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Genussmittel: Druck auf Preise von unterschiedlichen Seiten

30.06.2017  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Auch bei Arabica haben die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer ihre Netto-Positionen Ende April in den negativen Bereich gedreht, setzen inzwischen also mehrheitlich auf fallende Preise (Grafik 10). Die ICO hat schon in ihrem April-Bericht diese starken Umschichtungen als einen wichtigen Grund für den Preisrückgang hervorgehoben. Sollte es hier zu Shorteindeckungen kommen, würde dies den Arabica-Preisen Auftrieb geben.

Die Perspektive eines weiteren Defizits am Kaffeemarkt dürfte die Preise zwar stützen, angesichts des schwachen Real und der bereits jetzt hohen Erwartungen an die brasilianische Ernte 2018/19 bleibt der Spielraum aber begrenzt. Für das vierte Quartal 2017 erwarten wir einen Arabica-Preis von 140 US-Cents je Pfund. Bei Robusta-Kaffee erwarten wir bis zum Jahresende nur noch ein kleines Preisplus vom aktuellen Niveau auf 2.100 US-Dollar je Tonne. Die Aussicht auf eine wieder höhere brasilianische Ernte sollte die Kaffeepreise im nächsten Jahr moderat fallen lassen.


Kakao:

Seit Jahresbeginn bewegten sich die Kakaopreise unter starken Schwankungen nach unten. Die Preisspitze Mitte März ging auf Sorgen vor einem Trockenheit nach Westafrika bringenden El-Niño-Wetterphänomen zurück, die aber bald wieder relativiert wurden. Die Aussicht auf ein hohen Überschuss am Kakaomarkt 2016/17 drückte dann rasch wieder auf den Preis und Anfang Mai schloss dieser erstmals seit Sommer 2007 unter 1.800 USD je Tonne.

Der Mitte 2016 begonnene Preisverfall am Kakaomarkt hatte die Regierung in der Elfenbeinküste zu unpopulären Maßnahmen gezwungen. Während der Haupternte wurden die Einbußen noch durch einen Stabilisierungsfonds abgedeckt, für die Zwischenernte dann aber die Auszahlungspreise für die Produzenten um 36% gesenkt. Da die Vermarktung von Kakao am internationalen Markt bei den niedrigen Weltmarktpreisen weniger lukrativ ist, kommen Berichten zufolge zudem in einigen Gegenden Aufkäufer offenbar nun seltener als sonst, um Ware aufzukaufen.

Die lokalen Produzenten akzeptieren daher zum Teil sogar noch deutlich unter den offiziellen Mindestpreisen liegende Preise, um ihre Bohnen überhaupt absetzen zu können und sie nicht vor Ort verderben lassen zu müssen. Die notwendigen Einsparungen im Staatshaushalt führten zu Konflikten auch mit dem Militär. Diese resultierten Mitte Mai in gewalttätigen Unruhen, in deren Zuge die Kakaopreise aus Sorge um Anlieferprobleme wieder anzogen, doch nur, um bei Beruhigung der Lage wieder nachzugeben. Nach einer kurzen Erholung ist der Preis auch zuletzt wieder unter 1.850 USD je Tonne gefallen.

Was die fundamentale Lage am Kakaomarkt angeht, dürfte es mittelfristig bei einem gedämpften Preisausblick bleiben, nachdem sich die Sorgen um El-Niño gelegt haben. Denn in den wichtigsten Produzentenländern Elfenbeinküste und Ghana scheinen sich die hohen Erwartungen an die Ernte 2016/17 zu bestätigen, nachdem insbesondere die Harmattan-Winde in dieser Saison milder und die Feuchtigkeitsversorgung insgesamt besser als in den beiden Vorjahren waren. In der Elfenbeinküste wurden seit Saisonbeginn im letzten Oktober 23% mehr Kakaobohnen in die Häfen angeliefert als im entsprechenden Vorjahreszeitraum (Grafik 7).

