe ab Juni 2009 nicht durch chinesische Käufe erklärt werden kann. Vielmehr scheinen Spekulanten den Konjunkturaufschwung antizipiert zu haben. Für die London Metal Exchange werden die offenen Kontrakte nicht wie bei den US-Börsen in kommerzielle Marktteilnehmer und spekulative Marktteilnehmer herunter gebrochen. Der stark gestiegene Open Interest in Verbindung mit den außerordentlichen Kursanstiegen deuten jedoch darauf hin, dass insbesondere bei den Basismetallen eine große spekulative Netto-Long-Position existiert.
Für den weiteren Kursverlauf der Industrierohstoffe hängt viel davon ab, ob die physischen Käufer angesichts der notwendigen Lageraufstockung ihre Käufe bei den gegenwärtigen hohen Kursen noch weiter hinauszögern können. Falls ja, droht bei Energierohstoffen und Metallen ein kurzer Sell Off, der durch physische Käufe dann aber relativ schnell wieder aufgefangen werden sollte. Falls nein, so dürften die spekulativen Marktteilnehmer ihre Netto-Long-Position bei steigenden Preisen an die physischen Marktteilnehmer abgeben.
Wir tendieren zur zweiten Variante, zumal die kurz- und langfristigen Nettokapitalzuflüsse in die Anlageklasse nach wie vor positiv sind. Gemäß den CFTC-Daten ist die Netto-Long-Position der kurzfristig orientierten Non-Commercials in diesem Jahr von 5 Mrd. USD zu Beginn des Jahres auf über 30 Mrd. USD angestiegen. Weder bei den erreichten Indexniveaus der Rohstoffe noch bei der Netto-Positionierung lassen sich Übertreibungen oder Gründe für einen Trendwechsel erkennen.
Ähnliches lässt sich für die langfristig orientierten Kapitalzuflüsse institutioneller Anleger in Indexprodukte und Rohstofffonds sagen. Gemäß externen Schätzungen ist das Anlagevermögen in der Anlageklasse Rohstoffe in den ersten beiden Quartalen 2009 von 160 Mrd. USD auf über 200 Mrd. USD gestiegen, wobei dieser Zuwachs jeweils zur Hälfte auf Kapitalzuflüsse einerseits und Kursanstiege andererseits zurückgehen dürfte. Wir sehen angesichts der weltweiten expansiven Geldpolitiken und dem dadurch ausgelösten Anlegerwunsch einer Inflationsabsicherung keine Anhaltspunkte, dass sich die Kapitalflüsse umkehren könnten. Vielmehr dürften bis zum Jahresende weitere 20 Mrd. USD in Rohstoffprodukte strömen.
Ein Gefahrenpunkt könnten jedoch die Regulierungsmaßnahmen in den USA werden. Momentan gehen wir davon aus, dass einschränkende Maßnahmen, wie zum Beispiel Positionslimite, vor allem Exchange Traded Funds und weniger die passiven Indexinstrumente der großen Rohstoffhändler betreffen werden. Bei einer Begrenzung und Rückführung spekulativer Marktpositionen würde unserer nach Ansicht ein kurzer Sell Off resultieren, der aber nicht nachhaltig ist. Insofern wäre ein durch die Regulierung ausgelöster Kursrückgang eine willkommene Gelegenheit, um ein Netto-Long-Engagement aufzubauen. Durch die Begrenzung passiver Anlageformen würde jedoch der Status Quo der Marktanteile festgeschrieben und Newcomern der Markteintritt in die US-Börsen verwehrt.
Wir halten dies für die wahrscheinlichste Variante. Gleichzeitig könnte die Begrenzung von Positionen viele Marktteilnehmer zu verstärktem Over the Counter (OTC) - Handel zwingen, sodass die Preisfindung an den Futures-Märkten, die ja vielfach als Referenzgröße für das weitaus größere physische Geschäft herangezogen wird, auf einer weniger breiten Basis ruht.
Als Fazit halten wir fest, dass sowohl die Fundamentaldaten als auch die technischen Faktoren für einen schnellen und starken Kursanstieg der Rohstoffindices sprechen. Die große Frage wird sein, wie nachhaltig ein derartiger Kursaufschwung ist. Im Moment gehen wir davon aus, dass aufgrund der großen strukturellen Probleme der Konjunkturaufschwung in den westlichen etablierten Volkswirtschaften nur zu unterdurchschnittlichen Wachstumsraten führen wird.
Wir glauben, dass den USA und Europa ein ähnliches Szenario wie in Japan in den neunziger Jahren - ein um die Nulllinie alternierendes Wirtschaftswachstum gekoppelt mit einem niedrigen Zinsniveau und einer über Jahre dauernden Bereinigung im Finanzsektor - bevorstehen wird. In einem derartigen Umfeld lassen sich auch die Wachstumserfolge der Schwellenländer in diesem Jahrzehnt nicht mehr wiederholen. Insofern steht die Ampel für die Preise von Industrierohstoffen nur bis ins Frühjahr 2010 auf grün. Relativ günstig sind jedoch die Agrarrohstoffe bewertet, sodass Kursgewinne in 2010 vor allem von diesem Sektor getragen werden könnten.
Auf der Ebene der Tiberius Rohstoff-Fonds glauben wir, dass die long only Fonds im nächsten halben Jahr besser abschneiden werden als der long/short-Fonds, für den wir nach wie vor ein Renditeziel von 8% p.a. haben, laufen werden. Aufgrund der vorgegebenen Volatilitätsgrenzen wird der long/short Fonds schwerlich eine Nettoinvestitionsquote von über 15% ausweisen. Dementsprechend empfehlen wir eine Netto-Long-Quote durch long only Fonds aufzubauen. Im Verlaufe des Jahres 2010 sollte der Anteil der long only Fonds dann wieder zugunsten von long/short Anlagen zurückgefahren werden. Das Stop and Go wird unserer Ansicht nach im Rohstoff- und Aktienbereich über die nächsten Jahre hinweg erhalten bleiben.
Mikroperspektiven: Trendwechsel?
