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Tiberius Rohstoff-Research: Marktkommentar Juni 2009

13.07.2009
- Seite 5 -
Beispiel 2: Metalle: Defizit-Weißmetall(Palladium) gegen Überschussmetalle (Aluminium, Nickel)

• Im Juni führten die Basismetalle Aluminium (+14,7%) und Nickel (+13,7%) die Performancerangliste deutlich an. Palladium (+5,7%) folgte mit deutlichem Abstand auf einem der vorderen Mittelfeldplätze. Nickel hat von seinem Tief bei 9.500 USD je Tonne im zweiten Quartal eine Preisrallye von mehr als 60% hingelegt, während die Performance von Palladium mit +14,1% in diesem Zeitraum deutlich zurückblieb.

• Für alle drei genannten Metalle wird im Jahr 2009 ein Marktüberschuss von etwa 3% einer Jahresnachfrage geschätzt. Im Gegensatz zu Aluminium und Nickel, die im Vorjahr einen Marktüberschuss von 5% aufwiesen, war der Palladiummarkt 2008 mehr oder weniger ausgeglichen. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass wir in unseren Berechnungen im Rahmen unseres Alpha-Modells lediglich die russische Minenproduktion, nicht aber die Verkäufe aus bereits vorhandenen überirdischen Lagerbeständen des russischen Staates (Gochran) zum Palladiumangebot hinzuzählen.

Die Verkäufe von Gochran sehen wir als Lagerverschiebung von Russland überwiegend in die Schweiz. Sie sind prinzipiell positiv zu werten, weil ein wenig preissensitiver Verkäufer abgelöst wird durch stärkere Hände, die aus unserer Sicht das Palladium erst bei wesentlich höheren Preisen wieder auf den Markt bringen. Für das Jahr 2010 erwarten wir bei Palladium ein kleines Marktdefizit, während bei den Basismetallen Nickel und Aluminium trotz einer etwaigen Konjunkturerholung noch einmal mit Überschussen gerechnet werden muss. Platin sehen wir nicht als eine vollwertige Alternative zu Palladium. Zwar war der Marktüberschuss 2006 und 2007 wesentlich geringer als bei Palladium. Die Lagerbestände verharren deswegen immer noch auf tiefem Niveau. Für 2010 schätzen wir jedoch einen Überschuss von etwas mehr als 2,5% einer Jahresnachfrage.

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Fazit: Die jüngsten Preisrallyes von Nickel und Aluminium waren nach oben überzogen. Bei den gegenwärtigen Preisniveaus beider Metalle ist es nicht unwahrscheinlich, dass ein Teil des 2008 weggefallenen Angebots wieder zurückkommt. Gleichzeitig laufen die einmaligen durch die Aufstockung von Lagern in China bedingten Nachfrageeffekte aus. Die Folge sind hohe Überschüsse 2009 und vermutlich auch noch 2010. Auf der anderen Seite könnte der Palladiummarkt schon 2010 erneut ins Defizit drehen. Eine anziehende Investmentnachfrage von Exchange Traded Fonds (ETFs) könnte einen Preisauftrieb verschärfen. Wir sind Palladium long und Nickel und Aluminium short. Die übrigen Edelmetalle sehen wir neutral. Mit einer leicht unterdurchschnittlichen Performance rechnen wir kurzfristig bei Kupfer und Zink. Mittelfristig (ab Q4 2009) sollten beide Metalle aufgrund möglicher Defizite in 2010 jedoch mindestens neutral gewichtet werden.


Beispiel 3: Getreide : Defizit-Markt (Weizen, Mais) gegen Überschuss-Markt (Sojabohnen, Sojabohnenmehl)

• Am 30. Juni setzte der lang erwartete Ackerflächen Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) einen symbolischen Schlusspunkt unter das erste Halbjahr 2009. Berichtet wurde, dass die US-Anbauflächen für Weizen, Mais und Sojabohnen allesamt höher eingestuft werden als im Prospective Plantings Bericht Ende März angenommen wurde (s.o.). Bei Sojabohnen gingen die Marktteilnehmer von einer Erhöhung der ursprünglichen USDA-Schätzung aus. Da die berichtete Fläche allerdings unter den Markerwartungen lag, fielen die Kursverluste Ende des zweiten Quartals 2009 deswegen nicht so harsch aus wie bei Weizen und Mais. Der Getreidebereich wies im ersten Halbjahr enorme Performanceunterschiede auf. Sojabohnen konnten ein Kursplus von mehr als 16% verbuchen, während Mais und Weizen mit jeweils -19% tief ins Minus fielen.

