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Agrar: Steigende Preise 2015 - Ausnahmen bestätigen die Regel

04.12.2014  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Bei den meisten Agrarprodukten erwarten wir für 2015 einen moderaten Preisanstieg. Besonders bei Mais, aber auch bei Weizen spricht dafür eine wahrscheinlich niedrigere Ernte 2015/16 bei steigender Nachfrage. Sojabohnen dürften die berühmte Ausnahme sein, die die Regel bestätigt. Denn bisher deutet viel auf eine weitere Flächenausdehnung bei Sojabohnen hin - zunächst in Südamerika, dann aber auch nochmals in den USA. Dies drückt auch auf die Preisentwicklung von Raps, der sich aber wegen der zu erwartenden Produktionseinschränkung besser halten sollte.

Auf dem Kaffeemarkt lastet die hohe Unsicherheit über die brasilianische Ernte 2015. Auch wenn wir keine weitere Reduktion erwarten, rechnen wir doch mit einer Fortsetzung der Knappheit an Arabica-Kaffee 2015, die neben den Arabica- auch die Robusta-Preise stützen dürfte. Die enge Bilanz bei Kakao lässt uns auch hier einen leichten Preisanstieg erwarten. Das erste Defizit seit Jahren sollte am Zuckermarkt den Preisen Auftrieb geben.


Weizen:

Die Weizenpreise in Chicago und Paris konnten sich inzwischen etwas von ihrem Ende September erreichten 4-Jahrestief erholen. Doch auch Preise wie die derzeitigen rund 600 US-Cents je Scheffel in Chicago und 188 EUR je Tonne in Paris sind in der mehrjährigen Betrachtung noch immer niedrig. Der Grund für den Preisverfall seit dem Frühjahr waren die vielfach nach oben angepassten Erwartungen an die globale Weizenproduktion 2014/15, die derzeit bei rund 720 Mio. Tonnen gesehen wird.

Die anfängliche Prognose eines weitgehend ausgeglichenen Marktes 2014/15 wurde denn auch vom US-Landwirtschaftsministerium USDA zugunsten einer Überschussschätzung aufgegeben, die sich zwischenzeitlich auf 10 Mio. Tonnen belief. Zwar wurde dies inzwischen auf rund 7 Mio. Tonnen reduziert - der Internationale Getreiderat IGC liegt mit 5 Mio. Tonnen noch etwas niedriger - doch zeigt dieser zweite Überschuss in Folge die verbesserte Verfügbarkeit von Weizen an, die es erlaubt, die Lagerbestände aufzustocken (Grafik 2).

Die Zeiten der höchsten gefühlten Verfügbarkeit dürften allerdings bereits hinter uns liegen. Zwar werden bis zuletzt die Ernteangaben für die EU nach oben korrigiert. Mit 155 Mio. Tonnen ist sie 10 Mio. Tonnen höher ausgefallen als in der ersten USDA-Schätzung im Mai angesetzt worden war. Auch China, Indien, Russland und die Ukraine haben positiver als zunächst gedacht abgeschnitten. Allenfalls die mäßige US-Ernte, die gegenüber der Top-Ernte des Vorjahres um 10 Mio. Tonnen zurückbleibende kanadische Ernte und Qualitätsprobleme in einigen EU-Ländern konnten dem Preis noch einen Boden einziehen.

Bei den noch ausstehenden Ernten, vor allem bei der aktuellen Ernte in Australien, deuten sich aber Enttäuschungen an. Seit dem Sommer wurden die Erwartungen an die australische Weizenernte 2014/15 durch das USDA um 2 Mio. Tonnen auf 24 Mio. Tonnen reduziert. Nach den jüngsten Erwartungen der australischen Behörde Abares soll die australische Weizenproduktion aufgrund der äußerst gemischten Bedingungen mit vielfach zu heißem und trockenem Wetter im Land während der dortigen Wintermonate und dem heißesten Frühjahr aller Zeiten sogar um 14% gegenüber dem Vorjahr auf 23,2 Mio. Tonnen fallen.