Energie - Rohöl
Der globale Rohölmarkt dürfte sich im dritten Quartal 2009 nach den Marktüberschüssen in den vorangegangenen Quartalen erstmals wieder im Defizit befinden. Damit dürfte der Lageraufbau, der sich üblicherweise im dritten Quartal aus der saisonal geringeren Nachfrage nach Rohölprodukten in den Sommermonaten ergibt, diesmal ausbleiben. Wir rechnen mit einem globalen Lagerrückgang von ca. 0,5 Millionen Barrel pro Tag (mb/d). Dabei ist unterstellt, dass die globale Nachfrage nach Rohöl und Rohölprodukten im dritten Quartal angesichts des positiven Verlaufs der Frühindikationen um mehr als 1 mb/d auf über 84 mb/d anziehen wird. Wir sind der Überzeugung, dass die Internationale Energie Agentur (IEA) und die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) ihre Nachfrageschätzungen für das dritte Quartal in den kommenden Wochen nach oben korrigieren müssen.
Für eine Ausweitung des Angebots als Reaktion auf das makroökonomisch freundlichere Umfeld gibt es nach wie vor wenig Anzeichen. Die OPEC ließ ihre Förderquote in Höhe von 24,85 mb/d (ohne Irak) auf ihrer Sitzung am 10. September 2009 in Wien unverändert. Die tatsächliche Ölförderung dürfte ohne den Irak aktuell bei etwas über 26 mb/d liegen, wobei insbesondere die in der Öffentlichkeit vielfach als Preisfalken auftretenden Mitgliedsländer Iran, Venezuela und Angola deutlich über ihrer Quote produzieren. Bei weiteren Kursgewinnen im Ölpreis rechnen wir mit einer weiter bröckelnden Förderdisziplin und einem Mehrangebot der OPEC in Höhe von 0,5 mb/d, was jedoch den Nachfrageanstieg im dritten und vierten Quartal nicht ausgleichen kann.
In den wöchentlichen Lagerbestandsdaten der Energy Information Adminstration (EIA) für die USA zeigen sich erste Anzeichen für einen Rückgang der Überschusslagerbestände bei Rohöl und Rohölprodukten. So sind die Überschusslagerbestände in Relation zu ihrem saisonalen Fünf-Jahresschnitt von 100 mb Ende Juli 2009 auf aktuell rund 80 mb gefallen. Wir rechnen in den kommenden Monaten mit einer weiteren Straffung der Überschusslagerbestände, wobei der Schwerpunkt des Rückgangs sich auf Rohöl konzentrieren dürfte.
Im Kontext fallender Lagerüberschüsse dürften auch die Lagerbestände in Cushing, dem physischen Erfüllungsort der Terminkontrakte für Rohöl der Marke West Texas Intermediate (WTI), deutlich zurückgehen. In den letzten Jahren war eine derartige Dynamik mit einer Terminkurvendrehung von Contango auf Backwardation verbunden. Exemplarisch für eine derartige Drehung ist der Sommer 2007 als die Terminpreise am vorderen Ende stark anstiegen, während die lang laufenden Kontrakte Kursverluste zu verzeichnen hatten. Wir glauben, dass sich sehr viele Marktteilnehmer in den länger laufenden Ölkontrakten (Jahre 2012ff) positioniert haben, um die derzeit noch relativ hohen Roll-Verluste am vorderen Ende zu umgehen.
Die vorderen Kontrakte sind jedoch in den gängigen Rohstoffindices vertreten. Sollte die von uns vermutete Terminkurvendrehung einsetzen, dürften viele Marktteilnehmer feststellen, dass sie in den vorderen Kontrakten unterinvestiert sind. Die Eindeckungsbewegung könnte ähnlich wie im Juli 2007 sehr schnell ablaufen. Bereits Anfang September deutete sich eine derartige Marktbewegung an. Der Einjahres Convenience Yield von Rohöl, der die prozentuale Differenz des Nearby-Kontraktes zu dem Kontrakt mit einjähriger Restlaufzeit plus Collateral Yield widerspiegelt, ist in den letzten Wochen bereits kontinuierlich angestiegen und sollte noch in diesem Jahr wieder die Nulllinie erreichen. Wir können uns vorstellen, dass die Kassapreise in den nächsten Wochen die Marke von 80 USD je Barrel erreichen, während der Einjahreskontrakt bei ca. 78 USD verharrt.
Rohölprodukte
Bei US-Benzin zeigten die jüngsten Verbrauchsdaten einen signifikanten Anstieg, nachdem die diesjährige Driving Season weit unter dem Niveau des Vorjahres bisher sehr enttäuschend verlief. Mit knapp 9,5 mb/d wurde in den Sommermonaten erstmals der Wert der entsprechenden Vorjahrswoche marginal übertroffen. Bekanntlich macht eine Schwalbe noch keinen Sommer, dennoch glauben wir, dass sich der Verbrauch im Vergleich zu den Vorjahren allmählich stabilisiert. Die Lagerbestände sind in den letzten Wochen aufgrund einer erhöhten Produktion etwas langsamer gefallen als saisonal im Spätsommer üblich. Insofern ist vorerst genügend Puffer für eine wiederbelebte Nachfrage vorhanden.
Der wöchentliche Datenkranz für die US-Destillate zeigte zuletzt widersprüchliche Tendenzen. Bei den Diesellagerbeständen hat der für die Jahresszeit übliche Lagerrückgang noch nicht eingesetzt, wodurch die Überschusslagerbestände noch jede Woche neue Rekordwerte markieren. Ganz anders hingegen stellt sich die Situation bei Heizöl dar, wo die Lagerbestände den saisonal üblichen Anstieg nicht in vollem Maße mitgemacht haben. Allerdings besteht auch bei Heizöl im Vergleich zum Vorjahr genügend Puffer, um eine erhöhte Nachfrage bei einem frühen Wintereinbruch abzufangen. Insgesamt scheint sich auch bei den Destillaten die Nachfrage auf niedrigem Niveau allmählich zu stabilisieren.
