• Freitag, 16 Mai 2025
  • 00:05 Frankfurt
  • 23:05 London
  • 18:05 New York
  • 18:05 Toronto
  • 15:05 Vancouver
  • 08:05 Sydney

Genussmittel: Angebotsdefizite unterstützen Preise

18.04.2016  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
- Seite 3 -
Kakao:

Der Kakaopreis stieg bis Mitte März um 12% und verzeichnete bei 2.275 GBP je Tonne ein 3-Monatshoch. Seither ist der Preis aber wieder merklich gefallen. Die Internationale Kakaoorganisation ICCO rechnet im laufenden Erntejahr 2015/16 mit einem Angebotsdefizit von 113 Tsd. Tonnen (Grafik 9). Verantwortlich hierfür ist eine um knapp 2% geringere globale Produktion und eine um knapp 2% höhere weltweite Nachfrage. Die Produktion soll um 76 Tsd. auf 4,154 Mio. Tonnen sinken, die Nachfrage um 79 Tsd. auf 4,225 Mio. Tonnen steigen. Ernterückgänge erwartet die ICCO im wichtigsten Produzentenland Elfenbeinküste (-106 Tsd. Tonnen), Indonesien (-25 Tsd. Tonnen), Ekuador und Brasilien (jeweils -20 Tsd. Tonnen).

Trockenheit und die stärksten Harmattan-Winde seit Jahrzehnten hatten bereits zuvor Sorgen vor Ernteausfällen in der Elfenbeinküste geschürt. Denn während der Blütezeit und der frühen Fruchtentwicklung wurden viele Plantagen erheblich durch die starken Winde geschädigt, die auch mit verringertem Sonnenschein und niedrigeren Nachttemperaturen einhergehen. Es bleibt abzuwarten, ob die Regenfälle noch rechtzeitig genug kamen und ausreichend waren, um Ernteausfälle während der im April angelaufenen Zwischenernte zu verhindern.

Die ICCO geht in ihrem Ende Februar veröffentlichten Quartalsbericht davon aus, dass die ivorische Kakaoernte um 6,3% auf 1,69 Mio. Tonnen zurückgehen wird. Die ICCO warnte dabei explizit vor einer schwächeren Zwischenernte, welche auch die Gesamternte beeinträchtigen dürfte. Im letzten Jahr erbrachte die ivorische Zwischenernte 514 Tsd. Tonnen Kakaobohnen. Nun werden die Einbußen auf bis zu 200 Tsd. Tonnen taxiert.

Die inzwischen abgeschlossene Haupternte scheint ebenfalls betroffen gewesen zu sein. Die kumulierten Anlieferungen von Kakao in die Häfen, welche auf der Anzahl anliefernder LKW basieren, lagen seit Erntebeginn Anfang Oktober bis Anfang April 4,6% unter dem Vorjahresniveau. Ein Vertreter des Finanzministerium der Elfenbeinküste rechnet für das Erntejahr 2015/16 nur mit einer Kakaoernte von 1,6 Mio. Tonnen, was einem Rückgang um 200 Tsd. Tonnen gegenüber dem Vorjahr entspricht und unter der ICCO-Schätzung liegt.

Open in new window

Im zweitgrößten Produzentenland Ghana könnten die Hoffnungen auf eine deutliche Erholung der Kakaoproduktion enttäuscht werden. Regierungskreisen zufolge dürfte die Kakaoproduktion in diesem Erntejahr nicht mehr als 750 Tsd. Tonnen betragen. Sie würde damit kaum höher liegen als im Vorjahr. Grund sind ungünstige Wetterbedingungen und Buschfeuer. Starke Harmattan-Winde haben den Böden Feuchtigkeit entzogen und die Entwicklung der Bohnen behindert. Gleichzeitig hat es zu wenig geregnet, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Im letzten Erntejahr war die Kakaoernte in Ghana wegen starker Harmattan-Winde bereits um 18% auf 740 Tsd. Tonnen gefallen. Sollte sich die pessimistische Ernteprognose für Ghana bestätigen, dürfte der globale Kakaomarkt in diesem Erntejahr ein deutlich höheres Angebotsdefizit aufweisen als von der ICCO derzeit prognostiziert. Denn diese unterstellt für Ghana einen Produktionsanstieg um 100 Tsd. auf 840 Tsd. Tonnen (Grafik 10).