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Auch in Ghana sollen bereits jetzt deutlich mehr Bohnen angeliefert worden sein als jeweils in der gesamten, bis September laufenden Saison 2014/15 und 2015/16. Entsprechend prognostiziert die ICCO in ihrem aktuellen Quartalsbericht für die Elfenbeinküste 1,98 Mio. Tonnen und für Ghana 950 Tsd. Tonnen und damit massive Anstiege um 25% bzw. 22% gegenüber der Saison 2015/16. Auch in Ecuador, Kamerun und Brasilien steigt die Produktion. Lediglich in Indonesien ist es noch immer zu trocken, was die ICCO zu einer kleinen Abwärtskorrektur ihrer Ernteerwartungen für das Land veranlasste.

Weltweit betrachtet hat die ICCO ihre Ernteerwartung für 2016/17 entsprechend angehoben, so dass das Plus gegenüber der letzten Saison nun beachtliche 18% betragen soll. Dies resultiert auch in einer höheren Überschusserwartung für die Saison 2016/17 von 382 Tsd. Tonnen nach 264 Tsd. Tonnen im letzten Quartalsbericht (Grafik 8). Das wäre nochmals höher als der letzte hohe Überschuss aus dem Jahr 2010/11 und ein neuer Rekord.

Das Angebotsdefizit von 2015/16, das die ICCO zuletzt nochmals marginal auf 197 Tsd. Tonnen erhöhte, spielt in diesem Umfeld kaum eine Rolle mehr, zumal einige Beobachter sich bereits mit der Erwartung eines weiteren, wenn auch niedrigeren Überschusses 2017/18 zu Wort melden.

Das Nachfrageplus 2016/17 von gut 3% basiert weitgehend auf der Erwartung eines Anstiegs in Asien um über 6%. Die Nachfragedaten hatten in den letzten Quartalen enttäuscht - kein Wunder bei den über weite Strecken von 2016 hohen Preisen. Einzig in Asien war im Kalenderjahr 2016 der Anstieg mit 9% gewaltig. In Europa dagegen sank die Verarbeitung im vierten Quartal, für das Gesamtjahr ergab sich daher nur ein Plus von 1,5%. In Nordamerika stagnierte die Verarbeitung 2016 sogar.

Im ersten Quartal 2017 hat die Verarbeitung gegenüber dem Vorjahr aber wieder angezogen (Grafik 9). Die Verarbeitung in der Elfenbeinküste und in Ghana soll 2016/17 um 12% bzw. 9% steigen. Politiker der beiden größten Kakaoproduzentenländer wollen verstärkt Verarbeitungskapazitäten in der Region schaffen. Ziel ist es, die Abhängigkeit von Preisschwankungen auf dem Weltmarkt zu reduzieren und die Wertschöpfung im Land zu behalten. Dies dürfte allerdings zu einer Verdrängung der Verarbeitung andernorts führen.

Die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer setzen seit Dezember mehrheitlich auf fallende Kakaopreise. Über viele Wochen wurden diese Netto-Short-Positionen bis Anfang Mai auf einen Rekord ausgebaut, dann allerdings kehrte sich der Trend um und zuletzt liegen die Netto-Short-Positionen auf etwas niedrigerem Niveau (Grafik 12).

Das nahm Druck von den Kakaopreisen. Wir erwarten auch nicht, dass sich der Preisverfall fortsetzt. Vielmehr rechnen wir mit einer Stabilisierung und einem mittelfristigen Preisanstieg, nicht zuletzt, weil wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt skeptisch sind, dass die Sorge der ICCO vor einer Periode struktureller Überschüsse am Kakaomarkt berechtigt ist.

Das niedrige Preisniveau könnte das Angebot dämpfen, weil die Anbauer weniger Geld für die Pflege ihrer Plantagen zur Verfügung haben. Zudem könnte die preissensitive Nachfrage positiv überraschen, wie sie zuvor durch das hohe Preisniveau gebremst wurde. Für das vierte Quartal 2017 erwarten wir einen Kakaopreis von 2.000 USD je Tonne. Im kommenden Jahr sollte sich der Kakaopreis weiter moderat erholen.



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