• Recht überzeugt sind wir davon, dass sich die unterschiedliche Performanceausprägung in der zweiten Jahreshälfte umkehren dürfte. Bei Sojabohnen und Sojabohnenmehl befinden sich die Terminkurven in Backwardation. Allein der Preisabschlag des November-Kontrakts 2009 zu dem in wenigen Tagen auslaufenden Juli-Kontrakt betrug bei Sojabohnen in der Spitze knapp 20%. Durch die vorteilhafte Terminstruktur angelockt, nahmen quantitativ orientierte, spekulative Marktteilnehmer (Non Commercials) hohe Netto-Long-Positionen in den Sojabohnenkontrakten (Sojabohnen, Sojabohnenmehl, Sojabohnenöl) auf.

Es ist bekannt, dass die Terminkurvensignale von Tiberius ebenfalls hoch gewichtet werden. In diesem Falle halten wir das vermeintlich positive Signal inzwischen jedoch für irreführend, da der US-Markt im kommenden Marketingjahr (2009/10) einen deutlichen Überschuss aufweisen sollte, der die Terminkurve stark verflachen dürfte. Eine Netto-Long-Position wurde bis Ende Mai auch bei Weizen und Mais aufgebaut, aber längst nicht in der Größenordnung wie bei Sojabohnen. Die Mais- und Weizenpreise begannen schon zwei Wochen vor dem Ackerflächenbericht des USDA zu fallen. In dieser Zeit wurde bereits die Hälfte der spekulativen Netto-Long-Position bei beiden Getreiden wieder veräußert. Mit dem Bericht des USDA setzte sich an den Märkten kurzzeitig die Meinung durch, dass die Ackerflächenausweitung negativ für Mais und Weizen und neutral bis positiv für Sojabohnen sei. Dadurch verstärkte sich der Verkaufsdruck bei den ersten beiden Getreiden, während bei Sojabohnen zuletzt immer noch eine sehr hohe spekulative Netto-Long-Position gehalten wurde.

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• In den nächsten Wochen dürfte sich dies ändern. Der Markt fokussiert sich unserer Ansicht nach viel zu stark auf das Thema der jetzt noch extrem knappen US-Stocks-to-Use-Ratio in Höhe von 3% (Tiberius Schätzung). Ausgeblendet wurde bisher weitgehend, dass im nächsten Marketingjahr 2009/10 lediglich der Sojabohnenmarkt in den USA und global einen deutlichen Überschuss aufweisen dürfte. Die durch Sonderfaktoren bedingte Mehrnachfrage nach US-Sojabohnen (chinesische Importe, Ernteausfälle in Argentinien) läuft bereits diesen Sommer aus. Mit der neuen Ernte (November-Kontrakt) werden reichlich Sojabohnen vorhanden sein. Die US-Stocks-to-Use-Ratio steigt nach unseren Schätzungen von 3,0% auf 11,6% an. Ganz anders dürfte sich hingegen die Tendenz bei Mais entwickeln, dessen US-Stocks-to-Use-Ratio aufgrund der im Energy Act verankerten stetig zunehmenden US-Ethanolnachfrage von 14,5% auf 13,4% sinken dürfte. Bei Weizen erwarten wir auf US-Ebene ebenfalls einen Rückgang der Stocks-to-Use-Ratio von 28,6% auf 25,4%.

• In den monatlich veröffentlichten USDA-Berichten zur Einschätzung der globalen Angebots- und Nachfrageentwicklung im Agrarbereich (WASDE Reports) werden die preisinduzierten Substitutionseffekte immer erst sehr spät in die Schätzungen aufgenommen. Unter den Futtermitteln befindet sich Sojabohnenmehl gegenwärtig auf einem extrem hohen Preisniveau. Weizen- und Maispreise sind hingegen relativ zurückgeblieben. Verschiebungen hinsichtlich der Nachfrage dürften deshalb in den kommenden Monaten durch das USDA vorgenommen werden.

Wir haben trotz der extremen Preisspreads Substitutionseffekte nur zu einem geringen Teil in unsere Schätzungen eingearbeitet. Als zusätzlicher negativer Faktor dürfte den Sojabohnenmarkt belasten, dass es sich bei den Ende Juni berichteten Anbauflächen nicht um das endgültige Resultat handelt. Dieser Bericht bezieht sich auf Befragungen von Bauern innerhalb der ersten beiden Juniwochen, als die Ausbringung des Saatgutes noch nicht abgeschlossen war. Ein verspäteter Verlauf der Saatgutausbringung bewirkt traditionell gegen Ende des Zeitfensters für Mais eine Verschiebung von Maisfläche zu Sojabohnen. Somit könnte die US-Ackerfläche für Sojabohnen letztendlich noch etwas höher als bisher eingestuft ausfallen.

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© Tiberius Rohstoff-Research
Stuttgart, den 10.07.2009
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