Agrar: Steigende Preise 2015 - Ausnahmen bestätigen die Regel

Dass sich der Preis für Rohzucker mit rund 16 US-Cents je Pfund derzeit auf ähnlichem Niveau wie zu Jahresbeginn bewegt, heißt nicht, dass sich 2014 am Zuckermarkt nichts getan hätte. Vielmehr hatte auch hier die Dürre in Brasilien in der ersten Jahreshälfte den Rohzuckerpreis auf fast 19 US-Cents je Pfund steigen lassen, bevor er angesichts der alles in allem reichlichen Versorgung am Markt wieder nachgab. Unterstützt wurde dies von der Stärke des US-Dollar bzw. der Schwäche des Brasilianischen Real.
Inzwischen neigt sich im wichtigsten zuckerproduzierenden und vor allem -exportierenden Land Brasilien die Verarbeitungssaison 2014/15 dem Ende zu. Nachdem die Dürre im ersten Quartal 2014 das Zuckerrohr geschädigt hatte, haben bereits mehr Mühlen als sonst ihre Arbeit eingestellt (Grafik 12). Bei geringerer Gesamtmenge an Zuckerrohr und einem deutlich höheren Anteil, der der Ethanolproduktion zugeführt wurde, bleibt die Zuckerproduktion im Hauptanbaugebiet Center-South kumuliert seit Saisonbeginn im April bis zum 16. November inzwischen um 3% hinter dem Vorjahr zurück.
Dies dürfte sich in den nächsten Wochen wegen des vorzeitigen Endes der Ernte weiter verstärken. Im zweitgrößten Produzentenland Indien hat die Ernte 2014/15 dagegen erst im Oktober begonnen. Nach ausreichendem Monsunregen ist hier mit einer sehr guten Ernte zu rechnen, die die Zuckerproduktion um 7% steigen lassen dürfte. Entsprechend wird wohl die Produktion die heimische Nachfrage wieder übersteigen. Noch betont die Regierung, nicht wieder zum umstrittenen Mittel der Exportsubventionen greifen zu wollen, um die Ware auf dem Weltmarkt unterzubringen.

Darüber, ob die weltweite Produktion 2014/15 noch ausreicht, um die wachsende Nachfrage zu decken, besteht derzeit kein Konsens. Unabhängig davon, ob die Internationale Zuckerorganisation ISO mit ihrer von 1,3 Mio. Tonnen gerade auf 473 Tsd. Tonnen reduzierten Überschussprognose oder Kingsman, Czarnikow und das USDA mit der von ihnen vertretenen Erwartung eines Defizits richtig liegen: Ein Ende der Jahre mit Zuckerüberschüssen steht bevor.
Im November hat die ISO erstmals eine konkrete Schätzung für das auch von ihr erwartete Defizit 2015/16 vorgelegt, das das erste in einer ganzen Reihe sein soll. Sie beziffert das Defizit 2015/16 auf 2 bis 2,5 Mio. Tonnen. Dabei soll eine weiter steigende Nachfrage auf ein nur schwach steigendes Angebot treffen. So wird etwa die Zuckerrohrernte in Brasilien im nächsten Jahr ähnlich wie zuletzt erwartet, wenn das Wetter nun weiter mitspielt.
Die Regenfälle der letzten Zeit haben die Bedingungen für die nächste Ernte zumindest verbessert. Die Produktion soll auch in einigen anderen, zuletzt von schlechter Witterung betroffenen Ländern steigen, in der EU nach der diesjährigen Rekordernte aber stark rückläufig sein (Grafik 13).
Wir gehen davon aus, dass die Zuckerpreise steigen, sobald die Aussicht auf zunehmende Knappheit stärker in das Bewusstsein der Marktteilnehmer rückt. Das unattraktive Preisniveau für Zucker hat in Brasilien zu einer deutlichen Verschiebung bei der Verarbeitung in Richtung Ethanol geführt. Zudem machen die niedrigen Preise Investitionen in die Pflege der Zuckerrohrplantagen weniger vorteilhaft, was die mittelfristigen Produktionsaussichten belastet. All dies lässt uns für Q4 2015 mit einem Rohzuckerpreis in New York von 20 US-Cents je Pfund rechnen.
Während wir bei den in New York und London verzeichneten Preisen für "Weltmarktzucker" einen Anstieg erwarten, dürfte es für den EU-Zuckerpreis weiter bergab gehen. Zwischen Jahresbeginn und September 2014 sind die EU-Preise um fast 20% auf 508 EUR je Tonne gesunken - sie lagen damit aber noch immer 60% über dem Weltmarktpreis für Weißzucker in London. Neben der rekordhohen EU-Ernte - die zuletzt von der EU-Kommission nochmals auf 19,1 Mio. Tonnen Weißzuckeräquivalent angehoben wurde - tragen auch die wieder höheren Importe aus den Ländern mit Präferenzabkommen zu dem Preisrückgang in der EU bei.
In die gleiche Richtung wirken die Vorbereitungen der Zuckerunternehmen auf die Zeit eines stärkeren Wettbewerbs nach dem Ende der Produktionsquoten im September 2017. Abgebremst werden dürfte der Preisrückgang aber dadurch, dass niedrigere Preise für Rüben sich in einer geringeren Anbaufläche zur Ernte 2015 niederschlagen werden. Die ISO rechnet dadurch mit einer etwa 1,5 Mio. Tonnen niedrigeren Zuckerproduktion.
Auf einen Blick


