Genussmittel: Druck auf Preise von unterschiedlichen Seiten
30.06.2017 | Eugen Weinberg (Commerzbank)
Das von der Internationalen Zuckerorganisation für 2017/18 in Aussicht gestellte Ende der Defizitphase drückt auf den Zuckerpreis. Abgeschmolzene Lagerbestände nach zwei Jahren mit hohen Defiziten dürften aber einem weiteren Preisrückgang entgegenstehen. Noch mehr gilt dies für den Kaffeemarkt, wo 2017/18 wohl das vierte Defizit in Folge ins Haus steht.
Bei beiden Produkten hat aber auch der Dollar-Real-Wechselkurs einen großen - anders als im Winter zuletzt wieder preisdämpfenden - Einfluss. Und dies dürfte sich noch fortsetzen. In der aktuellen Saison 2016/17 entspannt sich die Versorgungslage am Kakaomarkt merklich. Kurzzeitige Preissprünge waren weitgehend wetterbedingten Unsicherheiten sowie politischen Unruhen geschuldet. Preise wie noch im Sommer 2016 dürften auch in den nächsten Monaten in weiter Ferne bleiben.
Zucker:
Der Zuckerpreis, der sich innerhalb eines Jahres bis Spätsommer 2016 auf 24 US-Cents je Pfund mehr als verdoppelt hatte, ist zuletzt auf ein 16-Monatstief von knapp 13 USCents je Pfund abgesackt (Grafik 1). Die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer hielten im Mai erstmals seit fast zwei Jahren wieder Netto-Short-Positionen und bauen diese bis zuletzt weiter auf. Im Februar bestanden dagegen noch beträchtliche Netto-Long-Positionen.
Hauptgrund für den Stimmungswechsel ist die Aussicht auf eine Entspannung der Versorgungslage am Zuckermarkt in der Saison 2017/18, nachdem 2015/16 mit einem Defizit abschloss und dies auch für die noch laufende Saison 2016/17 erwartet wird (Grafik 2). Für beide Jahre werden die Defizite jeweils auf etwa 5 Mio. Tonnen taxiert - wobei die Angaben jeweils in einer weiten Spannbreite von 3 bis 8 Mio. Tonnen liegen. Dabei hat die Internationale Zuckerorganisation ISO ihre Angabe für 2016/17 zuletzt auf 6,5 Mio. Tonnen erhöht.
Zwar ist die Zuckerproduktion 2016/17 in vielen Regionen gestiegen, darunter in Brasiliens Hauptanbaugebiet Center-South (CS) um 14% auf die Rekordmenge von 35,6 Mio. Tonnen, in der EU um immerhin fast 2 Mio. auf knapp 17 Mio. Tonnen und in Thailand zumindest leicht auf 10 Mio. Tonnen. In Indien aber enttäuschte die Produktion mit nur 20 Mio. Tonnen nochmals. So ergab sich zwar weltweit ein Plus bei der Produktion, das aber wieder nicht ausreichte, um mit der Nachfrage Schritt zu halten. Das weltweite Lager-Verbrauchs-Verhältnis soll daher zum Ende der Saison 2016/17 auf den niedrigsten Stand seit 2010/11 fallen.
2017/18 soll nun aber die weltweite Zuckerproduktion stark steigen. Für Indien wird nach der letzten guten Monsunsaison mit 25 Mio. Tonnen gerechnet. Für die EU-Produktion nach dem Quotenende reichen die Erwartungen von 18 Mio. Tonnen bis vereinzelt an 20 Mio. Tonnen heran. In Deutschland etwa ist schon die Zuckerrübenfläche 21% größer als im Vorjahr, in Frankreich nach Erwartung des Agrarministeriums 17%. 
Auch in Russland dürfte die Zuckerrübenfläche rund 11% steigen, und bereits zuletzt war eine Rekordernte eingebracht worden. Und in Brasiliens CS dürfte die Produktion wohl wieder sehr hoch sein. Zwar ist die Saison langsamer als im Vorjahr angelaufen, doch geht die Zuckervereinigung UNICA für das Gesamtjahr von 35,2 Mio. Tonnen Zucker aus - also nur von einem marginalen Rückgang gegenüber dem rekordhohen Vorjahr (Grafik 3).
