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Genussmittel: Angebotsdefizite unterstützen Preise

18.04.2016  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Kaffee:

Der festere Brasilianische Real gab auch den Kaffeepreisen zwischenzeitlich Auftrieb. Arabica verteuerte sich im März um bis zu 20% und erreichte bei 136 US-Cents je Pfund ein 5-Monatshoch. Robusta legte um mehr als 10% auf ein 2½-Monatshoch von gut 1.530 USD je Tonne zu. Zuletzt gaben die Notierungen ihre Gewinne allerdings größtenteils wieder ab.

Für Unruhe sorgt zudem die anhaltende Trockenheit in den wichtigen Anbauländern Vietnam und Kolumbien sowie in Brasiliens Hauptanbaugebiet für Robusta, Espiritu Santo. Denn damit wird ein Defizit am Kaffeemarkt immer wahrscheinlicher – nicht nur für die laufende Saison, sondern aufgrund der Langzeitschäden an den Sträuchern auch für die kommende Saison, die im Oktober startet. Der Kaffeehändler Coex schätzt das globale Angebotsdefizit 2015/16 auf 4,8 Mio. Sack, dem 2016/17 ein Defizit von 4 Mio. Sack folgen soll.

Das Handelshaus Marex Spectron prognostiziert ein Defizit am Kaffeemarkt 2015/16 in Höhe von knapp 2 Mio. Sack. Die Vorhersage eines Überschusses von gut 1 Mio. Sack in der Folgesaison fand dagegen weniger Beachtung, zumal Marex Spectron selbst nur von einem kleinen Überschuss spricht. Die Aussichten für Brasiliens Kaffeeernte ab April sind deutlich besser als in den Vorjahren, als dürrebedingt laut der staatlichen Prognosebehörde Conab nur 45,6 Mio. bzw. 43,2 Mio. Sack geerntet wurden (Grafik 6).

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Ein Ernteplus wird insbesondere bei Arabica-Kaffee erwartet, während in den Robusta-Anbaugebieten die El-Niño-bedingt noch immer zu trockene Witterung eine Erholung erschwert. Die Arabica-Produktion kann laut Marex Spectron von den Regenfällen der letzten Zeit profitieren und soll 42,5 Mio. Sack betragen. Die Prognose für die Robusta-Produktion wurde von Marex Spectron dagegen um 2 Mio. Sack auf 14 Mio. Sack reduziert.

Die gesamte Kaffeeernte Brasiliens wäre mit 56,5 Mio. Sack immerhin 13% größer als 2015/16. Das Brasilianische Institut für Geografie und Statistik schätzt die Robustaernte sogar nur auf 10,8 Mio. Sack und die Gesamternte auf knapp 50 Mio. Sack. Das Handelshaus Ecom ist für 2016/17 deutlich optimistischer. Obwohl es mit seiner Schätzung für die brasilianische Ernte mit über 60 Mio. Sack an der Spitze liegt, erwartet aber auch Ecom allenfalls einen ausgeglichenen Markt. Das lässt keine Erholung der Bestände erwarten, die in Brasilien nach Angaben des brasilianischen Exporteurs Tristao bereits im Juni ein 15-Jahrestief erreichen sollen.

Der schwache Real hatte die Ausfuhr von Kaffee aus Brasilien trotz niedrigerer Ernten lange Zeit attraktiv gemacht. Allerdings sind die Export- und Lagerdaten umstritten. Die Ausfuhren lagen laut der Exportvereinigung Cecafe 2014 und 2015 trotz schwacher Ernten bei jeweils rund 33 Mio. Sack weit über den 28 Mio. Sack des guten Produktionsjahres 2013. Bei einem auf 20-21 Mio. Sack geschätzten heimischen Konsum halten manche Beobachter entweder die Ernten für zu niedrig ausgewiesen oder die Lagerbestände für höher als angenommen.

Der zweitgrößte Anbieter von Arabica-Kaffee, Kolumbien, meldete für 2015 sogar die höchste Ernte seit 23 Jahren (Grafik 7). Damit scheinen die Probleme in Zusammenhang mit der jahrelang grassierenden Roja-Erkrankung überwunden zu sein. Da dies auch einem umfangreichen Programm zur Erneuerung von Plantagen mit resistenteren Kaffeesträuchern zu verdanken ist, dürfte die Produktion an qualitativ hochwertigen Kaffeebohnen aus Kolumbien auch über die nächsten Jahre hoch sein.

Im seit Oktober laufenden Erntejahr 2015/16 sollen laut bisheriger Schätzung der Internationalen Kaffeeorganisation ICO in Kolumbien 13,5 Mio. Sack geerntet werden. Innerhalb von vier Jahren wäre die Kaffeeproduktion damit um knapp 6 Mio. Sack gestiegen. Für diese Prognose bestehen allerdings Abwärtsrisiken. Denn 2016 könnte die Kaffeeproduktion Kolumbiens wegen der Spätwirkungen von El Nino sinken. Die Vereinigung der kolumbianischen Kaffeeexporteure rechnet mit einem Rückgang auf 13 Mio. Sack, was einem Minus von 1,2 Mio. Sack gegenüber dem Vorjahr entsprechen würde.

Auch der Verband der vietnamesischen Kaffee- und Kakaoproduzenten Vicofa warnt vor trockenheitsbedingten Ausfällen bei der heranwachsenden Robusta-Ernte 2016/17, welche im Herbst eingebracht wird. Besonders davon betroffen seien die Anbaugebiete in den Zentralen Hochlagen, wo die schlimmste Trockenheit seit drei Jahrzehnten herrscht. Eine konkrete Prognose über die zu erwartenden Ausfälle gab Vicofa nicht bekannt. Allerdings hat Vicofa in den letzten Jahren wiederholt vor Ernteausfällen gewarnt, die sich im Nachhinein häufig als überzogen erwiesen haben.

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Selbst wenn die Ernte in Vietnam tatsächlich schwächer ausfällt, drohen deswegen unmittelbar keine Knappheiten. Denn die Verkäufe aus der letztjährigen Robusta-Ernte verliefen lange Zeit nur schleppend, da die Kaffeebauern in Erwartung höherer Preise Ware zurückhielten. Entsprechend hoch sind derzeit die Lagerbestände. Wegen der höheren Preise haben die Verkäufe zuletzt aber zugelegt. Die Gesamtexporte Vietnams sind seit Oktober gut 20% höher als im schwachen Vorsaisonzeitraum (Grafik 8).

Unsicherheit besteht auch über Indonesien, wo die Meinungen auseinander gehen, ob die Produktion stark steigt oder wegen Trockenheit fällt. Die ICO geht bislang von einem leichten Anstieg auf 11 Mio. Sack aus. Das Erntejahr 2015/16 ist in Indonesien gerade zu Ende gegangen.

Die Perspektive einer höheren brasilianischen Kaffeeernte spricht für einen niedrigeren Arabica-Preis in den kommenden Monaten, zumal auch der Brasilianische Real wieder nachgeben dürfte. Wir rechnen mit einem Preisrückgang bei Arabica auf 110 US-Cents je Pfund. Aufgrund des knapperen Angebots dürfte sich der Robusta-Preis besser entwickeln und bis Ende des Jahres auf 1.550 USD je Tonne steigen.



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