Der 3:2:1 Crack Spread zwischen den Rohölprodukten US-Benzin bzw. US-Heizöl und Rohöl befindet sich mit 5 USD per Barrel am unteren Rand der langjährigen Bewertungsspanne. In den kommenden Monaten erwarten wir eine weitere Erholung der Nachfrage nach Rohölprodukten. Die Crack Spreads dürften in diesem Fall auf dem gegenwärtigen Niveau einen Boden ausbilden. Kurzfristig stufen wir die Rohölprodukte als neutral gegenüber Rohöl ein.
Erdgas
Der Erdgasmarkt weist im Gegensatz zum Ölmarkt kurzfristig immer noch ein Überangebot auf. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das US-Erdgasangebot nicht in dem Maße gekürzt wurde wie das Ölangebot, während gleichzeitig der zyklische Nachfrageeinbruch ebenso ausgeprägt war wie bei Rohöl. Die Folge war, dass der US-Lageraufbau in den Sommermonaten 2009 in höherem Maße stattgefunden hat als in den vorangegangenen Jahren. Zum Ende der Injection Season rechnen wir mit Lagervorräten von etwa 3.800 Mrd. Kubikfuss (bcf), was einem Rekordwert innerhalb der letzten 15 Jahre entspräche. Im Markt kursieren jedoch noch weit höhere Schätzungen von bis zu 4.000 bcf. Die Lagerkapazitäten dürften bei einem derartigen Niveau vollständig ausgeschöpft sein.
In den letzten Wochen wurde vermehrt darauf spekuliert, dass aufgrund erschöpfter Lagerkapazitäten Erdgas an den Kassamärkten unabhängig vom Preisniveau ab verkauft werden müsse. In der Tat kollabierten die physischen Kassapreise in den letzten Wochen. Der Kassapreis am Erfüllungsort Henry Hub des US-Erdgaskontrakts fiel im August von über 4 USD je mmBTu zwischenzeitlich unter 2 USD. Der Nearby-Future wurde hingegen zumeist noch mit einem Aufschlag gegenüber dem Kassapreis gehandelt.
Die Konvergenz des Nearby-Futures zur Kasse und die damit verbundenen Roll-Verluste, die sich pro Monat auf rund 20% belaufen, sorgten kurzfristig für ein extrem hohes Short-Interesse von Seiten der Hedge-Fonds. Die spekulativen Marktteilnehmer sind gemäß den Daten der CFTC in dem physisch gesettelten Nymex-Kontrakt und dem cash gesettelten Henry Hub Swap rund 50.000 Kontrakte short, was etwa 500 bcf entspricht. Das ist ziemlich genau der aktuelle Wert der Überschusslagerbestände. Mit anderen Worten, müsste diese Short-Position plötzlich eingedeckt werden, wäre das gesamte Überangebot am US-Erdgasmarkt auf einen Schlag verschwunden.
Die Chance, dass dies in den nächsten Monaten der Fall sein wird schätzen wir als ziemlich hoch ein. Aufgrund überlasteter Pipelinekapazitäten und des stark gefallenen Preisniveaus wird in den nächsten Wochen eine Angebotsreaktion erzwungen werden. Die Kassapreise dürften in diesem Zeitraum ihr Tief markieren. Auf der anderen Seite dürfte die Nachfrage im Rahmen des allgemeinen Konjunkturaufschwungs allmählich anziehen. Gleichzeitig ist Erdgas in Relation zu alternativen Energieträgern (Rohölprodukte, Kohle) so attraktiv bewertet, dass diese durch Erdgas substituiert werden können. Das Preisratio (USD je mmBtU) zwischen Rohöl und Erdgas ist in den letzten Wochen auf über 4 explodiert und befindet sich damit weit oberhalb der historischen Trading Range zwischen 0,5 und 2,5. Unterstellt man, dass Rohöl sein gegenwärtiges Niveau von knapp 70 USD oder 12,5 USD je mmBtU halten kann, so würde eine Rückkehr in die Trading Range Linie bei einem Wert von 2,5 einen Kassamarktpreis von Erdgas von 5 USD je mmBtU implizieren. Da der Dezember-Future momentan bei 4,75 USD notiert, ist das Gewinnpotenzial eines Outright Long Trades momentan noch begrenzt.
Kurzfristig stufen wir den Erdgasmarkt deswegen als neutral ein, weil sich negative Roll-Renditen und ein mögliches Short-Covering in etwa die Waage halten. Im Moment nehmen wir von einem Trade Long Erdgas / Short Heizöl noch Abstand. Wir sind jedoch überzeugt, dass der Erdgasmarkt zu Beginn des Winters eine attraktive Long-Position darstellt, da neben der günstigen Angebots- und Nachfragedynamik auch das Rebalancing der großen Rohstoffindices, die Anfang Januar 2010 große Kaufpositionen einnehmen werden, für zusätzliche Nachfrage sorgen wird.
Basismetalle
Für die Industriemetalle gibt es derzeit äußerst widersprüchliche Signale. Der wichtigste positive Einflussfaktor ist, wie bereits oben besprochen, der globale Konjunkturaufschwung. In den Industriestaaten steht der Wiederaufbau von Lagern bevor, während er in China bereits beendet scheint. Die Folgen des Restockings in der westlichen Welt dürften sinkende sichtbare Lagerbestände, bspw. in den Lagerhäusern der London Metal Exchange (LME), sein. Da die LME-Lagerbestände historisch ein hervorragender Indikator für die Terminkurvenentwicklung waren, könnten diese weiter abflachen bzw. in Backwardation fallen.
Somit bleiben die Basismetalle auch weiterhin attraktiv für Rohstoffinvestoren, die diesen Indikator in den Mittelpunkt ihrer Analyse stellen. Da die LME außerdem nicht zum direkten Einflussbereich der amerikanischen Regulierungsbehörden zählt, dürfte der Börsenplatz London und damit auch die Basismetalle weniger als die Energie- und Agrarrohstoffe unter einer stärkeren Regulierung leiden.