Dabei unterstellt sie zwar mit 585 Mio. Tonnen eine 4% niedrigere Zuckerrohrmenge, aber mit 47% einen nochmals marginal höheren Anteil, der davon der Zuckerproduktion zugeführt wird. Andere Beobachter hatten auch Schätzungen über 36 Mio. Tonnen Zucker und mehr abgegeben. In Thailand, dem zweitwichtigsten Zuckerexportland nach Brasilien, scheint bei den guten Regenfällen dieser Saison eine Produktion von 11 bis 11,5 Mio. Tonnen Zucker möglich, ein kräftiger Anstieg von den jeweils nur rund 10 Mio. Tonnen der beiden Vorjahre und im besten Fall ein neuer Rekord.
Derzeit liegen die Schätzungen für einen Überschuss am globalen Zuckermarkt in der Saison 2017/18 meist um 3 Mio. Tonnen - auf diese Höhe hat zuletzt auch die ISO ihr zuvor vage erwartetes "Ende der Defizitphase" konkretisiert. Allerdings gibt es auch weniger optimistische Stimmen.
Einige erwarten für 2017/18 sogar noch ein - wenn auch sehr kleines - Defizit, andere haben erst zuletzt ihre Prognosen in Richtung eines kleinen Überschusses geschwenkt. Der Markt hält diese Schätzungen offensichtlich für zu niedrig und geht von einem höheren Überschuss aus. Vorsichtig gibt die ISO auch bereits einen Ausblick auf 2018/19, in dem bei weiterhin hoher Produktion aus ihrer Sicht ein weiterer Überschuss möglich ist.
In der EU dürften die Lagerbestände nach dem schwachen Produktionsjahr 2015/16 und dem mittelmäßigen Jahr 2016/17 bei gleichzeitig deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibenden Importen auf ein Mehrjahrestief sinken. Der EU-Zuckerpreis hat sich in den 12 Monaten bis März 2017 - dies ist der letzte verfügbare Datenpunkt der EU-Kommission - entsprechend um 15% auf knapp 500 Euro je Tonne verteuert (Grafik 17).
Angesichts der hohen in Aussicht stehenden Produktion 2017 hat die EU-Kommission bisher aber auf Ad-hoc-Maßnahmen wie der Umwidmung von Industriezucker oder weiteren Zollreduktionen verzichtet, da sie keine akute Knappheit an Zucker in der EU sieht.
Eine große Bedeutung für den Zuckerpreis hat weiterhin der Wechselkurs zwischen dem Brasilianischem Real und US-Dollar. Dies wurde während der politischen Spannungen in Brasilien im Mai einmal mehr vor Augen geführt. Der dadurch ausgelöste Absturz des Real hatte die Preise in heimischer Währung erhöht, was die brasilianischen Produzenten zu Verkäufen animiert. Dies war mitverantwortlich dafür, dass der in Dollar notierte Zuckerpreis in New York zusätzlich unter Druck geriet (Grafik 4).
Bis Jahresende und auch 2018 erwarten unsere Währungsanalysten eine weitere leichte Abwertung des Real, so dass von dieser Seite weiter Gegenwind für den Zuckerpreis zu erwarten ist. Auch der seit Ende Mai deutlich gesunkene Ölpreis dürfte den Zuckerpreis zuletzt unter Druck gesetzt haben. Schließlich sinkt damit der Preis für das Konkurrenzprodukt Ethanol, so dass mehr Zuckerrohr zu Zucker verarbeitet werden dürfte. Da wir beim Ölpreis bis zum Jahresende mit keiner nennenswerten Erholung rechnen, bleibt dieser Belastungsfaktor zunächst bestehen.
