Rohstoffe kompakt Industriemetalle: Korrektur vor weiteren Preisanstiegen

Wir sehen den Zinnpreis daher auf dem aktuellen Niveau nach unten gut unterstützt. Das Potenzial nach oben dürfte im Wesentlichen von der Export- und Handelspolitik Indonesiens abhängen. Ende 2014 erwarten wir einen Zinnpreis von 23.000 USD je Tonne.

Eisenerz:
Der Eisenerzpreis ist anders als von uns erwartet in diesem Jahr eingebrochen und hatte zwischenzeitlich ein Drittel an Wert verloren. Mit 89 USD je Tonne wurde Mitte Juni der niedrigste Stand seit September 2012 erreicht. Seitdem hat er sich zwar etwas erholt, wurde bislang aber nicht von der zeitweisen Euphorie an den Industriemetallmärkten angesteckt (Grafik 12).
Der Preisrückgang ist unseres Erachtens im Wesentlichen der Angebotsausweitung geschuldet. Denn angesichts eines in den letzten Jahren hohen Eisenerzpreises - dieser lag seit 2010 mit wenigen Ausnahmen über 120 USD je Tonne - haben die weltweit größten Eisenerzproduzenten kräftig in neue Minenprojekte vor allem in Australien und Brasilien investiert. Das hieraus resultierende zusätzliche Angebot erreicht nun seit einigen Monaten den Weltmarkt, was den Preis belastet. Gemäß Einschätzung der staatlichen australischen Rohstoffbehörde BREE haben die niedrigen Preise jedoch keine Auswirkungen auf die Produktionsraten der Eisenerzunternehmen in Australien, da diese mit die geringsten Produktionskosten der Welt haben.
Dagegen wird in China besonders teuer produziert. Aussagen der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission zufolge liegen die Produktionskosten in China zwischen 75 USD und 145 USD je Tonne. Sollte die chinesische Regierung im Eisenerzsektor ähnliche Reformen durchführen wie in der Stahlindustrie, würden Erwartungen von BREE zufolge einige Eisenerzminen in China noch dieses Jahr schließen. Australien würde in diesem Fall demnach die Lücke schließen, was sich in hohen Exporten niederschlagen sollte. Diese werden laut BREE 2014 um 17% auf 680 Mio. Tonnen und 2015 weiter auf 764 Mio. Tonnen steigen.
Als weltgrößter Stahlproduzent trat bislang insbesondere China als Käufer von Eisenerz auf. So sind die chinesischen Eisenerzimporte deutlich gestiegen; trotz eines Minus im Mai und Juni waren sie im ersten Halbjahr mit 457 Mio. Tonnen 19% höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres (Grafik 13).
Allerdings haben dabei die Lagerbestände in den Häfen Chinas deutlich zugenommen: Gemäß Daten des Beratungsunternehmens Shanghai Steelhome erreichten sie Anfang Juli ein Rekordhoch von 113,7 Mio. Tonnen. Chinesischen Händlern zufolge deckten die Vorräte zu diesem Zeitpunkt den Verbrauch von 28-30 Tagen. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass dies der Vorbote für einen Einbruch der Importe Chinas ist. Vielmehr machen die gesunkenen Preise das qualitativ hochwertige australische und brasilianische Eisenerz im Vergleich zum minderwertigen chinesischen Eisenerz attraktiver. BREE erwartet daher, dass die chinesischen Importe in den kommenden zwei Jahren Niveaus von 869 Mio. bzw. 927 Mio. Tonnen erreichen werden.
Laut Weltstahlverband dürfte die weltweite Stahlnachfrage in diesem Jahr um 3,1% auf 1,527 Mrd. Tonnen steigen. Hierzu sollen künftig die Industrienationen wieder verstärkt beitragen. Nach Rückgängen im letzten Jahr sollen 2014 sowohl in der NAFTA-Region als auch in der EU wieder Wachstumsraten von 3,8% bzw. 3,1% erzielt werden. In etwas abgeschwächter Form setzt sich diese Entwicklung auch 2015 fort. Da Eisenerz fast ausschließlich zur Herstellung von Stahl benötigt wird, spricht dies auch für eine robuste Nachfrage nach Eisenerz.
Der im April 2009 eingeführte Handel von Eisenerzswaps an der Börse SGX AsiaClear in Singapur etabliert sich mehr und mehr als anerkannter Handelsplatz für Eisenerz. Seit März liegt das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen ununterbrochen deutlich über der Marke von 1 Mio. Tonnen. In der Spitze wurden bislang an einem Tag 3,3 Mio. Tonnen Eisenerz umgesetzt. Das Handelsvolumen im ersten Halbjahr summierte sich auf 166 Mio. Tonnen und lag damit 53% über dem vergleichbaren Vorjahresniveau.
Wir erwarten nicht, dass der Eisenerzpreis nochmals merklich nachgibt und neue Tiefstände markiert. Vielmehr sollte sich die von uns erwartete Erholung der Weltwirtschaft in einer robusten Eisenerznachfrage widerspiegeln und den Preis im Jahresverlauf unterstützen. Wir erwarten daher mittel- bis langfristig Notierungen von über 100 USD je Tonne. Nach unten hin sollte der Preis recht gut bei 90 USD unterstützt sein. Denn dieses Niveau hatten zuletzt die chinesischen Stahlproduzenten zum Kauf von Eisenerz in großem Stil genutzt.
Auf einen Blick