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Auch die Gefühle mit Blick auf die Saison 2015/16 sind gemischt: In den USA sind nach leichten Abwertungen laut USDA zwar noch immer 58% der Weizenpflanzen in gutem oder sehr gutem Zustand, doch der frühe Kälteeinbruch bringt weiter Gefahren mit sich. In Russland und der Ukraine machen die Trockenheit und die Kälte den Weizenpflanzen zu schaffen. In der Ukraine könnte dies verhindern, dass sich das Flächenplus von 5% auch in eine höhere Produktion überträgt. Vielmehr lauten erste Prognosen auf ein Minus.

Auch für Russland erwarten russische Quellen einen Rückgang, der zuweilen gar auf 15-20% geschätzt wird. Rückläufig dürfte die Weizenproduktion wohl auch in der EU sein. Zwar ist die Fläche wohl ähnlich hoch wie im Vorjahr, doch kann nicht wieder mit solch insgesamt sehr hohen Erträgen gerechnet werden, auch wenn die bisherigen Aussaat- und Wachstumsbedingungen laut EU-Kommission meist günstig waren.

Weltweit kann also nicht automatisch von einem weiteren Überschuss ausgegangen werden. Auch wenn keine Knappheit bevorsteht: Eine gewisse Anspannung nach den positiven Überraschungen der beiden letzten Jahre halten wir für wahrscheinlich. Entsprechend erwarten wir eine moderate Fortsetzung der zuletzt gesehenen Aufwärtsbewegung und prognostizieren für Q4 2015 einen Weizenpreis in Chicago von 610 US-Cents je Scheffel.

Der Weizenpreis in Paris profitiert schon seit Langem von den starken EU-Exporten, die 2013/14 rekordhoch waren. Bis zuletzt wirkt sich die Schwäche des Euro gegenüber dem Dollar für die EU-Exporte positiv aus (Grafik 3). Dies hat bereits zusammen mit der höher als erwarteten Ernte zu einer Aufwärtsrevision der Erwartungen für die Weichweizenexporte der EU 2014/15 geführt, die laut der aktuellen Schätzung der EU-Kommission wieder den Rekord des Vorjahres von 30 Mio. Tonnen erreichen sollen.

Auch die Währungsschwäche beim Konkurrenten Russland kann den EU-Exporten bisher wenig anhaben. Besonders Deutschland und Polen können von den weltweit nur sehr gemischten Qualitäten des Weizens profitieren. Frankreich dagegen hat unter der schlechten Qualität seiner Weizenernte 2014 zu leiden und kann statt normalerweise 90% in dieser Saison nur 60% des Weizens als Mahlqualität vermarkten. Die starke EUExportnachfrage, der Ausblick auf eine wohl niedrigere nächste EU-Weizenernte und eine auch global weniger üppige Versorgung lassen uns für Q4 2015 in Paris einen Weizenpreis von 200 EUR je Tonne erwarten.

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Mais:

Auch der Ende September sogar auf ein 5-Jahrestief von 320 US-Cents je Scheffel abgesackte Maispreis hat sich inzwischen etwas erholt und notiert derzeit bei rund 380 US-Cents je Scheffel. Wie bei Weizen war es die Erwartung hoher Verfügbarkeit, die den Preisrutsch begründete und Prognoseanhebungen für die Welterzeugung, die ihn wiederholt befeuerten. Hauptgrund ist die rekordhoch erwartete US-Maisernte, die inzwischen weitgehend eingebracht ist (Grafik 4).

Aber auch in der EU wird die Ernte mit rund 73 Mio. Tonnen einen neuen Rekord erreichen: Seit dem Frühsommer stieg die erwartete Menge um 8 Mio. Tonnen und reduziert entsprechend den Nettoimportbedarf gegenüber der Vorsaison um zwei Drittel auf 3,5 Mio. Tonnen. Rückläufig ist dagegen die Produktion in China und auch in der Ukraine. Die aufgrund der Krise zwischenzeitlich vorgenommenen Reduktionen konnten allerdings zum Teil wieder aufgehoben werden, so dass der Rückstand zur sehr guten Vorjahresernte von fast 31 Mio. Tonnen mit knapp 4 Mio. Tonnen recht gering ausfallen soll.



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