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Genussmittel: Angebotsdefizite unterstützen Preise

18.04.2016  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)

Die Preise für Zucker und Kaffee sind aufgrund höherer Angebotsdefizite zuletzt deutlich gestiegen. Trotz besserer Ernten in Brasilien dürften die Defizite zunächst bestehen bleiben. Ein wichtiger Einflussfaktor bleibt auch der Brasilianische Real, welcher aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Krise in Brasilien wieder unter Druck geraten sollte und damit auch die Preise für Zucker und Kaffee belasten dürfte. Beim Kakaopreis sehen wir weiteres Aufwärtspotenzial, da die teilweise zu optimistischen Ernteerwartungen enttäuscht werden dürften.

Der Rohzuckerpreis ist im März auf ein 17-Monatshoch von knapp 17 US-Cents je Pfund gestiegen. Innerhalb eines Monats verteuerte sich Zucker um bis zu 30%. Anfang April notiert der Rohzuckerpreis allerdings wieder unterhalb von 15 US-Cents je Pfund. Auftrieb gab eine Serie von Aufwärtsrevisionen für das im laufenden Erntejahr zu erwartende Angebotsdefizit auf dem globalen Zuckermarkt. Zusätzlich half ein stärkerer Brasilianischer Real, welcher trotz der politischen und wirtschaftlichen Krise in Brasilien gegenüber dem US-Dollar im ersten Quartal deutlich aufwertete (siehe grauen Kasten).

Dadurch wird es für die brasilianischen Zuckerexporteure weniger attraktiv, Zucker auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Zugleich könnte dadurch mehr Zuckerrohr zu Ethanol verarbeitet werden, welches vor allem im Inland verbraucht wird. Unter dem Strich steht ein geringeres Zuckerangebot aus dem weltgrößten Zuckerproduzenten- und -exportland Brasilien. Im gerade zu Ende gegangenen brasilianischen Erntejahr 2015/16 wurden in der Hauptanbauregion Center-South laut dem Industrieverband Unica 618 Mio. Tonnen Zuckerrohr verarbeitet, was einem Anstieg um 7,8% gegenüber dem Vorjahr und einem Rekordniveau entspricht.

Aufgrund eines geringeren Zuckergehalts und einer gestiegenen Ethanolproduktion liegt die Zuckerproduktion mit 31,2 Mio. Tonnen allerdings 2,5% unter dem Vorjahresniveau (Grafik 2). Die Produktionszahlen im März sind allerdings durch den frühen Start der neuen Verarbeitungssaison vermutlich nach oben verzerrt. Auch aus Indien dürfte weniger Zucker auf den Weltmarkt gelangen als bislang gedacht. Der Zuckermühlenverband ISMA hat seine Produktionsschätzung für 2015/16 inzwischen auf maximal 26 Mio. Tonnen gekürzt (2014/15: 28,3 Mio. Tonnen).

Im seit Oktober laufenden Erntejahr 2015/16 wurde in bis zu 513 Zuckermühlen Zuckerrohr verarbeitet. Davon waren Ende März nur noch 215 in Betrieb. Im Vorjahr waren es zu diesem Zeitpunkt noch 366 Zuckermühlen gewesen. Grund für den früheren Produktionsstopp vieler Mühlen ist eine Knappheit von Zuckerrohr, nachdem es wegen El Niño im letzten Jahr zu wenig geregnet hatte. Die Zuckerproduktion in Indien lag nach sechs Monaten des Erntejahres mit 23,7 Mio. Tonnen gut 1 Mio. Tonnen unter dem Vorjahresniveau. Nach fünf Monaten bestand im Jahresvergleich noch ein leichtes Plus.

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Auch die Nachrichten aus Thailand deuten auf ein geringeres Zuckerangebot hin als zunächst gedacht. Denn auch dort verringerte sich die Produktionsprognose für die seit November laufende Verarbeitungssaison. Laut Cane and Sugar Board sollen wohl nur 10 Mio. Tonnen Zucker produziert werden. Das wären 14% weniger als die bisherige Schätzung. Der Zuckerhändler Platts Kingsman senkte seine Produktionsschätzung für Thailand um 600 Tsd. auf 10,3 Mio. Tonnen und warnte angesichts der negativen Folgen des Wetterphänomens El Niño auf den Zuckergehalt sowie des zuletzt starken Absinkens der Produktion vor einer weiteren Abwärtsrevision. In der letzten Saison wurde in Thailand mit 11,3 Mio. Tonnen ein Rekordniveau an Zucker produziert.

