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Genussmittel: Druck auf Preise von unterschiedlichen Seiten

30.06.2017  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Aufgrund der sich abzeichnenden deutlichen Ausweitung des Angebots in nahezu allen wichtigen Produzentenländern ist eine verbesserte Versorgung mit Zucker und ein beträchtlicher Angebotsüberschuss wahrscheinlich. Dafür spricht auch der gedämpfte Ausblick bei der Nachfrage, wo angesichts immer weiter um sich greifender Politiken zugunsten einer zuckerreduzierten Ernährung - sei es über Informationskampagnen, Kennzeichnungspflichten oder Zuckersteuern - die Fantasie für eine hohe Dynamik fehlt.

Die Analysten von Kingsman etwa erwarten für 2017/18 mit nur 1% das niedrigste Wachstum der weltweiten Zuckernachfrage seit 7 Jahren. Für die Zuckerpreise verheißen diese Aussichten nichts Gutes. Die hohen spekulativen Netto-Short-Positionen sprechen dafür, dass vieles an preisbelastenden Nachrichten mittlerweile bereits eingepreist ist. Zudem könnten die brasilianischen Produzenten bei einem weiteren Preisrückgang mit einer Umschichtung zugunsten der Ethanolproduktion reagieren.

Der staatliche Energiekonzern Petrobras hat diese Möglichkeit durch seine zweimalige Senkung der Benzinpreise, die auch die konkurrierenden Ethanolpreise drückt, allerdings konterkariert. Wir halten den Zuckerpreisrückgang mittlerweile für übertrieben und erwarten eine Erholung auf ein leicht höheres Niveau. Für das vierte Quartal 2017 erwarten wir einen Rohzuckerpreis von 14 US-Cents je Pfund und im nächsten Jahr eine weitere moderate Erholung auf durchschnittlich 14,5 US-Cents je Pfund.


Kaffee:

Nach einem monatelangen beeindruckenden Preisanstieg von wenig über 110 auf über 170 USCents je Pfund - brach der Arabica-Preis ab November 2016 um bis zu ein Drittel ein - ein wichtiger Faktor auch hier die Schwäche des Brasilianischen Real. Zu Jahresbeginn 2017 konnte er sich zwar etwas erholen, seither gab er aber wieder nach und notiert derzeit bei rund 125 US-Cents je Pfund auf dem niedrigsten Niveau seit über einem Jahr - begleitet von einem kräftigen Aufbau von Netto-Short-Positionen durch die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer.

Auch der Robusta-Preis hat in den letzten Monaten nach der Rally im vergangenen Jahr stark Federn lassen müssen, ist zuletzt aber wieder auf knapp 2.100 USD je Tonne gestiegen. Es wird berichtet, dass vietnamesische Exporteure zunehmend Schwierigkeiten haben, sich vor der im Oktober startenden neuen Ernte ausreichend alte Ware zu beziehen, um ihre Verträge erfüllen zu können. Der Robustapreis liegt damit noch immer etwa ein Viertel über Vorjahr.

Als Resultat dieser gegenläufigen Preisentwicklungen fiel die Prämie von Arabica-Kaffee zu Robusta-Kaffee Ende Juni zwischenzeitlich auf den niedrigsten Stand seit 2008. Dies ist der unterschiedlichen Angebotsentwicklung beider Kaffeesorten geschuldet.

Die Arabica-Ernte in Brasilien verzeichnete im Vorjahr ein Rekordniveau von 43,4 Mio. Sack. Die Ernte 2017/18 ist im April angelaufen. Häufiger Regen erfordert bisher vielfach eine aufwendigere Trocknung der Bohnen. Die Prognosebehörde Conab erwartet für die Arabica-Produktion im aktuellen Niedrigertragsjahr im zweijährigen Zyklus einen deutlichen Rückgang auf 35,4 Mio. Sack (Grafik 5). Andere Beobachter sind zwar optimistischer, weisen allerdings generell höhere Werte aus als Conab, das regelmäßig am unteren Ende der Angaben zur brasilianischen Kaffeeernte liegt.