Die makroökonomischen Einflussvariablen bestimmen die Nachfrageseite. Relative Unterschiede zwischen den einzelnen Basismetallen sind daher fast ausschließlich auf der Angebotsseite zu suchen. Während des drastischen Konjunktureinbruchs wurden bei einigen Basismetallen bestehende Kapazitäten (Minen bzw. Hüttenwerke) in großem Umfang stillgelegt. Beim derzeitigen Preisniveau könnten nahezu alle dieser Unternehmen wieder profitabel arbeiten. Sollten die Kassapreise der Metalle ihr Niveau in den nächsten Wochen halten, rechnen wir mit einer verstärkten Wiederaufnahme der Produktion.
Die größten freien Kapazitäten bestehen bei Aluminium und Nickel, während es bei Kupfer im Abschwung kaum zu Kürzungen kam, da der Markt noch lange im Defizit war und erst durch den Konjunktureinbruch in einen Überschuss gebracht wurde. Bei den erstgenannten Basismetallen hingegen sollten die vorhandenen (und geplanten) Kapazitäten genügen, um den Markt ausreichend versorgt zu halten. Kupfer und Zink könnten dagegen bereits in den nächsten Monaten wieder ein Defizit aufweisen. Insofern stufen wir diese beiden als fundamental attraktiver ein. Hinzu kommt, dass China sehr stark auf Kupferimporte angewiesen ist. Es gilt somit als strategisch wichtiges Metall. Dies wird durch die Käufe des Büros für Strategische Reserven (SRB) im Frühjahr gestützt, dessen Lagerbestände als Staatsgeheimnis behandelt werden.
Einem weiteren Preisanstieg der Basismetalle steht kurzfristig entgegen, dass sie seit Jahresbeginn sowohl absolut als auch im relativen Vergleich zu allen anderen Rohstoffsektoren sehr stark nach oben gelaufen sind. Wir glauben, dass zumindest der relative Aufwärtstrend gestoppt wird. Im Zuge des jüngsten Kursfeuerwerks bei Metallen ist vermutlich eine hohe spekulative Netto-Long-Position aufgebaut worden. Dies zumindest signalisiert der teilweise starke Anstieg des Open Interest an der LME. Es bleibt abzuwarten, ob bei diesen Positionen nicht Gewinne mitgenommen werden, wenn die physische Nachfrage in den Industriestaaten einsetzt.
Edelmetalle
Bei den Edelmetallen gibt es zwei Gegenpole. Auf der einen Seite steht das Währungsmetall Gold als vollkommen untypischer "Rohstoff", der in hohem Maße mit Finanzindikatoren wie Währungsentwicklungen, Inflationserwartungen und Aktienmarktvolatilitäten korreliert. Auf der anderen Seite steht die Gruppe der Platinmetalle - Platin, Palladium und Rhodium. Ihre Nachfrage hängt zum überwiegenden Teil vom Verlauf der globalen Autokonjunktur ab, weswegen sie als sehr stark konjunktursensitiv einzustufen sind. Eine Zwitterstellung nimmt Silber ein, das durch seine hohe Korrelation mit Gold einerseits sehr stark von Kapitalmarkteinflüssen abhängt, andererseits jedoch durch seine industrielle Nutzung dem Wirtschaftszyklus in höherem Maße als Gold folgt.
Gold
Die absolute Preisentwicklung von Gold in US-Dollar wird im Wesentlichen von der Wechselkursentwicklung des US-Dollars zu anderen Währungen bestimmt. Unsere im Kapitalmarktausblick 2009 geäußerte Dollar-Prognose hat sich noch nicht geändert. Den Greenback erwarten wir zum Jahresende 2009 bei 1,55 US-Dollar je Euro. Aus unserer Sicht lassen sich die großen US-Staatsdefizite im Ausland nur bei einer fortgesetzten Dollar-Schwäche finanzieren, wobei eine kontrollierte und langsame Abwertung unserer Ansicht nach im Interesse aller Beteiligten liegt.
Auch durch die langfristigen Inflationserwartungen ist Gold nach wie vor gut unterstützt. Der starke Anstieg der Zentralbankgeldmengen in den USA und Euroland über den Jahreswechsel 2008/09 hat bereits zu Jahresbeginn für Kursgewinne bei Gold gesorgt. Im Frühjahr und in den Sommermonaten waren dann die Industrierohstoffe, die auf lange Sicht eine höhere Korrelation mit den US-Inflationsraten aufweisen als Gold, als Inflationshedge gefragt. Mittlerweile ist Gold jedoch so weit zurückgeblieben, dass eine relative Aufholbewegung nicht unwahrscheinlich ist.
Die physische Goldnachfrage aus dem Schmucksektor, die immer noch den Großteil der gesamten Goldnachfrage ausmacht, ist weiterhin schwach. Die Importzahlen aus den großen Goldnachfrageländern enttäuschen aus zwei Gründen. Zum einen steigen die realen Einkommen im Zuge der Wirtschaftskrise nicht mehr an, zum anderen drückt auch das relativ hohe Preisniveau die Nachfrage. In den Herbstmonaten ist zwar traditionell ein saisonaler Anstieg zu verzeichnen. Dieser dürfte in diesem Jahr jedoch wesentlich schwächer ausfallen als in den Vorjahren.
Einen letzten positiven News-Flow hatte Gold vom Thema Dehedging, das in den Vorjahren für eine stetige Mehrnachfrage von mehreren hundert Tonnen gesorgt hatte. Zum Schluss hat jetzt auch noch der weltgrößte Goldproduzent, Barrick, die Nerven verloren. Das kanadische Unternehmen nutzte den seit Jahresanfang deutlich gestiegenen Aktienkurs, um neue Aktien im Gegenwert von knapp 3,5 Mrd. USD zu platzieren und die Erlöse für eine Rückabwicklung seines Hedge-Buchs zu verwenden. Üblicherweise finden solche Aktionen in der Nähe des Tops statt. Die Goldminen waren im Jahr 2001, als der Goldmarkt sein Tief markierte, in hohem Maße gehedgt und sie werden in dem Jahr, in dem der Goldpreis sein Hoch markieren wird, ungesichert sein.