Aus fundamentaler Sicht stehen wir in diesem Erntejahr somit vor dem ersten Angebotsdefizit seit sechs Jahren. Die Internationale Zuckerorganisation ISO revidierte ihre Schätzung für das im laufenden Erntejahr 2015/16 zu erwartende globale Angebotsdefizit auf 5 Mio. Tonnen nach oben (Grafik 3). Andere Marktbeobachter prognostizieren sogar noch deutlich höhere Defizite. Laut der Broker- und Beratungsfirma INTL FCStone dürfte das Marktdefizit bei 7 Mio. Tonnen liegen. Die Analysten von Platts Kingsman erhöhten ihre Defizitprognose auf 7,6 Mio. Tonnen, das Analysehaus F.O. Licht geht von 8 Mio. Tonnen aus. Der Zuckerhändler Czarnikow erwartet sogar, dass die Nachfrage das Angebot um 11,4 Mio. Tonnen übertrifft.

Auch für das Erntejahr 2016/17 ist unwahrscheinlich, dass das Angebot die Nachfrage decken kann. Zwar dürfte die Zuckerproduktion in Brasilien zulegen. Laut der staatlichen brasilianischen Prognosebehörde Conab sollen in der Hauptanbauregion Center-South in der gerade angelaufenen Erntesaison rekordhohe 637,7 Mio. Tonnen Zuckerrohr verarbeitet werden, gut 20 Mio. Tonnen mehr als im Vorjahr.

Ein Grund ist das regenbedingt frühe Ende der Verarbeitung 2015/16. Dadurch verblieben beachtliche Mengen an Zuckerrohr auf den Feldern, die früh in der neuen Saison verarbeitet werden. Die Zuckerproduktion soll daher um 11% auf 34,3 Mio. Tonnen steigen (Grafik 4). In Indien, dem nach Brasilien zweitgrößten Zuckerproduzenten, wird dagegen seitens von ISMA mit einer nochmals geringeren Zuckerproduktion gerechnet, nachdem der schlechte Monsun 2015 die Anpflanzung von Zuckerrohr erschwert hatte.

F.O. Licht erwartet allerdings, dass trotz zunehmender Sorgen über die negativen Seiten des Zuckerkonsums, wie Fettleibigkeit und Diabetes, der Zuckerkonsum weiter steigen wird. Zumindest bis 2017 soll sich das jährliche Wachstum des globalen Zuckerverbrauchs auf 2-3% p.a. belaufen. Für die Saison 2016/17 wird daher mit einem weiteren Defizit am globalen Zuckermarkt gerechnet. Die ISO rechnet mit einem nochmals höheren Fehlbetrag von 6 Mio. Tonnen, Platts Kingsman und F.O. Licht mit 4,9 Mio. Tonnen.

Aufgrund einer voraussichtlich wieder höheren Zuckerproduktion in Brasilien und eines schwächeren Brasilianischen Real dürfte in den kommenden Monaten mehr Zuckerangebot aus Brasilien auf den Markt gelangen. Wir rechnen daher mit einem etwas niedrigeren Zuckerpreis von 14 US-Cents je Pfund am Jahresende. Die erwarteten Angebotsdefizite dürften einem stärkeren Preisrückgang entgegenstehen.

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Kaffee:

Der festere Brasilianische Real gab auch den Kaffeepreisen zwischenzeitlich Auftrieb. Arabica verteuerte sich im März um bis zu 20% und erreichte bei 136 US-Cents je Pfund ein 5-Monatshoch. Robusta legte um mehr als 10% auf ein 2½-Monatshoch von gut 1.530 USD je Tonne zu. Zuletzt gaben die Notierungen ihre Gewinne allerdings größtenteils wieder ab.

Für Unruhe sorgt zudem die anhaltende Trockenheit in den wichtigen Anbauländern Vietnam und Kolumbien sowie in Brasiliens Hauptanbaugebiet für Robusta, Espiritu Santo. Denn damit wird ein Defizit am Kaffeemarkt immer wahrscheinlicher – nicht nur für die laufende Saison, sondern aufgrund der Langzeitschäden an den Sträuchern auch für die kommende Saison, die im Oktober startet. Der Kaffeehändler Coex schätzt das globale Angebotsdefizit 2015/16 auf 4,8 Mio. Sack, dem 2016/17 ein Defizit von 4 Mio. Sack folgen soll.