Aufgrund der sich abzeichnenden deutlichen Ausweitung des Angebots in nahezu allen wichtigen Produzentenländern ist eine verbesserte Versorgung mit Zucker und ein beträchtlicher Angebotsüberschuss wahrscheinlich. Dafür spricht auch der gedämpfte Ausblick bei der Nachfrage, wo angesichts immer weiter um sich greifender Politiken zugunsten einer zuckerreduzierten Ernährung - sei es über Informationskampagnen, Kennzeichnungspflichten oder Zuckersteuern - die Fantasie für eine hohe Dynamik fehlt.
Die Analysten von Kingsman etwa erwarten für 2017/18 mit nur 1% das niedrigste Wachstum der weltweiten Zuckernachfrage seit 7 Jahren. Für die Zuckerpreise verheißen diese Aussichten nichts Gutes. Die hohen spekulativen Netto-Short-Positionen sprechen dafür, dass vieles an preisbelastenden Nachrichten mittlerweile bereits eingepreist ist. Zudem könnten die brasilianischen Produzenten bei einem weiteren Preisrückgang mit einer Umschichtung zugunsten der Ethanolproduktion reagieren.
Der staatliche Energiekonzern Petrobras hat diese Möglichkeit durch seine zweimalige Senkung der Benzinpreise, die auch die konkurrierenden Ethanolpreise drückt, allerdings konterkariert. Wir halten den Zuckerpreisrückgang mittlerweile für übertrieben und erwarten eine Erholung auf ein leicht höheres Niveau. Für das vierte Quartal 2017 erwarten wir einen Rohzuckerpreis von 14 US-Cents je Pfund und im nächsten Jahr eine weitere moderate Erholung auf durchschnittlich 14,5 US-Cents je Pfund.
Kaffee:
Nach einem monatelangen beeindruckenden Preisanstieg von wenig über 110 auf über 170 USCents je Pfund - brach der Arabica-Preis ab November 2016 um bis zu ein Drittel ein - ein wichtiger Faktor auch hier die Schwäche des Brasilianischen Real. Zu Jahresbeginn 2017 konnte er sich zwar etwas erholen, seither gab er aber wieder nach und notiert derzeit bei rund 125 US-Cents je Pfund auf dem niedrigsten Niveau seit über einem Jahr - begleitet von einem kräftigen Aufbau von Netto-Short-Positionen durch die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer.
Auch der Robusta-Preis hat in den letzten Monaten nach der Rally im vergangenen Jahr stark Federn lassen müssen, ist zuletzt aber wieder auf knapp 2.100 USD je Tonne gestiegen. Es wird berichtet, dass vietnamesische Exporteure zunehmend Schwierigkeiten haben, sich vor der im Oktober startenden neuen Ernte ausreichend alte Ware zu beziehen, um ihre Verträge erfüllen zu können. Der Robustapreis liegt damit noch immer etwa ein Viertel über Vorjahr.
Als Resultat dieser gegenläufigen Preisentwicklungen fiel die Prämie von Arabica-Kaffee zu Robusta-Kaffee Ende Juni zwischenzeitlich auf den niedrigsten Stand seit 2008. Dies ist der unterschiedlichen Angebotsentwicklung beider Kaffeesorten geschuldet.
Die Arabica-Ernte in Brasilien verzeichnete im Vorjahr ein Rekordniveau von 43,4 Mio. Sack. Die Ernte 2017/18 ist im April angelaufen. Häufiger Regen erfordert bisher vielfach eine aufwendigere Trocknung der Bohnen. Die Prognosebehörde Conab erwartet für die Arabica-Produktion im aktuellen Niedrigertragsjahr im zweijährigen Zyklus einen deutlichen Rückgang auf 35,4 Mio. Sack (Grafik 5). Andere Beobachter sind zwar optimistischer, weisen allerdings generell höhere Werte aus als Conab, das regelmäßig am unteren Ende der Angaben zur brasilianischen Kaffeeernte liegt.