Auch in Nigeria könnte die Zwischenernte laut Cocoa Association of Nigeria wegen der Trockenheit um 60% kleiner ausfallen. Diese macht normalerweise 30% der Gesamternte aus, welche von der ICCO auf 200 Tsd. Tonnen und damit in etwa auf Vorjahresniveau geschätzt wird.

Einem schrumpfenden Kakaoangebot steht eine steigende Nachfrage gegenüber. Den stärksten Nachfrageanstieg erwartet die ICCO in Europa und in Asien um jeweils 33 Tsd. Tonnen. Der Start in das Verarbeitungsjahr 2015/16 bestätigt die optimistische Einschätzung der ICCO nur teilweise. Nach Angaben der Europäischen Kakaovereinigung ECA wurden im vierten Quartal 2015 in der wichtigsten Nachfrageregion Europa 6% mehr Kakaobohnen verarbeitet als im Vorjahr und mit 342,4 Tsd. Tonnen die höchste Menge seit dem ersten Quartal 2014 (Grafik 11) erreicht.

Dem folgte allerdings ein leichter Rückgang im 1. Quartal 2016. Auch die Verarbeitung in Asien hat im vierten Quartal 2015 stärker zugelegt als erwartet. Nach Daten der Kakaovereinigung Asiens wurden in Malaysia, Singapur und Indonesien 161,2 Tsd. Tonnen an Kakaobohnen verarbeitet, 14% mehr als im vierten Quartal 2014. In Nordamerika fiel die Verarbeitung im 1. Quartal 2016 dagegen zum sechsten Mal in Folge und erreichte mit knapp 119 Tsd. Tonnen ein 4-Jahrestief.

Die hohe Kakaoverarbeitung in Europa ist nicht nur angesichts der hohen Preise bemerkenswert. Denn die Verarbeitung findet vermehrt in den Produktionsländern statt, und die Elfenbeinküste hat die Niederlande als größten Verarbeiter abgelöst. Ein Grund für den starken Anstieg der Verarbeitung im vierten Quartal waren wohl die verbesserten Verarbeitungsmargen. Im vierten Quartal legten die Kakaobutterpreise kräftig zu, nachdem sie zuvor ein Jahr lang unter Druck standen.

Die angespannte Marktlage spricht für höhere Kakaopreise in den kommenden Monaten, zumal für die Defizitschätzung der ICCO Aufwärtsrisiken bestehen. Wir rechnen mit einem Preisanstieg auf 2.250 GBP je Tonne in den Sommermonaten. Sorgen um die Endnachfrage nach Kakaoprodukten durch eine nachlassende weltwirtschaftliche Dynamik könnten diesen Effekt kompensieren Mit der neuen Haupternte im Herbst dürfte der Preis daher wieder etwas nachgeben. Für Ende 2016 prognostizieren wir einen Kakaopreis von 2.200 GBP je Tonne. Sollte sich beim Refendum am 23. Juni eine Mehrheit für einen Austritt Großbritanniens aus der EU aussprechen, würde der Kakaopreis in London aufgrund der dann zu erwartenden Abwertung des Britischen Pfundes deutlich stärker steigen.

Open in new window


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



© 2007 - 2025 Rohstoff-Welt.de ist ein Mitglied der GoldSeiten Mediengruppe
Es wird keinerlei Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen! Alle Angaben ohne Gewähr!
Kursdaten: Data Supplied by BSB-Software.de (mind. 15 min zeitverzögert)