Die Kapitalflüsse sprechen kurzfristig für einen weiteren Goldpreisanstieg. Dies zeigen sowohl die stetigen Zuflüsse in Exchange Traded Funds (ETFs), als auch die hohen spekulativen Netto-Long Positionen an den amerikanischen Terminbörsen. Kurzfristig findet Gold auch in den Medien erneut hohe Beachtung, was in der Vergangenheit oft noch kurze Kursanstiege und anschließend scharfe Korrekturbewegungen andeutete. Für eine Korrektur spricht auch, dass sich Gold mehr über die Marke von 1.000 USD je Unze geschleppt hat, als dass es diese Hürde mit Schwung nehmen konnte.
Mittelfristig glauben wir, dass Gold das alte Rekordhoch bei 1.030 USD je Unze überwinden kann. Da wir von einem EUR/USD-Wechselkurs von 1,55 und einem Goldpreis von 680 bis 700 Euro je Unze ausgehen, würde dies einen Goldpreis zwischen 1.050 und 1.100 USD implizieren. Im Konzert mit den anderen Rohstoffen dürfte dies maximal eine neutrale relative Performance sein.
Silber
Die Kursentwicklung von Silber entspricht genau seiner oben geschilderten Zwitterstellung: Es entwickelte sich seit Jahresanfang besser als Gold, jedoch schlechter als die reinen Basismetalle (z.B. Kupfer und Nickel). Im Zuge dessen verbesserte sich das Preisverhältnis zwischen Gold und Silber von etwa 75 (Unzen Silber / 1 Unze Gold) und befindet sich nun am unteren Ende der von uns im Kapitalmarktausblick 2009 prognostizierten Spanne von 60-65. Wenn die von uns erwartete Konjunkturerholung weiter anhält und das Investorensentiment sich noch verbessert, könnte auch ein Ratio von 50-55 angesteuert werden. Dies halten wir jedoch für recht ambitioniert.
Platin und Palladium
Die Platinmetalle profitierten in den letzten Monaten stark von Zuflüssen in ETFs und Netto-Long-Positionen an den Terminmärkten. Außerdem erlebte der Automobilsektor in den letzten Monaten eine Sonderkonjunktur, ausgelöst durch die diversen "Abwrackprämien" in verschiedenen Ländern. So lagen die Fahrzeugverkäufe bzw. Neuzulassungen in den USA, Deutschland und China um 1%, 28% bzw. 90% (!) höher als im Vorjahresmonat. Dies führte zu erheblichen Vorzieheffekten und es besteht die Gefahr, dass es zu einem erneuten Einbruch der Automobilnachfrage in den nächsten Monaten kommt.
Außerdem haben Platin (etwa 1.300 USD / Unze) und Palladium (etwa 295 USD / Unze) ihre Kursziele für 2009 erreicht. Damit neigt sich die Zeit der niedrigen Palladiumexporte aus den staatlichen russischen Lagerbeständen wahrscheinlich dem Ende zu. Bei Preisen über 300 US-Dollar / Unze glauben wir nicht, dass die dortigen Entscheidungsträger noch auf deutlich höhere Niveaus warten wollen.
Ein potentiell positiver Faktor besteht weiterhin auf der unsicheren Angebotsseite. Die südafrikanischen Platinminen hatten in den letzten Wochen erneut Produktionsausfälle durch Streiks. Außerdem könnten im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft 2010 Ressourcen (z.B. Strom) umgeleitet werden, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen.
Agrarrohstoffe
Mais
Der Maispreis wird aktuell durch die Schätzungen einer überdurchschnittlichen US-Ernte von Seiten des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) und privater Agenturen belastet. Einige Prognosen übertreffen sogar den bisherigen Rekordertrag in Höhe von 160,4 Bushels je Acre aus dem Marketingjahr 2004/05. Wir stehen diesen Erwartungen aufgrund des späten Ausbringungszeitpunkts, unterdurchschnittlicher Temperaturen und Niederschlägen in den Hauptanbaugebieten skeptisch gegenüber. Deshalb erwarten wir aktuell gegenüber den Einschätzungen des USDA für das Marketingjahr 2009/10 ein größeres Defizit sowohl für die USA als auch weltweit.
Auf der Nachfrageseite führten gefallene Maispreise zu einer Verbesserung der Marge bei Ethanolproduzenten. Darüber hinaus deuten gestiegene Benzinnotierungen auf eine vermehrte Ethanolnachfrage hin. Ebenso steht die Entscheidung über eine mögliche Erhöhung der US-Blend Rate (Beimischungsrate von Ethanol bei Benzin) von 10% auf 15% noch aus.
Die Preisdifferenz zwischen Sojabohnen und Mais befindet sich in der langfristigen Betrachtung auf einem äußerst hohen Niveau. Dies spiegelt sich auch in einer Netto-Long Positionierung spekulativer Marktteilnehmer bei Sojabohnen und einer Netto-Short Positionierung bei Mais wider.
Zunächst erwarten wir bei Mais keine signifikanten Preissteigerungen, da in den nächsten Wochen die Erwartungen einer Rekordernte sowie der Preisdruck, der durch die Einbringung der Ernte entsteht, den Markt belasten dürften. Danach sollten aber im Hinblick auf den im Winter beginnenden Wettbewerb um US-Ackerfläche relative Preisgewinne gegenüber anderen Anbaualternativen folgen.
Sojabohnen
Sondersituation im Marketingjahr 2008/09: Äußerst knappe US Stocks to Use Ratio bedingt durch Ernteausfälle in Südamerika und erhöhte Importnachfrage seitens China bewirkten eine Backwardation in der Terminstruktur. Sojabohnen waren dadurch bei quantitativ orientierten, semi-aktiven Anlagevehikeln gefragt.
Der Fokus sollte sich nun allerdings auf das Marketingjahr 2009/10 und die Rekordanbaufläche in den USA sowie die Aussicht auf eine Rückkehr zu normalen Erntevolumina in Südamerika verschieben. Die Normalisierung auf der Angebotsseite führt in unseren Annahmen sowohl zu einer Überschusssituation in den USA als auch weltweit. Aus diesem Grund erwarten wir eine allmähliche Verflachung der Terminkurve und dadurch ein sinkendes Anlegerinteresse.