Das Handelshaus Marex Spectron prognostiziert ein Defizit am Kaffeemarkt 2015/16 in Höhe von knapp 2 Mio. Sack. Die Vorhersage eines Überschusses von gut 1 Mio. Sack in der Folgesaison fand dagegen weniger Beachtung, zumal Marex Spectron selbst nur von einem kleinen Überschuss spricht. Die Aussichten für Brasiliens Kaffeeernte ab April sind deutlich besser als in den Vorjahren, als dürrebedingt laut der staatlichen Prognosebehörde Conab nur 45,6 Mio. bzw. 43,2 Mio. Sack geerntet wurden (Grafik 6).

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Ein Ernteplus wird insbesondere bei Arabica-Kaffee erwartet, während in den Robusta-Anbaugebieten die El-Niño-bedingt noch immer zu trockene Witterung eine Erholung erschwert. Die Arabica-Produktion kann laut Marex Spectron von den Regenfällen der letzten Zeit profitieren und soll 42,5 Mio. Sack betragen. Die Prognose für die Robusta-Produktion wurde von Marex Spectron dagegen um 2 Mio. Sack auf 14 Mio. Sack reduziert.

Die gesamte Kaffeeernte Brasiliens wäre mit 56,5 Mio. Sack immerhin 13% größer als 2015/16. Das Brasilianische Institut für Geografie und Statistik schätzt die Robustaernte sogar nur auf 10,8 Mio. Sack und die Gesamternte auf knapp 50 Mio. Sack. Das Handelshaus Ecom ist für 2016/17 deutlich optimistischer. Obwohl es mit seiner Schätzung für die brasilianische Ernte mit über 60 Mio. Sack an der Spitze liegt, erwartet aber auch Ecom allenfalls einen ausgeglichenen Markt. Das lässt keine Erholung der Bestände erwarten, die in Brasilien nach Angaben des brasilianischen Exporteurs Tristao bereits im Juni ein 15-Jahrestief erreichen sollen.

Der schwache Real hatte die Ausfuhr von Kaffee aus Brasilien trotz niedrigerer Ernten lange Zeit attraktiv gemacht. Allerdings sind die Export- und Lagerdaten umstritten. Die Ausfuhren lagen laut der Exportvereinigung Cecafe 2014 und 2015 trotz schwacher Ernten bei jeweils rund 33 Mio. Sack weit über den 28 Mio. Sack des guten Produktionsjahres 2013. Bei einem auf 20-21 Mio. Sack geschätzten heimischen Konsum halten manche Beobachter entweder die Ernten für zu niedrig ausgewiesen oder die Lagerbestände für höher als angenommen.

Der zweitgrößte Anbieter von Arabica-Kaffee, Kolumbien, meldete für 2015 sogar die höchste Ernte seit 23 Jahren (Grafik 7). Damit scheinen die Probleme in Zusammenhang mit der jahrelang grassierenden Roja-Erkrankung überwunden zu sein. Da dies auch einem umfangreichen Programm zur Erneuerung von Plantagen mit resistenteren Kaffeesträuchern zu verdanken ist, dürfte die Produktion an qualitativ hochwertigen Kaffeebohnen aus Kolumbien auch über die nächsten Jahre hoch sein.

Im seit Oktober laufenden Erntejahr 2015/16 sollen laut bisheriger Schätzung der Internationalen Kaffeeorganisation ICO in Kolumbien 13,5 Mio. Sack geerntet werden. Innerhalb von vier Jahren wäre die Kaffeeproduktion damit um knapp 6 Mio. Sack gestiegen. Für diese Prognose bestehen allerdings Abwärtsrisiken. Denn 2016 könnte die Kaffeeproduktion Kolumbiens wegen der Spätwirkungen von El Nino sinken. Die Vereinigung der kolumbianischen Kaffeeexporteure rechnet mit einem Rückgang auf 13 Mio. Sack, was einem Minus von 1,2 Mio. Sack gegenüber dem Vorjahr entsprechen würde.

Auch der Verband der vietnamesischen Kaffee- und Kakaoproduzenten Vicofa warnt vor trockenheitsbedingten Ausfällen bei der heranwachsenden Robusta-Ernte 2016/17, welche im Herbst eingebracht wird. Besonders davon betroffen seien die Anbaugebiete in den Zentralen Hochlagen, wo die schlimmste Trockenheit seit drei Jahrzehnten herrscht. Eine konkrete Prognose über die zu erwartenden Ausfälle gab Vicofa nicht bekannt. Allerdings hat Vicofa in den letzten Jahren wiederholt vor Ernteausfällen gewarnt, die sich im Nachhinein häufig als überzogen erwiesen haben.

