Agrar: Steigende Preise 2015 - Ausnahmen bestätigen die Regel
04.12.2014 | Eugen Weinberg (Commerzbank)
Bei den meisten Agrarprodukten erwarten wir für 2015 einen moderaten Preisanstieg. Besonders bei Mais, aber auch bei Weizen spricht dafür eine wahrscheinlich niedrigere Ernte 2015/16 bei steigender Nachfrage. Sojabohnen dürften die berühmte Ausnahme sein, die die Regel bestätigt. Denn bisher deutet viel auf eine weitere Flächenausdehnung bei Sojabohnen hin - zunächst in Südamerika, dann aber auch nochmals in den USA. Dies drückt auch auf die Preisentwicklung von Raps, der sich aber wegen der zu erwartenden Produktionseinschränkung besser halten sollte.
Auf dem Kaffeemarkt lastet die hohe Unsicherheit über die brasilianische Ernte 2015. Auch wenn wir keine weitere Reduktion erwarten, rechnen wir doch mit einer Fortsetzung der Knappheit an Arabica-Kaffee 2015, die neben den Arabica- auch die Robusta-Preise stützen dürfte. Die enge Bilanz bei Kakao lässt uns auch hier einen leichten Preisanstieg erwarten. Das erste Defizit seit Jahren sollte am Zuckermarkt den Preisen Auftrieb geben.
Weizen:
Die Weizenpreise in Chicago und Paris konnten sich inzwischen etwas von ihrem Ende September erreichten 4-Jahrestief erholen. Doch auch Preise wie die derzeitigen rund 600 US-Cents je Scheffel in Chicago und 188 EUR je Tonne in Paris sind in der mehrjährigen Betrachtung noch immer niedrig. Der Grund für den Preisverfall seit dem Frühjahr waren die vielfach nach oben angepassten Erwartungen an die globale Weizenproduktion 2014/15, die derzeit bei rund 720 Mio. Tonnen gesehen wird.
Die anfängliche Prognose eines weitgehend ausgeglichenen Marktes 2014/15 wurde denn auch vom US-Landwirtschaftsministerium USDA zugunsten einer Überschussschätzung aufgegeben, die sich zwischenzeitlich auf 10 Mio. Tonnen belief. Zwar wurde dies inzwischen auf rund 7 Mio. Tonnen reduziert - der Internationale Getreiderat IGC liegt mit 5 Mio. Tonnen noch etwas niedriger - doch zeigt dieser zweite Überschuss in Folge die verbesserte Verfügbarkeit von Weizen an, die es erlaubt, die Lagerbestände aufzustocken (Grafik 2).
Die Zeiten der höchsten gefühlten Verfügbarkeit dürften allerdings bereits hinter uns liegen. Zwar werden bis zuletzt die Ernteangaben für die EU nach oben korrigiert. Mit 155 Mio. Tonnen ist sie 10 Mio. Tonnen höher ausgefallen als in der ersten USDA-Schätzung im Mai angesetzt worden war. Auch China, Indien, Russland und die Ukraine haben positiver als zunächst gedacht abgeschnitten. Allenfalls die mäßige US-Ernte, die gegenüber der Top-Ernte des Vorjahres um 10 Mio. Tonnen zurückbleibende kanadische Ernte und Qualitätsprobleme in einigen EU-Ländern konnten dem Preis noch einen Boden einziehen.
Bei den noch ausstehenden Ernten, vor allem bei der aktuellen Ernte in Australien, deuten sich aber Enttäuschungen an. Seit dem Sommer wurden die Erwartungen an die australische Weizenernte 2014/15 durch das USDA um 2 Mio. Tonnen auf 24 Mio. Tonnen reduziert. Nach den jüngsten Erwartungen der australischen Behörde Abares soll die australische Weizenproduktion aufgrund der äußerst gemischten Bedingungen mit vielfach zu heißem und trockenem Wetter im Land während der dortigen Wintermonate und dem heißesten Frühjahr aller Zeiten sogar um 14% gegenüber dem Vorjahr auf 23,2 Mio. Tonnen fallen.
Auch die Gefühle mit Blick auf die Saison 2015/16 sind gemischt: In den USA sind nach leichten Abwertungen laut USDA zwar noch immer 58% der Weizenpflanzen in gutem oder sehr gutem Zustand, doch der frühe Kälteeinbruch bringt weiter Gefahren mit sich. In Russland und der Ukraine machen die Trockenheit und die Kälte den Weizenpflanzen zu schaffen. In der Ukraine könnte dies verhindern, dass sich das Flächenplus von 5% auch in eine höhere Produktion überträgt. Vielmehr lauten erste Prognosen auf ein Minus.