In Kolumbien hat sich die Ernte in den letzten Jahren nach der Krise durch die Pflanzenkrankheit Roya erholt und für die nächsten 5 Jahre erwartet der Produzentenverband des Landes einen weiteren Anstieg der Produktion um 18% auf 16,5 Mio. Sack Arabica-Kaffee, nachdem neue Plantagen erntereif werden - so viel wie nie seit dem positiven Ausreißerjahr 1991/92. Noch ist es aber nicht soweit, denn angesichts der zuletzt enttäuschenden Produktionszahlen nach übermäßigem Regen dürfte die aktuelle Produktion wohl nur auf dem Vorjahresniveau von 14 Mio. Sack stagnieren.
Insbesondere wegen magerer Robusta-Ernten in Brasilien war die Bilanz am globalen Kaffeemarkt nach 2014/15 auch 2015/16 defizitär und dürfte dies auch 2016/17 wieder sein. Die ICO beziffert die Defizite der Jahre 2014/15 bis 2016/17 am globalen Kaffeemarkt auf 3,1 Mio., 4,3 Mio. und 3,5 Mio. Sack. Auch 2017/18 dürfte es zu einem Defizit am Kaffeemarkt kommen. Denn während das weltweite Angebot v.a. wegen des Rückgangs an Arabica-Kaffee aus Brasilien sogar leicht rückläufig sein könnte, dürfte die Nachfrage weiter steigen.
Diesmal dürfte es allerdings nicht an Robusta liegen: Die Robusta-Produktion in Brasilien soll 2017/18 nämlich deutlich besser sein - laut der brasilianischen Prognosebehörde Conab dürfte sie von 8 Mio. Sack auf 10,1 Mio. Sack steigen - im historischen Vergleich zwar noch immer recht mager, aber nach zwei Jahren trockenheitsbedingt sehr schlechter Ernten immerhin ein wichtiger Schritt in Richtung "Normalität".
Für Vietnam, den größten Anbieter von Robusta-Kaffee, rechnet die dortige - notorisch recht pessimistische - Produzentenvereinigung Vicofa mit einer gegenüber dem Vorjahr - zuletzt waren es rund 25 Mio. Sack - leicht rückläufigen Produktion von 23,3 Mio. Sack, die Teilnehmer einer Bloomberg-Umfrage dagegen mit einem Anstieg auf 26,3 Mio. Sack, und vereinzelt stehen bis gut 28 Mio. Sack im Raum.
Die Lagerbestände in den Verbrauchsländern sind noch ausreichend hoch, um keine Versorgungsängste aufkommen zu lassen. Doch auch hier schmelzen die Bestände, und in den Produzentenländern waren die Bestände schon zu Beginn der laufenden Saison niedrig (Grafik 6). Dies scheint sich bereits bremsend auf die Exporte auszuwirken. Die ICO meldet für die ersten sieben Monate der Saison 2016/17 bis April 2017 bei beiden Kaffeearten zusammen zwar einen Exportzuwachs von 3,1% gegenüber dem Vorjahr, doch hat sich die Exporttätigkeit in den letzten Monaten merklich abgekühlt.
Auch wenn sich die zwischenzeitlichen Bedenken wegen möglicher Frostschäden in Brasilien und zu großer Trockenheit in Vietnam inzwischen gelegt haben, dürfte die Aussicht auf ein weiteres Defizit den Preisen einen Boden einziehen - zumal immer Risiken durch ungünstige Witterung bleiben.
Allerdings ist wie so oft auch der Wechselkurs von großer Bedeutung. So wie der Preis im November 2016 einbrach, nachdem der Brasilianische Real im Zuge der US-Wahl gegenüber dem US-Dollar stark abwertete, können bei den vielfältigen politischen Unsicherheiten in Brasilien und auch den USA immer wieder Verwerfungen im Wechselkurs zwischen diesen Währungen die Preisbewegung bei Kaffee stark beeinflussen. Bis Jahresende und auch 2018 erwarten unsere Währungsanalysten im Trend eine weitere Abwertung des Real, so dass von dieser Seite weiterhin Druck auf die Kaffeepreise ausgehen dürfte.