Sojabohnen sind aufgrund des im Verhältnis zu Mais späteren Erntezeitpunkts in einem größeren Ausmaß dem Risiko früher Herbstfröste - durch den verspäteten Ausbringungszeitpunkt - ausgesetzt. Generell muss sowohl bei Mais als auch bei Sojabohnen mit steigenden Risikoprämien gerechnet werden, falls negative Wetterverhältnisse eintreten sollten.
Die Preise von Weizen und Mais sind bereits deutlich gefallen. Sojabohnen waren durch die geschilderte Sondersituation bislang noch besser unterstützt. Wir erwarten jedoch spätestens nach dem Einbringen der US-Ernte stark rückläufige Notierungen, die sich erst wieder im Wettbewerb um US-Ackerfläche stabilisieren könnten. Generell muss allerdings mit steigenden Risikoprämien gerechnet werden, sofern sich Wetterereignisse abzeichnen sollten, welche die südamerikanischen Ernten schmälern.
Weizen
Weizen besitzt im Verhältnis zu Mais und Sojabohnen sowohl auf US-Ebene als auch global die höchsten Stocks to Use Ratios. Aufgrund der ausreichenden Versorgungslage, die durch die große Angebotsreaktion im Zuge der Preissteigerungen in 2007 und 2008 ausgelöst wurde, und dem zusätzlichen Druck durch die Einbringung der Ernten auf der Nordhalbkugel fielen die Weizenpreise in den vergangenen Monaten deutlich.
Bei den aktuellen Preisrelationen läuft US-Weizen Gefahr, Ackerfläche an Anbaualternativen zu verlieren.
Gefallene Maispreise reduzierten die Substitution von Mais bei der Futtermittelverwendung durch Weizen. Allerdings besteht der überwiegende Teil der Nachfrageseite bei Weizen aus einer relativ unelastischen Nahrungsmittelnachfrage.
Geringere Ernten in Kanada und Argentinien erhöhen die Möglichkeit größerer US-Weizenexporte gegen Ende 2009/Anfang 2010. Insgesamt schätzen wir im Verhältnis zum USDA die globale Weizenproduktion im Marketingjahr 2009/10 geringer ein.
Die CFTC Netto-Short Positionierung spekulativer Marktteilnehmer befindet sich im historischen Vergleich auf hohem Niveau.
Ausreichende Lagerpuffer sind bei Weizen vorhanden. Kursrallyes dürften deswegen von kurzer Dauer sein und vor allem von der Eindeckung spekulativer Short-Positionen getrieben werden. Wir erwarten aufgrund der sich abzeichnenden Angebots- und Nachfragereaktion in den kommenden Monaten jedoch eine Bodenbildung des Weizenpreises. Relativ zu Mais und vor allem zu Sojabohnen sollten Kursgewinne möglich sein. Darüber hinaus können weitere El Nino-Einflüsse auf die globale Weizenproduktion kurzfristig Preisreaktionen nach oben bewirken.
Zucker
Die Schätzung für das globale Zuckerdefizit im Marketingjahr 2008/09 wurde Anfang September von der International Sugar Organisation (ISO) erhöht. Es wird nun ein Defizit in Höhe von 10,4 (bisher: 7,8) Millionen Tonnen erwartet. Auch für das Folgejahr 2009/10 wurde die vorherige Einschätzung des Defizits in Höhe von 4,5-5,0 Millionen Tonnen auf 8,4 Millionen Tonnen gesteigert. Damit sinkt die Stocks to Use Ratio 2009/10 auf 31,8%, das tiefste Niveau seit 1989/90.
In den beiden vorangegangenen Überschussproduktionen 2006/07 und 2007/08 aufgebaute Lagerbestände sind nun bereits während des ersten folgenden Defizitjahres 2008/09 größtenteils aufgebraucht.
Nachdem die Zuckerpreise aufgrund einer geringeren 2008/09 Ernte in Indien, dem größten Zuckerverbraucher weltweit, vor allem im Mai 2009 nochmals stark gestiegen waren, schien der preissteigernde Effekt im Juni 2009 langsam an Wirkung zu verlieren. Unterdurchschnittliche Monsun-Niederschläge in Indien, vor allem in den Zucker-Anbaugebieten Uttar Pradesh und Maharashtra, bewirkten allerdings im Anschluss eine weitere Preissteigerung auf in der Spitze 24,85 US-Cents am 1. September, ein 28,5 Jahreshoch.
Brasilien, der größte Zuckerproduzent, erhöhte aufgrund der gestiegenen Zuckernotierungen das Verwendungverhältnis des angebauten Zuckerrohrs zu Gunsten von Zucker und reduzierte dementsprechend den Ethanolanteil. Starke Niederschläge im Juni und Juli 2009 verlangsamten allerdings die Zuckerrohrernte und führten zu einem geringeren Saccharose Anteil.
Die ISO Schätzungen kommen zum Ergebnis, dass der erhöhte Importbedarf 2009/10 durch verfügbare Exporte gedeckt werden kann, wobei allerdings auch etwas mehr als 2 Millionen Tonnen aus den Lagerbeständen abgebaut werden dürften.
Die Zuckernotierungen gaben zwar in den ersten Septembertagen auf ca. 20,5 US-Cents nach, auszuschließen ist allerdings nicht, dass ein nochmaliger Preisanstieg auftreten könnte. Gerade günstigere Preislevels könnten von indischer Seite erneut genutzt werden, um Zuckerkäufe zu tätigen. Letztendlich erwarten wir allerdings eine Angebotsreaktion aufgrund des erhöhten Preisniveaus und erachten deshalb neue Höchststände als nicht nachhaltig. Darüber hinaus beinhaltet vor allem die überdurchschnittlich hohe Netto-Long Positionierung spekulativer Marktteilnehmer ein großes Rückschlagspotenzial.