Auch für Russland erwarten russische Quellen einen Rückgang, der zuweilen gar auf 15-20% geschätzt wird. Rückläufig dürfte die Weizenproduktion wohl auch in der EU sein. Zwar ist die Fläche wohl ähnlich hoch wie im Vorjahr, doch kann nicht wieder mit solch insgesamt sehr hohen Erträgen gerechnet werden, auch wenn die bisherigen Aussaat- und Wachstumsbedingungen laut EU-Kommission meist günstig waren.
Weltweit kann also nicht automatisch von einem weiteren Überschuss ausgegangen werden. Auch wenn keine Knappheit bevorsteht: Eine gewisse Anspannung nach den positiven Überraschungen der beiden letzten Jahre halten wir für wahrscheinlich. Entsprechend erwarten wir eine moderate Fortsetzung der zuletzt gesehenen Aufwärtsbewegung und prognostizieren für Q4 2015 einen Weizenpreis in Chicago von 610 US-Cents je Scheffel.
Der Weizenpreis in Paris profitiert schon seit Langem von den starken EU-Exporten, die 2013/14 rekordhoch waren. Bis zuletzt wirkt sich die Schwäche des Euro gegenüber dem Dollar für die EU-Exporte positiv aus (Grafik 3). Dies hat bereits zusammen mit der höher als erwarteten Ernte zu einer Aufwärtsrevision der Erwartungen für die Weichweizenexporte der EU 2014/15 geführt, die laut der aktuellen Schätzung der EU-Kommission wieder den Rekord des Vorjahres von 30 Mio. Tonnen erreichen sollen.
Auch die Währungsschwäche beim Konkurrenten Russland kann den EU-Exporten bisher wenig anhaben. Besonders Deutschland und Polen können von den weltweit nur sehr gemischten Qualitäten des Weizens profitieren. Frankreich dagegen hat unter der schlechten Qualität seiner Weizenernte 2014 zu leiden und kann statt normalerweise 90% in dieser Saison nur 60% des Weizens als Mahlqualität vermarkten. Die starke EUExportnachfrage, der Ausblick auf eine wohl niedrigere nächste EU-Weizenernte und eine auch global weniger üppige Versorgung lassen uns für Q4 2015 in Paris einen Weizenpreis von 200 EUR je Tonne erwarten.
Mais:
Auch der Ende September sogar auf ein 5-Jahrestief von 320 US-Cents je Scheffel abgesackte Maispreis hat sich inzwischen etwas erholt und notiert derzeit bei rund 380 US-Cents je Scheffel. Wie bei Weizen war es die Erwartung hoher Verfügbarkeit, die den Preisrutsch begründete und Prognoseanhebungen für die Welterzeugung, die ihn wiederholt befeuerten. Hauptgrund ist die rekordhoch erwartete US-Maisernte, die inzwischen weitgehend eingebracht ist (Grafik 4).
Aber auch in der EU wird die Ernte mit rund 73 Mio. Tonnen einen neuen Rekord erreichen: Seit dem Frühsommer stieg die erwartete Menge um 8 Mio. Tonnen und reduziert entsprechend den Nettoimportbedarf gegenüber der Vorsaison um zwei Drittel auf 3,5 Mio. Tonnen. Rückläufig ist dagegen die Produktion in China und auch in der Ukraine. Die aufgrund der Krise zwischenzeitlich vorgenommenen Reduktionen konnten allerdings zum Teil wieder aufgehoben werden, so dass der Rückstand zur sehr guten Vorjahresernte von fast 31 Mio. Tonnen mit knapp 4 Mio. Tonnen recht gering ausfallen soll.
Inzwischen wird der globale Überschuss 2014/15 von USDA und IGC auf rund 19 Mio. Tonnen geschätzt. Das ist zwar nur etwa die Hälfte des Vorjahresüberschusses, soll aber das Lager-Verbrauchs-Verhältnis auf fast 20% treiben - so hoch wie zuletzt 2002/03 (Grafik 5).
