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Rohstoffe kompakt Agrar: Ausblick 2012: Makrodaten dürften Gesamtbild prägen

27.12.2011  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Zucker

Seit Jahresbeginn 2011 haben die Preise für Rohzucker unter starken Schwankungen um 25% nachgegeben. Allerdings erwarten wir eine Stabilisierung, wenn nicht noch weitere negative makroökonomische Einflüsse wirken. Denn die Nachrichten über ein weltweit hohes Produktionsvolumen und Schätzungen eines globalen Angebotsüberschusses von 4 bis 8 Mio. Tonnen im Erntejahr 2011/12 sind unseres Erachtens eingepreist. So sind die spekulativen Netto-Long-Positionen auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren gesunken (Grafik 19, Seite 9)

Zunehmend wird relevant, welche Aussichten insbesondere für die nächste brasilianische Ernte bestehen. Gerade ist die zu 2011/12 zählende und im April begonnene Ernte- und Verarbeitungssaison quasi beendet. Dabei lag in der Hauptregion Center-South, welche 90% der Gesamterntemenge Brasiliens ausmacht, bis Ende November die Zuckerrohrmenge mit 488 Mio. Tonnen 10% unter dem Vorjahr. Die Zuckerproduktion schätzt die Zuckerindustrievereinigung UNICA nach mehrfachen Abwärtsrevisionen auf 31 Mio. Tonnen.

2010/11 war in Center-South eine Rekordernte von 557 Mio. Tonnen Zuckerrohr erzielt und daraus 33,5 Mio. Tonnen Zucker produziert worden. Bereits bei der letzten Ernte war die Produktivität wegen veralteter Plantagen rückläufig gewesen. Derzeit werden Plantagen erneuert, wobei fraglich ist, wie viel daraus bereits in der nächsten Saison geerntet werden kann. Bisher liegen die Schätzungen für die nächste Ernte in Center-South bei 500-530 Mio. Tonnen. Diese Ausfälle werden durch Produktionssteigerungen anderswo ausgeglichen (Grafik 6).

So scheinen in Thailand scheinen die Überschwemmungen keine größeren Schäden in den Zuckerrohrplantagen angerichtet zu haben. Das Sugar and Cane Board sah sich daher dazu veranlasst, seine Produktionserwartung für Zucker für das begonnene Verarbeitungsjahr 2011/12 auf bis 10 Mio. Tonnen und damit einem Rekordniveau zu taxieren. Auch hohe Ernten aus Russland und der EU könnten 2012 preisdämpfend wirken. Bei der letzten Ernte hat Russland mit bisher 3,5 Mio. Tonnen einen Landesrekord aufgestellt. Für die Verarbeitungssaison bis Februar 2012 werden insgesamt 5,2 Mio. Tonnen erwartet, was den heimischen Bedarf zu einem großen Teil decken könnte und somit den Importbedarf mindert.

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Angesichts über die letzte Dekade deutlich gestiegener Produktionskosten in Brasilien (Grafik 7, Seite 4) und der alternativen Verwendung von Zuckerrohr zur Ethanolherstellung dürfte der Zuckerpreis nach unten gut abgesichert sein. Dies zeigt auch die Terminkurve, welche langfristig den Zuckerpreis oberhalb der Marke von 20 US-Cents je Pfund sieht.

Gleichzeitig erwartet die ISO einen durchschnittlichen jährlichen Nachfrageanstieg von gut 2% auf 201 Mio. Tonnen in 2020 und rechnet für die nächsten zwei bis drei Jahre mit Rohzuckerpreisen oberhalb von 21 US-Cents je Pfund. Wir rechnen damit, dass sich der Zuckerpreis über längere Zeit in der Spanne von 23-25 US-Cent je Pfund halten wird, wobei kurzfristige Ausreißer in beide Richtungen nicht auszuschließen sind. Er dürfte saisonal aber leicht absinken, wenn sich die optimistischen Schätzungen für die brasilianische Ernte ab dem Frühjahr bewahrheiten.


