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EU-Zuckermarkt: Zuckersüße Preise vor Quotenende

15.12.2016  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Entsprechend hat auch die EU-Kommission auf ihrer letzte Woche in Brüssel stattfindenden Prognosekonferenz verdeutlicht, dass der Auftrieb des EU-Zuckerpreises aus ihrer Sicht nicht dauerhaft sein wird. Vielmehr rechnet sie damit, dass der EU-interne Zuckerpreis über die nächsten beiden Jahre auf 400 EUR je Tonne sinkt und dort über den Prognosehorizont bis 2026 verharrt (Grafik 4).

Für den Weißzucker-Weltmarktpreis wird dabei ein wieder niedrigeres Niveau von 350 EUR je Tonne über den Großteil des Prognosehorizonts unterstellt. Aufgrund des bestehen bleibenden, durch Importzölle und zollreduzierte Quoten gekennzeichneten Außenhandelsregimes bleibt eine Differenz zwischen dem EU- und dem Weltmarktpreis bestehen.

Als wichtiger Aspekt für die künftig wieder niedriger unterstellten Preise auf dem Weltmarkt wird von der Kommission eine von ihr erwartete weitere deutliche Abwertung des Brasilianischen Real herausgestellt. Diese soll zu einem nochmaligen starken Anstieg der Zuckerpreise innerhalb Brasiliens führen - mit entsprechenden Anreizen für eine Produktionsausdehnung in diesem weltgrößten Produzentenland.

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In der kommenden Saison, also der ersten nach Quotenende, soll die EU-Zuckerproduktion laut EU-Kommission gegenüber dem 5-Jahresdurchschnitt um 11% auf rund 19,5 Mio. Tonnen steigen. Mit einem Anstieg in dieser Größenordnung rechnen auch viele andere Beobachter. 2018/19 soll die Produktion laut EU-Kommission angesichts sinkender Preise aber - zunächst sehr leicht - rückläufig sein und sich ab 2019/20 auf einem gegenüber dem 5-Jahresdurchschnitt nur 6% erhöhten Niveau einpendeln (Grafik 5).

Bei dem prognostizierten Zuckerpreis soll es der meist aus Mais hergestellten Isoglukose, die vor allem in der Getränkeindustrie Verwendung findet, nicht gelingen, ihren Marktanteil von heute rund 4% auf über 9% am Konsum von Süßungsmitteln hinaus auszudehnen. Damit ist die Kommission nun kritischer als im Vorjahr, als sie mittelfristig einen Marktanteil von 11% prognostizierte. Allerdings soll die Produktion nach dem Ende der zeitgleich mit der Zuckerquote fallenden Isoglukosequote auf 1,9 Mio. Tonnen steigen. Bisher beträgt die Produktion quotenbedingt nur rund 720 Tsd. Tonnen.

Die Verwendung von Zucker zur Produktion von Ethanol wird wohl durch eine nur wenig dynamische Nachfrage begrenzt. Auch die Kommission schließt sich der vielfach geäußerten Erwartung an, dass die Zuckerimporte in die EU bei der Annäherung der EU- und Weltmarktpreise künftig wenig attraktiv und insbesondere die nicht zollbefreiten Einfuhren rückläufig sein werden.

Auf der Exportseite dagegen wird mit einem Anstieg um über 2 Mio. Tonnen gerechnet, da mit der Zuckerquote auch die Exportbeschränkung im Rahmen der WTO fällt. Diese beschränkt bisher die EU-Zuckerausfuhren auf jährlich knapp 1,4 Mio. Tonnen. Die EU wird damit also zum Status eines Nettoexporteurs zurückkehren, den sie vor der Reform 2006 innehatte.

Die Prognosen der EU-Kommission ähneln dem Ergebnis einer für das EU-Parlament erstellten und im Juni 2016 veröffentlichten Simulationsstudie. Hier werden für das Jahr 2025 für den Fall einer mittleren Weltmarktpreishöhe von 330 EUR je Tonne eine EU-Zuckerproduktion von 17 Mio. Tonnen und ein EU-Zuckerpreis von 400 EUR je Tonne prognostiziert. Bereits in diesem Szenario würde die EU zu einem Nettoexporteur von Zucker.

Bei einem höheren Weltmarktpreis von 500 EUR je Tonne wären demnach ein EU-Zuckerpreis von 610 EUR je Tonne und eine EU-Zuckerproduktion von knapp 19 Mio. Tonnen wahrscheinlich. Dies würde die interne Nachfrage übertreffen und Exporte in Höhe von rund 4 Mio. Tonnen ermöglichen. Bei einem niedrigen Weltmarktpreis von 250 EUR je Tonne sänke der EU-Zuckerpreis auf 340 EUR je Tonne und die EU-Produktion auf 16 Mio. Tonnen. Nur in diesem Szenario bliebe die EU ein Nettoimporteur von Zucker.

Auch eine aktuelle Simulationsanalyse des bundeseigenen Thünen-Instituts zeigt, dass - außer bei niedrigen Weltmarktpreisen - mit einer Ausdehnung der EU-Zuckerproduktion zu rechnen ist. Wegen hoher Produktions- und Transportkosten wird Deutschland nur eine mittlere Wettbewerbsstärke der Zuckerproduktion bescheinigt, doch soll Deutschland seine Position als zweitgrößter EU-Anbieter verteidigen können. Die Unternehmen dürften versuchen, durch eine Verlängerung der Verarbeitungssaison Effizienzgewinne zu realisi9eren. So hat Südzucker bereits angekündigt, die Kampagne auf durchschnittlich 120 Tage verlängern zu wollen.

Bisher werden die wichtigsten Zuckerkontrakte in New York (Rohzucker) und London (Weißzucker) in US-Währung gehandelt. Auf den EU-internen Markt zielt nun ein neuer Zuckerkontrakt, der laut der Börse Euronext im ersten Quartal 2017 in Paris aufgelegt werden soll. Dieser soll sich auf Weißzucker beziehen, in Euro denominiert sein und die Möglichkeit zur physischen Erfüllung vorsehen.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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