Es sind aber auch hier die weiteren Perspektiven, die dem Preis zuletzt wieder aufhelfen. Zum einen stehen in Brasilien und Argentinien geringere Ernten ins Haus, nachdem der Sojabohnenanbau weiterhin attraktiver ist. Vor allem aber dürfte sich auch in den USA in der nächsten Saison die Verschiebung von Mais zu Sojabohnen fortsetzen (Grafik 6). Erstmals seit 2010 könnten dann wieder weniger als 90 Mio. Morgen mit Mais bebaut werden. Und dies bei gleichzeitig steigender Nachfrage zur Verfütterung - hohe Viehpreise geben bei den noch immer niedrigen Futterpreisen einen Anreiz zur Ausdehnung der Herden - und durch eine gestiegene Rentabilität der US-Ethanolproduktion.
Insgesamt erwarten wir bei Mais 2015/16 zumindest eine deutliche Einengung der Marktbilanz. Diese Aussicht sollte die Preise steigen lassen. Unsere Prognose für den US-Maispreis in Q4 2015 lautet auf 420 US-Cents je Scheffel. Der Einfluss vom US-Leitmarkt sollte gemeinsam mit einer niedrigeren Produktion in der EU und bei ihrem Hauptlieferanten Ukraine auch in Paris für steigende Notierungen sorgen. Hier erwarten wird für Q4 2015 einen Preis von 175 EUR je Tonne.
Sojabohnen und Raps:
Mit dem Preisanstieg bis Mai und dem anschließenden Absturz auf ein 4-Jahrestief zeigt die Preisentwicklung bei Sojabohnen ein ähnliches Bild wie bei Mais und Weizen. Zuletzt hat sich der Preis zwar bei robuster Nachfrage nach US-Ware auf knapp über 1.000 US-Cents je Scheffel erholt, doch sind wir bei Sojabohnen wenig optimistisch, dass diese Marke in der nächsten Zeit gehalten werden kann. Mit 26 Mio. Tonnen soll der globale Überschuss 2014/15 laut USDA doppelt so hoch ausfallen wie in der Vorsaison. Und dies trotz weiter steigender Nachfrage, unter deren Komponenten die weiter robusten chinesischen Importzuwächse eine wichtige Rolle spielen.
Dabei stehen die großen Zuflüsse auf den Markt noch bevor (Grafik 7): Zum einen aktuell aus den USA, später aber auch aus Südamerika. Dass die US-Ernte mit über 100 Mio. Tonnen rekordhoch ausfällt, ist unstrittig: Bis zuletzt werden die Ernteerwartungen angehoben. Anders als bei Getreiden sind aber bei Sojabohnen auch aus Südamerika neue Rekorde zu erwarten. Beeindruckend sind vor allem die Prognosen für Brasilien, wo laut USDA die Produktion erstmals deutlich über 90 Mio. Tonnen liegen soll. Allerdings bleibt die staatliche Prognosebehörde Conab mit seiner Schätzung unter dem USDA.
Die hohe Produktion sollte nicht nur in den USA das Lager-Verbrauchs-Verhältnis vom historischen Tief von 2,6% auf komfortablere 12,5% katapultieren, sondern auch weltweit auf das Rekordniveau von über 30% steigen lassen. Auch 2015/16 kann mit einer hohen globalen Ernte gerechnet werden. Werden die Prognosen etwa von Informa Economics wahr, wonach sich 2015/16 die Flächenverschiebung in den USA zugunsten von Sojabohnen fortsetzen soll dürfte die Versorgung mit Sojabohnen auf absehbare Zeit gut gesichert sein. Wir erwarten daher, dass sich Sojabohnen rasch wieder auf unter 1.000 US-Cents je Scheffel verbilligen und der Preis leicht unter dieser Marke stagniert. Entsprechend lautet unsere Prognose für Q4 2015 auf 950 US-Cents je Scheffel.
Etwas besser schätzen wir die Chancen für einen Preisanstieg bei Raps ein. Die stark rückläufige kanadische Canolaproduktion 2014 ist dafür verantwortlich, dass 2014/15 die weltweite Produktion stagniert, obwohl die Rapsernte in der EU wiederholt aufwärts revidiert wurde und auf bis zu 24 Mio. Tonnen geschätzt wird - ein neuer Rekord. 2015/16 dürfte diese Menge aber nicht mehr erzielt werden: Zum einen ist die mit Raps bestellte Fläche in der EU wohl niedriger. Maßgeblichen Einfluss hat hier, dass alleine in Deutschland nach Angaben der Industrieorganisation Ufop 5% weniger Fläche mit Raps bestellt wurde.