Kakao

Kakao ist im Preis seit seiner durch die politischen Unruhen im Hauptanbauland Elfenbeinküste bedingten Rallye zu Jahresbeginn mit einem Minus von 45% seit dem im März bei 3.800 USD je Tonne verzeichneten 32-Jahreshoch tief gestürzt und notierte zeitweise bei weniger als 2000 USD je Tonne auf einem 3-Jahres-Tief. Inzwischen ist klar, dass die Sorgen vor Angebotsverknappungen unbegründet waren. Vielmehr wurde in der Elfenbeinküste eine Rekordernte von 1,5 Mio. Tonnen eingebracht, ebenso im Nachbarland Ghana. Mehrfach wurden daher die Überschuss-Schätzungen für die Saison 2010/11 von der Internationalen Kakaoorganisation ICCO angehoben, zuletzt auf rekordhohe 341 Tsd. Tonnen (Grafik 8).

Das Lager-Verbrauchs-Verhältnis soll daher trotz steigender Nachfrage auf ein 5-Jahres-Hoch steigen. Auch wenn noch keine offiziellen Schätzungen der ICCO für 2011/12 vorliegen, lassen Äußerungen ivorischer Regierungsberater eine ähnlich hohe Produktion erwarten. Die ICCO deutet bisher an, mit einer in etwa ausgeglichene Marktbilanz in der bis 30. September 2012 laufenden Saison zu rechnen.

Das unerwartete Wiedererstarken von La Niña bis deutlich ins Jahr 2012 hinein könnte sich tatsächlich als vorteilhaft für die Produktion in Westafrika erweisen. Dadurch könnte eine weitere sehr gute Saison, wenn auch möglicherweise nicht so ‚perfekt’ wie in 2010/11, resultieren. Nach geschätzten rekordhohen 4,2 Mio. Tonnen in 2010/11 könnten weltweit in 2011/12 gut 4,1 Mio. Tonnen erreicht werden, auch wenn Indonesien möglicherweise negativ durch die Verlängerung von La Niña betroffen sein könnte.

Damit dürfte nach dem Überschussjahr 2010/11 nochmals ein zumindest kleines Plus zu Buche schlagen trotz robuster, wenn auch nicht mehr ganz so stark steigender Verarbeitungszahlen wie im Jahr 2011 (Grafik 9). Dies sollte die Preisentwicklung weiterhin dämpfen, auch wenn die bereits stark gesunkenen Preise ab einem gewissen Punkt eine Nachfragesubstitution von anderen Pflanzenölen durch Kakaofette möglich machen.

Die spekulativen Finanzanleger setzen weiterhin mehrheitlich auf fallende Preise. Zuletzt wurden die Netto-Short-Positionen sogar noch weiter ausgebaut. Dies könnte zu einem Preisanstieg führen, sobald die Short-Positionen geschlossen werden. Alles in allem dürfte der Kakaopreis trotz steigender Nachfrage angesichts hoher Angebotsmengen nach oben aber nur begrenzten Raum haben. Wir erwarten daher lediglich einen geringfügigen Anstieg der Kakaopreise auf 2500 USD je Tonne bis Ende 2012.

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Kakaobutter-Preis-Relation

Erstmals seit vielen Jahren ist der Preis von Kakaobutter in Relation zum Preis von Kakao auf weniger als 1 gefallen, was von der Internationalen Kakaoorganisation auf hohe Bestände an Kakaobutter in Europa und den USA zurückgeführt wird. Zudem entwickelt sich die Nachfrage in den Industriestaaten nach Schokowaren mit hohem Kakaobutteranteil relativ schwächer als die internationale Nachfrage nach Kakaopulver.

Vor allem in den Emerging Markets steigt die Nachfrage nach Kakaopulver, das in Backwaren, Cerealien (z.B. Schoko-Frühstücksflocken) und Eis verwendet wird und das aufgrund des gegenüber Kakaobutter niedrigeren Kakaogehalts weniger sensibel auf die Kakaopreise reagiert. Die sogenannte „Combined Ratio“, die Summe aus relativem Preis von Kakaobutter zu Kakaobohnen und dem relativen Preis von Kakaopulver zu Kakaobohnen, d.h. dem jeweiligen Output- zu Inputpreis, liegt aber noch immer über 3,2. Dies gilt als Schwellenwert für die Profitabilität der Kakaoverarbeitung.




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