Auch bei Arabica haben die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer ihre Netto-Positionen Ende April in den negativen Bereich gedreht, setzen inzwischen also mehrheitlich auf fallende Preise (Grafik 10). Die ICO hat schon in ihrem April-Bericht diese starken Umschichtungen als einen wichtigen Grund für den Preisrückgang hervorgehoben. Sollte es hier zu Shorteindeckungen kommen, würde dies den Arabica-Preisen Auftrieb geben.
Die Perspektive eines weiteren Defizits am Kaffeemarkt dürfte die Preise zwar stützen, angesichts des schwachen Real und der bereits jetzt hohen Erwartungen an die brasilianische Ernte 2018/19 bleibt der Spielraum aber begrenzt. Für das vierte Quartal 2017 erwarten wir einen Arabica-Preis von 140 US-Cents je Pfund. Bei Robusta-Kaffee erwarten wir bis zum Jahresende nur noch ein kleines Preisplus vom aktuellen Niveau auf 2.100 US-Dollar je Tonne. Die Aussicht auf eine wieder höhere brasilianische Ernte sollte die Kaffeepreise im nächsten Jahr moderat fallen lassen.
Kakao:
Seit Jahresbeginn bewegten sich die Kakaopreise unter starken Schwankungen nach unten. Die Preisspitze Mitte März ging auf Sorgen vor einem Trockenheit nach Westafrika bringenden El-Niño-Wetterphänomen zurück, die aber bald wieder relativiert wurden. Die Aussicht auf ein hohen Überschuss am Kakaomarkt 2016/17 drückte dann rasch wieder auf den Preis und Anfang Mai schloss dieser erstmals seit Sommer 2007 unter 1.800 USD je Tonne.
Der Mitte 2016 begonnene Preisverfall am Kakaomarkt hatte die Regierung in der Elfenbeinküste zu unpopulären Maßnahmen gezwungen. Während der Haupternte wurden die Einbußen noch durch einen Stabilisierungsfonds abgedeckt, für die Zwischenernte dann aber die Auszahlungspreise für die Produzenten um 36% gesenkt. Da die Vermarktung von Kakao am internationalen Markt bei den niedrigen Weltmarktpreisen weniger lukrativ ist, kommen Berichten zufolge zudem in einigen Gegenden Aufkäufer offenbar nun seltener als sonst, um Ware aufzukaufen.
Die lokalen Produzenten akzeptieren daher zum Teil sogar noch deutlich unter den offiziellen Mindestpreisen liegende Preise, um ihre Bohnen überhaupt absetzen zu können und sie nicht vor Ort verderben lassen zu müssen. Die notwendigen Einsparungen im Staatshaushalt führten zu Konflikten auch mit dem Militär. Diese resultierten Mitte Mai in gewalttätigen Unruhen, in deren Zuge die Kakaopreise aus Sorge um Anlieferprobleme wieder anzogen, doch nur, um bei Beruhigung der Lage wieder nachzugeben. Nach einer kurzen Erholung ist der Preis auch zuletzt wieder unter 1.850 USD je Tonne gefallen.
Was die fundamentale Lage am Kakaomarkt angeht, dürfte es mittelfristig bei einem gedämpften Preisausblick bleiben, nachdem sich die Sorgen um El-Niño gelegt haben. Denn in den wichtigsten Produzentenländern Elfenbeinküste und Ghana scheinen sich die hohen Erwartungen an die Ernte 2016/17 zu bestätigen, nachdem insbesondere die Harmattan-Winde in dieser Saison milder und die Feuchtigkeitsversorgung insgesamt besser als in den beiden Vorjahren waren. In der Elfenbeinküste wurden seit Saisonbeginn im letzten Oktober 23% mehr Kakaobohnen in die Häfen angeliefert als im entsprechenden Vorjahreszeitraum (Grafik 7).