Neben den schwachen Preisen trug auch das Verbot eines viel genutzten Pflanzenschutzmittels dazu bei, dessen Auswirkungen noch unklar sind. Auch in Australien und der Ukraine, wo nach Angaben des IGC zugunsten von Getreide deutlich weniger Winterraps ausgesät wurde, dürften die nächsten Ernten geringer als die letzten sein. Weltweit rechnet der ICG 2015/16 mit einer Einschränkung der Rapsfläche um 4%. Zwar werden die Vorgaben vom Sojabohnenpreis große Sprünge verhindern, doch niedrigere Ernten in wichtigen Anbieterstaaten dürften nicht ganz ohne Wirkung bleiben. Wir prognostizieren für Q4 2015 einen Rapspreis in Paris von 350 EUR je Tonne.
Baumwolle:
Seit dem Sommer dümpelte der Baumwollpreis in New York um 65 US-Cents je Pfund. Zuletzt ist er sogar unter 60 US-Cents je Pfund abgesunken. Damit ist Baumwolle so billig wie seit fünf Jahren nicht. Bis zuletzt wird die weltweite Produktion 2014/15 immer weiter nach oben revidiert. Der zunächst prognostizierte Rückgang gegenüber 2013/14 ist quasi verschwunden. Wegen einer steigenden Nachfrage soll sich der Überschuss im Vergleich zu 2013/14 zwar halbieren. Der neuerliche Überschuss bedeutet aber einen weiteren Anstieg der weltweiten Lagerbestände, die auf rekordhohe 107 Mio. Ballen (23,4 Mio. Tonnen) steigen sollen.
Der größte Produktionsanstieg kommt dabei aus den USA, wo nach einer massiven Flächenausdehnung die Ernte um mehr als ein Viertel steigen dürfte. Dies gleicht eine niedrigere Produktion in einigen anderen Ländern aus, vor allem in China, wo die Anbaufläche weiter eingeschränkt wurde. Das Land der Mitte bestimmt dennoch die Stimmung am Baumwollmarkt. Das Land ist dabei, seine Baumwollpolitik von Lagerankäufen zu direkt bei den Produzenten ansetzenden Subventionen umzustellen. Zunächst waren nur Regelungen für eine einzelne Region bekannt gegeben worden, die inzwischen - allerdings deutlich weniger großzügig - auf andere Regionen ausgedehnt wurden.
Über die Wirkung der neuen Politik herrscht noch immer hohe Unsicherheit am Markt. Fakt ist, dass die chinesischen Importe an Baumwolle bereits 2013/14 stark rückläufig waren und das Importvolumen 2014/15 nur noch etwa ein Drittel der Jahre zwischen 2011/12 und 2012/13 erreichen soll (Grafik 8). Im Oktober 2014 lagen die Importe 42% unter Vorjahr und auf dem niedrigsten Niveau seit Januar 2009. Für die ersten 10 Monate 2014 beträgt der Rückgang gegenüber der Vorjahresperiode 38%. In den nächsten Monaten dürften wegen der zur Verfügung stehenden heimischen Ernte und einer schwachen Nachfrage aus der Textilindustrie die Importe schwach bleiben.
Bei dem unbefriedigenden Preisverlauf von -30% seit Jahresbeginn - deutlich stärker als bei Mais und Weizen mit rund 10% und Sojabohnen mit knapp 20% -, ist eine Flächenreduktion für die nächste Ernte in den USA bereits jetzt wahrscheinlich, Informa Economics schätzt sie auf 14%. Noch früher ist bereits auf der südlichen Halbkugel mit Einschränkungen zu rechnen. Erst wenn sich der Blick darauf richtet und ein Ende der Phase zahlreicher Überschüsse am Baumwollmarkt wahrscheinlich wird, dürften sich die Preise erholen. Da wir dies für 2015/16 erwarten, prognostizieren wir für Q4 2015 einen Baumwollpreis von 67 US-Cents je Pfund.