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Selbst wenn die Ernte in Vietnam tatsächlich schwächer ausfällt, drohen deswegen unmittelbar keine Knappheiten. Denn die Verkäufe aus der letztjährigen Robusta-Ernte verliefen lange Zeit nur schleppend, da die Kaffeebauern in Erwartung höherer Preise Ware zurückhielten. Entsprechend hoch sind derzeit die Lagerbestände. Wegen der höheren Preise haben die Verkäufe zuletzt aber zugelegt. Die Gesamtexporte Vietnams sind seit Oktober gut 20% höher als im schwachen Vorsaisonzeitraum (Grafik 8).

Unsicherheit besteht auch über Indonesien, wo die Meinungen auseinander gehen, ob die Produktion stark steigt oder wegen Trockenheit fällt. Die ICO geht bislang von einem leichten Anstieg auf 11 Mio. Sack aus. Das Erntejahr 2015/16 ist in Indonesien gerade zu Ende gegangen.

Die Perspektive einer höheren brasilianischen Kaffeeernte spricht für einen niedrigeren Arabica-Preis in den kommenden Monaten, zumal auch der Brasilianische Real wieder nachgeben dürfte. Wir rechnen mit einem Preisrückgang bei Arabica auf 110 US-Cents je Pfund. Aufgrund des knapperen Angebots dürfte sich der Robusta-Preis besser entwickeln und bis Ende des Jahres auf 1.550 USD je Tonne steigen.




Kakao:

Der Kakaopreis stieg bis Mitte März um 12% und verzeichnete bei 2.275 GBP je Tonne ein 3-Monatshoch. Seither ist der Preis aber wieder merklich gefallen. Die Internationale Kakaoorganisation ICCO rechnet im laufenden Erntejahr 2015/16 mit einem Angebotsdefizit von 113 Tsd. Tonnen (Grafik 9). Verantwortlich hierfür ist eine um knapp 2% geringere globale Produktion und eine um knapp 2% höhere weltweite Nachfrage. Die Produktion soll um 76 Tsd. auf 4,154 Mio. Tonnen sinken, die Nachfrage um 79 Tsd. auf 4,225 Mio. Tonnen steigen. Ernterückgänge erwartet die ICCO im wichtigsten Produzentenland Elfenbeinküste (-106 Tsd. Tonnen), Indonesien (-25 Tsd. Tonnen), Ekuador und Brasilien (jeweils -20 Tsd. Tonnen).

Trockenheit und die stärksten Harmattan-Winde seit Jahrzehnten hatten bereits zuvor Sorgen vor Ernteausfällen in der Elfenbeinküste geschürt. Denn während der Blütezeit und der frühen Fruchtentwicklung wurden viele Plantagen erheblich durch die starken Winde geschädigt, die auch mit verringertem Sonnenschein und niedrigeren Nachttemperaturen einhergehen. Es bleibt abzuwarten, ob die Regenfälle noch rechtzeitig genug kamen und ausreichend waren, um Ernteausfälle während der im April angelaufenen Zwischenernte zu verhindern.

Die ICCO geht in ihrem Ende Februar veröffentlichten Quartalsbericht davon aus, dass die ivorische Kakaoernte um 6,3% auf 1,69 Mio. Tonnen zurückgehen wird. Die ICCO warnte dabei explizit vor einer schwächeren Zwischenernte, welche auch die Gesamternte beeinträchtigen dürfte. Im letzten Jahr erbrachte die ivorische Zwischenernte 514 Tsd. Tonnen Kakaobohnen. Nun werden die Einbußen auf bis zu 200 Tsd. Tonnen taxiert.

Die inzwischen abgeschlossene Haupternte scheint ebenfalls betroffen gewesen zu sein. Die kumulierten Anlieferungen von Kakao in die Häfen, welche auf der Anzahl anliefernder LKW basieren, lagen seit Erntebeginn Anfang Oktober bis Anfang April 4,6% unter dem Vorjahresniveau. Ein Vertreter des Finanzministerium der Elfenbeinküste rechnet für das Erntejahr 2015/16 nur mit einer Kakaoernte von 1,6 Mio. Tonnen, was einem Rückgang um 200 Tsd. Tonnen gegenüber dem Vorjahr entspricht und unter der ICCO-Schätzung liegt.