Auch in Ghana sollen bereits jetzt deutlich mehr Bohnen angeliefert worden sein als jeweils in der gesamten, bis September laufenden Saison 2014/15 und 2015/16. Entsprechend prognostiziert die ICCO in ihrem aktuellen Quartalsbericht für die Elfenbeinküste 1,98 Mio. Tonnen und für Ghana 950 Tsd. Tonnen und damit massive Anstiege um 25% bzw. 22% gegenüber der Saison 2015/16. Auch in Ecuador, Kamerun und Brasilien steigt die Produktion. Lediglich in Indonesien ist es noch immer zu trocken, was die ICCO zu einer kleinen Abwärtskorrektur ihrer Ernteerwartungen für das Land veranlasste.
Weltweit betrachtet hat die ICCO ihre Ernteerwartung für 2016/17 entsprechend angehoben, so dass das Plus gegenüber der letzten Saison nun beachtliche 18% betragen soll. Dies resultiert auch in einer höheren Überschusserwartung für die Saison 2016/17 von 382 Tsd. Tonnen nach 264 Tsd. Tonnen im letzten Quartalsbericht (Grafik 8). Das wäre nochmals höher als der letzte hohe Überschuss aus dem Jahr 2010/11 und ein neuer Rekord.
Das Angebotsdefizit von 2015/16, das die ICCO zuletzt nochmals marginal auf 197 Tsd. Tonnen erhöhte, spielt in diesem Umfeld kaum eine Rolle mehr, zumal einige Beobachter sich bereits mit der Erwartung eines weiteren, wenn auch niedrigeren Überschusses 2017/18 zu Wort melden.
Das Nachfrageplus 2016/17 von gut 3% basiert weitgehend auf der Erwartung eines Anstiegs in Asien um über 6%. Die Nachfragedaten hatten in den letzten Quartalen enttäuscht - kein Wunder bei den über weite Strecken von 2016 hohen Preisen. Einzig in Asien war im Kalenderjahr 2016 der Anstieg mit 9% gewaltig. In Europa dagegen sank die Verarbeitung im vierten Quartal, für das Gesamtjahr ergab sich daher nur ein Plus von 1,5%. In Nordamerika stagnierte die Verarbeitung 2016 sogar.
Im ersten Quartal 2017 hat die Verarbeitung gegenüber dem Vorjahr aber wieder angezogen (Grafik 9). Die Verarbeitung in der Elfenbeinküste und in Ghana soll 2016/17 um 12% bzw. 9% steigen. Politiker der beiden größten Kakaoproduzentenländer wollen verstärkt Verarbeitungskapazitäten in der Region schaffen. Ziel ist es, die Abhängigkeit von Preisschwankungen auf dem Weltmarkt zu reduzieren und die Wertschöpfung im Land zu behalten. Dies dürfte allerdings zu einer Verdrängung der Verarbeitung andernorts führen.
Die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer setzen seit Dezember mehrheitlich auf fallende Kakaopreise. Über viele Wochen wurden diese Netto-Short-Positionen bis Anfang Mai auf einen Rekord ausgebaut, dann allerdings kehrte sich der Trend um und zuletzt liegen die Netto-Short-Positionen auf etwas niedrigerem Niveau (Grafik 12).
Das nahm Druck von den Kakaopreisen. Wir erwarten auch nicht, dass sich der Preisverfall fortsetzt. Vielmehr rechnen wir mit einer Stabilisierung und einem mittelfristigen Preisanstieg, nicht zuletzt, weil wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt skeptisch sind, dass die Sorge der ICCO vor einer Periode struktureller Überschüsse am Kakaomarkt berechtigt ist.
Das niedrige Preisniveau könnte das Angebot dämpfen, weil die Anbauer weniger Geld für die Pflege ihrer Plantagen zur Verfügung haben. Zudem könnte die preissensitive Nachfrage positiv überraschen, wie sie zuvor durch das hohe Preisniveau gebremst wurde. Für das vierte Quartal 2017 erwarten wir einen Kakaopreis von 2.000 USD je Tonne. Im kommenden Jahr sollte sich der Kakaopreis weiter moderat erholen.
Auf einen Blick






© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG
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