Kaffee:
Kaffee Arabica ist unter den von uns beobachteten Agrarrohstoffen mit einem Plus von über 70% der mit der höchsten Preissteigerung über den Jahresverlauf 2014. Der stärkste Anstieg erfolgte bereits in den ersten Monaten des Jahres, als die Dürre in Brasilien die ganze Aufmerksamkeit auf sich zog, die erhofften 60 Mio. Sack à 60 kg brasilianischer Kaffeeernte immer unwahrscheinlicher wurden und pessimistische Prognosen die Kaffeeernte sogar unter 40 Mio. Sack abrutschen sahen. Auch wenn es nicht ganz so schlimm kam:
Die staatliche Agentur Conab bezifferte im September die Ernte 2014 auf unbefriedigende 45,1 Mio. Sack, darunter 32,1 Mio. Sack Arabica, nachdem die Gesamternte 2013/14 49,2 Mio. Sack und bei Arabica 38,3 Mio. Sack betragen hatte (Grafik 9). Für den brasilianischen Arabica-Kaffee hat die Internationale Kaffeeorganisation ICO bereits die Erwartung geäußert, dass die Produktion die Nachfrage um bis zu 3 Mio. Sack unterschreiten könnte. In seinem Effekt auf die Versorgung des Weltmarkts kann dies selbst ein weiterer Zuwachs in Kolumbien kaum spürbar lindern.
Auch Mittelamerika kann hier nicht viel ausrichten, obwohl dort die Produktion nach den durch die Krankheit Blattrost verursachten Einbußen der letzten Jahre langsam wieder steigt.
Die ICO schätzt das Defizit am globalen Kaffeemarkt 2014/15 auf 800 Tsd. Sack und ist damit noch auf der optimistischen Seite. Der Kaffeehändler Volcafe hat jüngst seine Prognose für ein Defizit sogar von 9 auf 10 Mio. Sack angehoben. Trotz der inzwischen eingetretenen regelmäßigeren Regenfälle in Brasilien - die die Kaffeepreise gegenüber Oktober wieder auf ein niedrigeres Niveau drückten - ist auch die Perspektive für die nächste Ernte 2015/16 dort nur mäßig. Allerdings macht der Regen pessimistische Einschätzungen, wonach die Gesamternte dann unter 40 Mio. Sack fallen könnte, unwahrscheinlicher. Im Moment sieht die Blüte in Brasilien nicht schlecht aus, aber erst im Januar wird man klarer sehen können, ob auch die Fruchtentwicklung befriedigend verläuft.
Dennoch: Zumeist wird nicht damit gerechnet, dass die Produktion merklich höher ausfällt als 2014/15. Nachdem bereits 2014/15 die Lagerbestände an Arabica-Kaffee angegriffen werden mussten und sich dies 2015/16 verstärkt fortsetzt, sollten die Preise 2015 steigen. Wir gehen dennoch von einer eher moderaten Aufwärtsbewegung aus, da die Vorjahre ein ausreichend hohes Polster an Kaffeebeständen aufzubauen erlaubten, die einen wirklichen Versorgungsengpass am Kaffeemarkt verhindern sollten. Unsere Prognose für den Arabica-Preis im vierten Quartal 2015 lautet auf 230 US-Cents je Pfund.
Robusta-Kaffee hat den Preisanstieg bei Arabica-Kaffee - wenn auch deutlich abgeschwächt - mitvollzogen. Im wichtigsten Produzentenland Vietnam hat die Robusta-Ernte im Oktober begonnen, allerdings leicht später als normal, nachdem die Reifezeit durch zu wenig Regen zuletzt leicht verzögert war. Ende November und Anfang Dezember dürfte die Haupterntezeit sein. Beobachter erwarten, dass die Ernte nur leicht niedriger als die Rekordernte des Vorjahres werden könnte, als 1,7 Mio. Tonnen (28,5 Mio. Sack) geerntet wurden.
Von einem Minus von 20% spricht zuletzt eigentlich nur noch die auch in den vergangenen Jahren zu pessimistische vietnamesische Kaffee- und Kakaovereinigung. Selbst eine weitere gute Ernte in Vietnam und die bereits eingebrachte, durchaus positiv zu nennende Robusta-Ernte 2014 in Brasilien - die sogar mit einem Zuwachs gegenüber 2013 schloss - verhindern aber nicht, dass etwa Volcafe auch bei Robusta 2014/15 ein Marktdefizit erwartet. Dies dürfte unserer Ansicht nach den Robusta-Preis bis Q4 2015 auf 2.300 USD je Tonne steigen lassen.