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In Kolumbien hat sich die Ernte in den letzten Jahren nach der Krise durch die Pflanzenkrankheit Roya erholt und für die nächsten 5 Jahre erwartet der Produzentenverband des Landes einen weiteren Anstieg der Produktion um 18% auf 16,5 Mio. Sack Arabica-Kaffee, nachdem neue Plantagen erntereif werden - so viel wie nie seit dem positiven Ausreißerjahr 1991/92. Noch ist es aber nicht soweit, denn angesichts der zuletzt enttäuschenden Produktionszahlen nach übermäßigem Regen dürfte die aktuelle Produktion wohl nur auf dem Vorjahresniveau von 14 Mio. Sack stagnieren.

Insbesondere wegen magerer Robusta-Ernten in Brasilien war die Bilanz am globalen Kaffeemarkt nach 2014/15 auch 2015/16 defizitär und dürfte dies auch 2016/17 wieder sein. Die ICO beziffert die Defizite der Jahre 2014/15 bis 2016/17 am globalen Kaffeemarkt auf 3,1 Mio., 4,3 Mio. und 3,5 Mio. Sack. Auch 2017/18 dürfte es zu einem Defizit am Kaffeemarkt kommen. Denn während das weltweite Angebot v.a. wegen des Rückgangs an Arabica-Kaffee aus Brasilien sogar leicht rückläufig sein könnte, dürfte die Nachfrage weiter steigen.

Diesmal dürfte es allerdings nicht an Robusta liegen: Die Robusta-Produktion in Brasilien soll 2017/18 nämlich deutlich besser sein - laut der brasilianischen Prognosebehörde Conab dürfte sie von 8 Mio. Sack auf 10,1 Mio. Sack steigen - im historischen Vergleich zwar noch immer recht mager, aber nach zwei Jahren trockenheitsbedingt sehr schlechter Ernten immerhin ein wichtiger Schritt in Richtung "Normalität".

Für Vietnam, den größten Anbieter von Robusta-Kaffee, rechnet die dortige - notorisch recht pessimistische - Produzentenvereinigung Vicofa mit einer gegenüber dem Vorjahr - zuletzt waren es rund 25 Mio. Sack - leicht rückläufigen Produktion von 23,3 Mio. Sack, die Teilnehmer einer Bloomberg-Umfrage dagegen mit einem Anstieg auf 26,3 Mio. Sack, und vereinzelt stehen bis gut 28 Mio. Sack im Raum.

Die Lagerbestände in den Verbrauchsländern sind noch ausreichend hoch, um keine Versorgungsängste aufkommen zu lassen. Doch auch hier schmelzen die Bestände, und in den Produzentenländern waren die Bestände schon zu Beginn der laufenden Saison niedrig (Grafik 6). Dies scheint sich bereits bremsend auf die Exporte auszuwirken. Die ICO meldet für die ersten sieben Monate der Saison 2016/17 bis April 2017 bei beiden Kaffeearten zusammen zwar einen Exportzuwachs von 3,1% gegenüber dem Vorjahr, doch hat sich die Exporttätigkeit in den letzten Monaten merklich abgekühlt.

Auch wenn sich die zwischenzeitlichen Bedenken wegen möglicher Frostschäden in Brasilien und zu großer Trockenheit in Vietnam inzwischen gelegt haben, dürfte die Aussicht auf ein weiteres Defizit den Preisen einen Boden einziehen - zumal immer Risiken durch ungünstige Witterung bleiben.

Allerdings ist wie so oft auch der Wechselkurs von großer Bedeutung. So wie der Preis im November 2016 einbrach, nachdem der Brasilianische Real im Zuge der US-Wahl gegenüber dem US-Dollar stark abwertete, können bei den vielfältigen politischen Unsicherheiten in Brasilien und auch den USA immer wieder Verwerfungen im Wechselkurs zwischen diesen Währungen die Preisbewegung bei Kaffee stark beeinflussen. Bis Jahresende und auch 2018 erwarten unsere Währungsanalysten im Trend eine weitere Abwertung des Real, so dass von dieser Seite weiterhin Druck auf die Kaffeepreise ausgehen dürfte.

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