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Im zweitgrößten Produzentenland Ghana könnten die Hoffnungen auf eine deutliche Erholung der Kakaoproduktion enttäuscht werden. Regierungskreisen zufolge dürfte die Kakaoproduktion in diesem Erntejahr nicht mehr als 750 Tsd. Tonnen betragen. Sie würde damit kaum höher liegen als im Vorjahr. Grund sind ungünstige Wetterbedingungen und Buschfeuer. Starke Harmattan-Winde haben den Böden Feuchtigkeit entzogen und die Entwicklung der Bohnen behindert. Gleichzeitig hat es zu wenig geregnet, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Im letzten Erntejahr war die Kakaoernte in Ghana wegen starker Harmattan-Winde bereits um 18% auf 740 Tsd. Tonnen gefallen. Sollte sich die pessimistische Ernteprognose für Ghana bestätigen, dürfte der globale Kakaomarkt in diesem Erntejahr ein deutlich höheres Angebotsdefizit aufweisen als von der ICCO derzeit prognostiziert. Denn diese unterstellt für Ghana einen Produktionsanstieg um 100 Tsd. auf 840 Tsd. Tonnen (Grafik 10).

Auch in Nigeria könnte die Zwischenernte laut Cocoa Association of Nigeria wegen der Trockenheit um 60% kleiner ausfallen. Diese macht normalerweise 30% der Gesamternte aus, welche von der ICCO auf 200 Tsd. Tonnen und damit in etwa auf Vorjahresniveau geschätzt wird.

Einem schrumpfenden Kakaoangebot steht eine steigende Nachfrage gegenüber. Den stärksten Nachfrageanstieg erwartet die ICCO in Europa und in Asien um jeweils 33 Tsd. Tonnen. Der Start in das Verarbeitungsjahr 2015/16 bestätigt die optimistische Einschätzung der ICCO nur teilweise. Nach Angaben der Europäischen Kakaovereinigung ECA wurden im vierten Quartal 2015 in der wichtigsten Nachfrageregion Europa 6% mehr Kakaobohnen verarbeitet als im Vorjahr und mit 342,4 Tsd. Tonnen die höchste Menge seit dem ersten Quartal 2014 (Grafik 11) erreicht.

Dem folgte allerdings ein leichter Rückgang im 1. Quartal 2016. Auch die Verarbeitung in Asien hat im vierten Quartal 2015 stärker zugelegt als erwartet. Nach Daten der Kakaovereinigung Asiens wurden in Malaysia, Singapur und Indonesien 161,2 Tsd. Tonnen an Kakaobohnen verarbeitet, 14% mehr als im vierten Quartal 2014. In Nordamerika fiel die Verarbeitung im 1. Quartal 2016 dagegen zum sechsten Mal in Folge und erreichte mit knapp 119 Tsd. Tonnen ein 4-Jahrestief.

Die hohe Kakaoverarbeitung in Europa ist nicht nur angesichts der hohen Preise bemerkenswert. Denn die Verarbeitung findet vermehrt in den Produktionsländern statt, und die Elfenbeinküste hat die Niederlande als größten Verarbeiter abgelöst. Ein Grund für den starken Anstieg der Verarbeitung im vierten Quartal waren wohl die verbesserten Verarbeitungsmargen. Im vierten Quartal legten die Kakaobutterpreise kräftig zu, nachdem sie zuvor ein Jahr lang unter Druck standen.

Die angespannte Marktlage spricht für höhere Kakaopreise in den kommenden Monaten, zumal für die Defizitschätzung der ICCO Aufwärtsrisiken bestehen. Wir rechnen mit einem Preisanstieg auf 2.250 GBP je Tonne in den Sommermonaten. Sorgen um die Endnachfrage nach Kakaoprodukten durch eine nachlassende weltwirtschaftliche Dynamik könnten diesen Effekt kompensieren Mit der neuen Haupternte im Herbst dürfte der Preis daher wieder etwas nachgeben. Für Ende 2016 prognostizieren wir einen Kakaopreis von 2.200 GBP je Tonne. Sollte sich beim Refendum am 23. Juni eine Mehrheit für einen Austritt Großbritanniens aus der EU aussprechen, würde der Kakaopreis in London aufgrund der dann zu erwartenden Abwertung des Britischen Pfundes deutlich stärker steigen.

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Auf einen Blick

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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