Kakao:
Zwischen Juli 2013 und September 2014 zogen die Kakaopreise um rund 50% an. Zunächst war es vor allem die Angst vor einem Marktdefizit, die die Preise trieb. In ihrem Quartalsbericht von Ende August hatte die Internationale Kakaoorganisation ICCO dann den höher als erwarteten Anlieferungen in Westafrika seit Saisonbeginn im Oktober 2013 Rechnung getragen und ihre Prognose für die Marktbilanz 2013/14 von einem Defizit in einen Überschuss gedreht. Dies hat sie gerade nochmals bestätigt (Grafik 10).
Der mit der verbesserten Versorgung einhergehende Preisrückgang wurde aber rasch durch die Angst zunichte gemacht, dass sich Ebola in die wichtigen Produktionsländer Westafrikas hinein ausbreiten und dort zu erheblichen Lieferausfällen führen könnte. In der zweiten Septemberhälfte machten denn die Kakaopreise in London auch nur unweit der 2.200 GBP je Tonne Halt. Seither gaben sie um über 10% nach und notieren derzeit bei rund 1.900 GBP je Tonne.
Die Furcht vor einer Angebotsunterbrechung durch Ebola hat sich etwas gelegt. Zudem waren die ersten Meldungen über die neue Ernte in Westafrika, insbesondere der Elfenbeinküste, sehr positiv: Nachdem die letzte Ernte rekordhohe 1,74 Mio. Tonnen erbracht hatte, lagen die ersten Anlieferungen inoffiziellen Daten zufolge nochmals höher als im Vorjahr. Gemeinsam mit einer schwächer wachsenden Verarbeitungsnachfrage - im dritten Quartal hatten die europäische und asiatische Verarbeitung enttäuscht, die nordamerikanische dagegen positiv überrascht - hat dies bei der ICCO bereits zu Überlegungen geführt, das zunächst auf etwa 100 Tsd. Tonnen geschätzte Marktdefizit 2014/15 niedriger anzusetzen.
Ob es dazu kommt, nachdem die Anlieferungen in der Elfenbeinküste inzwischen und wohl dauerhaft deutlich hinter dem Vorjahr zurückbleiben (Grafik 11) und das ghanaische Cocobod seine Produktionsprognose von 1 Mio. auf 850-900 Tsd. Tonnen korrigiert hat, bleibt abzuwarten. Gerade hat die ICCO die ghanaische Produktion 2013/14 nach kräftiger Aufwärtsrevision im Vorbericht wieder auf knapp 900 Tsd. Tonnen nach unten korrigiert. Die künftige weltweite Produktion ist ebenso mit hoher Unsicherheit verbunden, und die ICCO sah sich zuletzt gezwungen, Verlautbarungen in der Presse entgegenzutreten, wonach die künftige Versorgung mit Kakao ernsthaft gefährdet sei.
Optimistisch für das Angebot der nächsten Jahre zeigt sich allerdings auch die ICCO nicht. Erst mit einigen Jahren Verzögerung rechnet sie wegen der höheren Preise, die nach politischen Reformen in wichtigen Anbieterländern nun auch stärker bei den Produzenten ankommen, mit einer so starken Produktion, dass die laufende Nachfrage befriedigt werden kann. Wir schließen uns aber der Einschätzung der ICCO an, dass die ausreichend hohen Lagerbestände es nicht zu einem Versorgungsengpass kommen lassen und entsprechend eine Preisexplosion ausbleibt. Bewahrheitet sich unsere Prognose von 2.200 GBP je Tonne in Q4 2015, bleiben die Notierungen also auch 2015 deutlich unter den Spitzen der Jahre 2010 und 2011.
Zucker:
Dass sich der Preis für Rohzucker mit rund 16 US-Cents je Pfund derzeit auf ähnlichem Niveau wie zu Jahresbeginn bewegt, heißt nicht, dass sich 2014 am Zuckermarkt nichts getan hätte. Vielmehr hatte auch hier die Dürre in Brasilien in der ersten Jahreshälfte den Rohzuckerpreis auf fast 19 US-Cents je Pfund steigen lassen, bevor er angesichts der alles in allem reichlichen Versorgung am Markt wieder nachgab. Unterstützt wurde dies von der Stärke des US-Dollar bzw. der Schwäche des Brasilianischen Real.