Performance long only Fonds
Unsere long only Fonds verzeichneten sowohl absolut als auch relativ eine leicht negative Performance im August 2009. Der Commodity Alpha OP (CA USD) verlor gegenüber seinem Vergleichsindex DJUBS Total Return -0,89%, der Tiberius Commodity Alpha Euro OP (CA Euro), der gegenüber dem DJUBS Excess Return plus 3-Monats-Euribor gemessen wird, büßte relativ -0,86% ein. Lediglich der Tiberius Active Commodity OP (TAC) konnte gegenüber seinem Vergleichsindex RICI Total Return ein kleines Plus von +0,11% erzielen.
Die Investitionsquote wurde in allen long only Fonds zwischen 95% und 100% gehalten. Angesichts der kaum von Null verschiedenen Performance der Rohstoffindices ergaben sich aus der Investitionsquotenrechnung keine nennenswerten Performancebeiträge. Ein Großteil der Underperformance geht auf die Untergewichtung von Zucker zurück, dessen Kursgewinne wir, wie oben ausgeführt, für übertrieben halten.
Der zweite Rohstoff bei dem sich im August eine negative Performance ergab, war Erdgas. Die long only Fonds waren zwar annähernd neutral zu den Vergleichsindices gewichtet, jedoch hielten sie ihr Erdgasposition im schlechter laufenden Nearby-Kontrakt, während die Vergleichsindices bereits in den second Nearby gerollt hatten. Auf der positiven Seite ist die Übergewichtung der Edelmetalle Palladium und Silber anzuführen, die im TAC besonders stark ausgeprägt war.
Performance Tiberius Absolute Return Commodity OP
Der August 2009 war mit -3,82% der schlechteste Monat des Tiberius Absolute Return Commodity OP seit seiner Auflegung im November 2007. Diese negative Performance war nicht durch eine Änderung des Anlagestils bedingt. Der Fonds verfolgt das Ziel, die angestrebte Outperformance zum 3-Monats-Euribor in Höhe von 5%-7% per annum zum größten Teil durch marktneutrale Spread-Positionen zu erzielen. Dementsprechend wurde die Nettoinvestitionsquote des Fonds in einem engen Band um die Nulllinie zwischen -10% und +10% gehalten. Im August wies der Fonds eine Nettoinvestitionsquote zwischen 0% und 10% auf.
Da die Rohstoffmärkte, gemessen am DJUBS Commodity Index, in diesem Monat nahezu unverändert notierten, gab es keinen nennenswerten Performancebeitrag von der Beta-Positionierung im Fonds. Für die Zukunft nehmen wir angesichts unseres Makrobilds einen geringen Net Long Bias ein, wobei eine Nettoinvestitionsquote in Höhe von 15% kaum überschritten werden dürfte.
Die negative Performance im August kam auch nicht durch eine erhöhte Risikoneigung zustande. Gerade das Gegenteil ist richtig. Wir hatten das Gesamtrisiko, gemessen an den Kontraktgegenwerten, die der Fonds auf der Long und auf der Short-Seite offen hat, bereits Ende Juli deutlich nach unten gefahren, nachdem die Outperformance, die in der ersten Julihälfte erzielt werden konnte, in der zweiten Julihälfte wieder abgegeben werden musste.
Im August sahen wir uns dann in unserem Spread-Portfolio zur Verlustbegrenzung gezwungen, wodurch die offenen Kontraktgegenwerte auf das außerordentlich tiefe Niveau von weniger als 30% des Fondswertes abgesenkt wurden. Nach unseren internen Restriktionen wären wir zu einer Absenkung der Kontraktgegenwerte unter 60% gezwungen, wenn der Fonds im laufenden Geschäftsjahr mehr als -10% verloren hätte. Die Performance des Tiberius Absolute Return Commodity OP in diesem Jahr beträgt 1,26%. Insofern sind wir mit der Risikoreduktion als Reaktion auf die Kursverluste viel weiter gegangen, als dies nach den internen Anlagerichtlinien notwendig gewesen wäre. Wir werden die Risikopositionen in den kommenden Wochen solange gering halten, bis sich die Performance des Fonds nachhaltig stabilisiert hat.
Die reduzierte Risikoneigung hat dazu geführt, dass die Einjahresvolatilität des Fonds im August leicht zurück gegangen ist. Mit 5,8% liegt die Volatilität noch immer unter den als Zielband definierten 6%-8%. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass dieses definierte Zielband genügend Raum lässt, um eine Rendite von 8% p.a. zu erreichen. Jedoch wäre eine weitere Reduktion des Risikos unter das aktuelle Niveau nicht zielführend.
Die Performanceeinbußen im August sind also nicht unüblichen Risikopositionen, sondern vielmehr der Tatsache zuzuschreiben, dass alle taktischen und strategischen Positionen im vergangenen Monat vehement gegen uns liefen. Bekannterweise unterteilen wir unser Portfolio in ein taktisches Outright-Portfolio, wo Positionen in der Regel nur wenige Tage gehalten werden, und in ein strategisches Pair-Trade-Portfolio, in dem Spread-Trades im Idealfall über viele Monate gehalten werden. Historisch war es so, dass das taktische Outright-Portfolio rund ein Drittel und das Pair-Trade Portfolio etwa zwei Drittel zur Performance beitrugen. Im August verloren beide Teilportfolien rund 2%.
Im Pair-Trade-Portfolio waren im August drei größere Positionen enthalten, die alle negativ zum Ergebnis beitrugen. Der Spread-Trade Weizen long gegen US-Heizöl short war eher ein kurzfristig technisch angelegter Trade, da Weizen überverkauft und Heizöl überkauft war. Die Long- und die Short-Position waren mit etwa 5% des Nettoinventarwerts des Fonds gewichtet. Die Verluste von 0,5% im August sind jedoch im Zusammenhang mit dem Juli 2009 zu sehen, als derselbe Pair-Trade eine Performance von knapp +0,5% aufwies. Nimmt man beide Monate zusammen, wurde die Position mit einem minimalen Verlust von wenigen Basispunkten ausgestoppt. Wesentlich gravierendere Auswirkungen hatten die beiden anderen Pair-Trades, Weizen long gegen Zucker short und Mais long gegen Sojabohnen short, die beide rund 80 Basispunkte kosteten.