Inzwischen neigt sich im wichtigsten zuckerproduzierenden und vor allem -exportierenden Land Brasilien die Verarbeitungssaison 2014/15 dem Ende zu. Nachdem die Dürre im ersten Quartal 2014 das Zuckerrohr geschädigt hatte, haben bereits mehr Mühlen als sonst ihre Arbeit eingestellt (Grafik 12). Bei geringerer Gesamtmenge an Zuckerrohr und einem deutlich höheren Anteil, der der Ethanolproduktion zugeführt wurde, bleibt die Zuckerproduktion im Hauptanbaugebiet Center-South kumuliert seit Saisonbeginn im April bis zum 16. November inzwischen um 3% hinter dem Vorjahr zurück.
Dies dürfte sich in den nächsten Wochen wegen des vorzeitigen Endes der Ernte weiter verstärken. Im zweitgrößten Produzentenland Indien hat die Ernte 2014/15 dagegen erst im Oktober begonnen. Nach ausreichendem Monsunregen ist hier mit einer sehr guten Ernte zu rechnen, die die Zuckerproduktion um 7% steigen lassen dürfte. Entsprechend wird wohl die Produktion die heimische Nachfrage wieder übersteigen. Noch betont die Regierung, nicht wieder zum umstrittenen Mittel der Exportsubventionen greifen zu wollen, um die Ware auf dem Weltmarkt unterzubringen.
Darüber, ob die weltweite Produktion 2014/15 noch ausreicht, um die wachsende Nachfrage zu decken, besteht derzeit kein Konsens. Unabhängig davon, ob die Internationale Zuckerorganisation ISO mit ihrer von 1,3 Mio. Tonnen gerade auf 473 Tsd. Tonnen reduzierten Überschussprognose oder Kingsman, Czarnikow und das USDA mit der von ihnen vertretenen Erwartung eines Defizits richtig liegen: Ein Ende der Jahre mit Zuckerüberschüssen steht bevor.
Im November hat die ISO erstmals eine konkrete Schätzung für das auch von ihr erwartete Defizit 2015/16 vorgelegt, das das erste in einer ganzen Reihe sein soll. Sie beziffert das Defizit 2015/16 auf 2 bis 2,5 Mio. Tonnen. Dabei soll eine weiter steigende Nachfrage auf ein nur schwach steigendes Angebot treffen. So wird etwa die Zuckerrohrernte in Brasilien im nächsten Jahr ähnlich wie zuletzt erwartet, wenn das Wetter nun weiter mitspielt.
Die Regenfälle der letzten Zeit haben die Bedingungen für die nächste Ernte zumindest verbessert. Die Produktion soll auch in einigen anderen, zuletzt von schlechter Witterung betroffenen Ländern steigen, in der EU nach der diesjährigen Rekordernte aber stark rückläufig sein (Grafik 13).
Wir gehen davon aus, dass die Zuckerpreise steigen, sobald die Aussicht auf zunehmende Knappheit stärker in das Bewusstsein der Marktteilnehmer rückt. Das unattraktive Preisniveau für Zucker hat in Brasilien zu einer deutlichen Verschiebung bei der Verarbeitung in Richtung Ethanol geführt. Zudem machen die niedrigen Preise Investitionen in die Pflege der Zuckerrohrplantagen weniger vorteilhaft, was die mittelfristigen Produktionsaussichten belastet. All dies lässt uns für Q4 2015 mit einem Rohzuckerpreis in New York von 20 US-Cents je Pfund rechnen.
Während wir bei den in New York und London verzeichneten Preisen für "Weltmarktzucker" einen Anstieg erwarten, dürfte es für den EU-Zuckerpreis weiter bergab gehen. Zwischen Jahresbeginn und September 2014 sind die EU-Preise um fast 20% auf 508 EUR je Tonne gesunken - sie lagen damit aber noch immer 60% über dem Weltmarktpreis für Weißzucker in London. Neben der rekordhohen EU-Ernte - die zuletzt von der EU-Kommission nochmals auf 19,1 Mio. Tonnen Weißzuckeräquivalent angehoben wurde - tragen auch die wieder höheren Importe aus den Ländern mit Präferenzabkommen zu dem Preisrückgang in der EU bei.
In die gleiche Richtung wirken die Vorbereitungen der Zuckerunternehmen auf die Zeit eines stärkeren Wettbewerbs nach dem Ende der Produktionsquoten im September 2017. Abgebremst werden dürfte der Preisrückgang aber dadurch, dass niedrigere Preise für Rüben sich in einer geringeren Anbaufläche zur Ernte 2015 niederschlagen werden. Die ISO rechnet dadurch mit einer etwa 1,5 Mio. Tonnen niedrigeren Zuckerproduktion.
Auf einen Blick
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG
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