Bezüglich Weizen gegen Zucker haben wir im Kapitel Mikroperspektiven ausführlich begründet, dass sich viele Marktteilnehmer entgegen der von uns vermuteten Entwicklung der Fundamentaldaten gerade umgekehrt positioniert haben. Wir glauben, dass die Verwendung von technischen Trendfolgemodellen, zu denen wir auch die einfache Interpretation der Terminkurve zählen, die Ursache von den fortgesetzten Zuckerkäufen und Weizenverkäufen ist. Aus technischer Sicht könnte der Preisanstieg bei Zucker noch auf ein Niveau von ca. 28 US-Cents je Pfund führen. Wir haben deswegen den Trade bei 510 US-Cents je Bushel im Chicago-Weizen und knapp unter 20 US-Cents je Pfund bei Zucker ausgestoppt. In der Zwischenzeit ist Zucker in der Spitze auf 24,85 US-Cents je Pfund angestiegen, während Chicago-Weizen auf 460 US-Cents je Bushel gefallen ist. Wir warten eine klar interpretierbare Top-Formation bei Zucker ab, bevor wir einen Wiedereinstieg wagen.
Eine extrem einseitige Positionierung hat der Markt auch bei unserem zweiten ausgestoppten Pair-Trade Mais gegen Sojabohnen eingenommen. Nahezu alle Marktkommentare, die wir für die Getreidemärkte empfangen, raten zu einer Übergewichtung von Sojabohnen und zu einer Untergewichtung von Mais. Als Begründung werden vielfach die durch eine Reihe von kurzfristigen Sonderfaktoren bedingte Sojabohnen-Knappheit im vergangenen Marketingjahr 2008/09, die dadurch ausgelöste Backwardation bei Sojabohnen und Sojabohnenmehl und die voraussichtliche Rekordernte von Mais angeführt. Im Unterschied zu Sojabohnen dürfte sich Mais hingegen bereits in diesem Marketingjahr in den USA im Defizit befinden, während bei Sojabohnen die US Stocks to Use Ratio in diesem Jahr ansteigen sollte, wodurch die Backwardation in der Sojabohnen-Terminkurve allmählich verschwinden dürfte.
Sollten die gegenwärtigen Preisniveaus (Mais: 310 US-Cents je Bushel, Sojabohnen: 930 US-Cents je Bushel) bis in den Winter 2009/10 anhalten, droht ein massiver Ackerflächenshift von Mais zu Sojabohnen. Im August jedoch performten Sojabohnen Mais in vier Tagen um mehr als 10% aus, sodass wir uns auch bei dieser Position kurzfristig zu einem Stop gezwungen sahen. Wir verfolgen jedoch den Spread der jeweiligen März 2010-Kontrakte sehr eng und werden nach einer nachhaltigen Bodenbildung den Wiedereinstieg wagen.
In unserem taktischen Outright-Portfolio hatten wir ebenfalls kein glückliches Händchen. Bei den Basismetallen versuchten wir kleinere Short-Positionen, die wir jedoch vor allem bei Blei, das überraschenderweise einen sehr positiven News Flow und starke Kursanstiege zu verzeichnen hatte, sehr schnell ausgestoppt haben, sodass die Verluste hier auf wenige Basispunkte begrenzt werden konnten. Etwas größer (-0,35%) waren die aufgelaufenen Verluste auf unserer Kupfer-short-Positionierung, die jedoch als Hedge für unsere Edelmetall-Long-Positionen (+0,33%) gehalten wurde.
Der mit Abstand größte Verlustbringer war jedoch unsere taktische Long-Position bei Erdgas, die im August eine Performance von knapp -1,2% eintrug. Wir hatten kurzfristig auf eine Short-Covering Rallye gesetzt, nachdem der Oktoberkontrakt von US-Erdgas innerhalb von 11 Handelstagen mehr als 17% verloren hatte. Während der vergangenen Monate hatte der Erdgasmarkt nach derart starken Kursverlusten immer technische Gegenreaktionen gezeigt (vgl. Chart). In diesem Fall fiel der Markt nach einem missglückten Versuch einer technischen Bodenbildung bei 3,3 USD je mmBtU jedoch weiterhin steil ab. Aufgrund der extrem hohen Volatilität konnte die Position erst 12% unter unserem Einstieg gestoppt werden, als klar war, dass der Versuch einer technischen Reaktion bei 3,3 USD gescheitert war.
Wir halten, wie oben ausgeführt, Erdgas für eine sehr gut fundamental begründete Long-Position, die in den long only Portfolien und dem long/short-Portfolio langfristig stark übergewichtet werden sollte. Kurzfristig haben die Cash-Märkte ihren Boden im August 2009 noch nicht gefunden. Wir warten eine technische Bodenbildung des Nearby-Kontrakts im Herbst 2009 ab, bevor wir Erdgas erneut in das Portfolio aufnehmen.
Aktuell sind drei Pair-Trades in geringem Umfang im Fonds enthalten. Wir sind Silber long gegen Gold short (beide Seiten jeweils 4,5% Gewicht) sowie Silber long gegen Nickel short (jeweils 2,5% Gewicht) und Rohöl WTI Dez. 2009 long gegen Rohöl WTI Dez. 2011 short. Dieses Portfolio hat bisher im September 2009 eine Performance von knapp 0,5% erbracht. Wir lassen die Gewinne laufen und werden die Stops nachziehen. Hinzu könnten noch Mais long gegen Sojabohnen short sowie Weizen/Erdgas long gegen Zucker short kommen, falls die technischen Marktbedingungen einen Trendwechsel signalisieren. Wir glauben, dass wir mit diesem Portfolio in den verbleibenden vier Monaten des Jahres 2009 eine Performance zwischen 3% und 4% bei einer Volatilität von unter 6% erzielen können. Die taktischen Outright-Trades sind vorerst gestoppt bis wieder ein Performance-Puffer aufgebaut werden konnte.
© Tiberius Rohstoff-Research
Stuttgart, den 10.09.2009