Industriemetalle: Ausblick 2016 - Preise vor Kehrtwende im nächsten Jahr


Die meisten Metallpreise sind im November auf den tiefsten Stand seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 gefallen. Dabei haben sie sich unseres Erachtens von den Fundamentaldaten abgekoppelt. Zu den Preisrückgängen kam es, obwohl sich die Industrie gemessen am globalen Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe zuletzt stabilisiert hat. Der Index liegt zudem weiter im expansiven Bereich (Grafik 1).
Die erwartete solide Entwicklung der Weltwirtschaft im nächsten Jahr wird unserer Meinung nach auch durch die Industrie getragen. Der Preisrückgang wurde außerdem durch die spekulativen Finanzanleger verstärkt, die sich entweder im großen Stil bei Metallen zurückgezogen oder ihre Wetten auf fallende Preise ausgeweitet hatten. Wir halten daher den Preisrutsch für überzogen.
Der Wind, der in diesem Jahr den Metallpreisen entgegen schlug, sollte im nächsten Jahr spürbar nachlassen. Denn die Metallmärkte haben unseres Erachtens mittlerweile eine sog. "harte Landung" Chinas, dem mit Abstand größten Metallkonsumenten, eingepreist. Hierzu wird es unserer Ansicht nach aber nicht kommen. Vielmehr dürfte sich die chinesische Wirtschaft weiter kontrolliert abkühlen. Dafür werden wohl die chinesische Regierung und die Zentralbank sorgen.
Wir erwarten sowohl die Umsetzung weiterer Infrastrukturmaßnahmen als auch weitere Zinssenkungen und Reduzierungen des Mindestreservesatzes. Die Regierung strebt offenbar in den nächsten fünf Jahren ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 6,5% an, welches im neuen 5-Jahresplan, der ab dem nächsten Jahr gilt, verankert wird.
Ein weiterer Belastungsfaktor war in diesem Jahr der US-Dollar, der gegenüber fast allen Währungen teilweise stark aufgewertet hat. Dieser Trend sollte sich im nächsten Jahr nicht in diesem Ausmaß fortsetzen. Wir erwarten zwar einen Anstieg des US-Dollar auf Parität zum Euro, darüber hinaus sehen wir aber zunächst nicht mehr viel Aufwärtspotenzial.
Analog dazu sollte sich auch die starke Abwertung der Währungen vieler Schwellenländer nicht wiederholen, die die Kostenseite der Minenproduzenten spürbar entlastet hat. Da viele Produzenten bei den derzeitigen Preisen nicht mehr kostendeckend arbeiten können, wird es zu umfangreichen Produktionskürzungen kommen. Dies wird das Angebot spürbar einschränken und zu merklich angespannteren Märkten führen. Einhergehend mit einer höheren Nachfrage sollten die Metallpreise daher im nächsten Jahr zu einer Erholungsbewegung ansetzen.

Am globalen Aluminiummarkt gibt es unseres Erachtens großen Bedarf, die Produktion zu kürzen. Denn der Markt ist klar überversorgt. Trotz der niedrigen Preise wird die Produktion weiter fast ununterbrochen ausgeweitet, vor allem in China. So ist auf globaler Ebene der 10%-ige Produktionsanstieg in diesem Jahr nahezu ausschließlich auf China zurückzuführen. Das Land stellt mittlerweile 55% des weltweiten Angebots. Die chinesischen Produzenten profitieren dabei von niedrigen Stromkosten, die subventioniert sind, von deutlich gefallenen Rohmaterialkosten und von einem Anreizsystem für Exporte.
Doch auch in China sind die Aluminiumpreise mittlerweile so tief gefallen, dass viele Schmelzen nicht mehr profitabel sind und eigentlich schließen müssten (Grafik 2). Deren Verluste beliefen sich laut Angaben des chinesischen Analysehauses SMM Mitte November auf durchschnittlich umgerechnet etwa 190 USD je Tonne. Anstatt jedoch die dringend benötigten Produktionskürzungen umzusetzen, versuchen mehr und mehr Schmelzen in China höhere Stromsubventionen zu erhalten.
Eine Reihe von Schmelzen verhandelte darüber mit verschiedenen Regionalregierungen. In der Provinz Gansu sind Industriekreisen zufolge bereits zusätzliche Subventionen gewährt worden. Die Unterstützung der Regionalregierungen ist eine wesentliche Säule, damit die sonst defizitären Schmelzen weiter produzieren können.
Die einzelnen Regierungen versuchen mit den Subventionen die Beschäftigungsquote möglichst hoch und ihre Wirtschaft möglichst stabil zu halten. Dies verhindert bzw. verzögert aber die dringend benötigte Bereinigung des Marktes. Außerhalb Chinas haben viele Produzenten (gezwungenermaßen) bereits ihre Produktion gedrosselt bzw. Kürzungen angekündigt. Ein prominentes Beispiel hierfür ist der US-Aluminiumproduzent Alcoa.
Dieser wird eigenen Angaben zufolge wegen des schwierigen Marktumfelds bis Ende des ersten Quartals 2016 insgesamt jährliche Schmelzkapazitäten von über 670 Tsd. Tonnen und Verarbeitungskapazitäten für Tonerde (Alumina) im Umfang von 2,5 Mio. Tonnen stilllegen. Dies nutzen aber offenbar die chinesischen Produzenten aus und füllen die Lücke, indem sie ohne Rücksicht auf Verluste weiter produzieren, das überschüssige Aluminium exportieren, und so andere Produzenten aus dem Markt drängen.
Die Produktionskürzungen außerhalb Chinas führen dazu, dass die physischen Prämien wieder anziehen. So sind in den USA die Prämien gemäß Daten von Metal Bulletin mittlerweile wieder auf knapp 200 USD je Tonne gestiegen. Dies sind 27% mehr als im Tief Anfang Oktober und führt dazu, dass vermehrt Material aus europäischen Lagerhäusern in die USA verschifft wird, woraufhin auch in Europa die Aufschläge auf den LME-Preis wieder steigen. Sie liegen aktuell bei rund 115 USD je Tonne und damit sogar fast 80% über dem Tief (Grafik 3). Sollte die Produktion in den USA und in Europa (weiter) gekürzt werden, dürften die Prämien dort weiter steigen.
Die Aluminiumnachfrage sollte sich auch im nächsten Jahr robust zeigen. Haupttreiber bleiben die Verpackungsindustrie und die Transportbranche (allen voran die Automobilindustrie). Auch der Bausektor dürfte weiter positiv zum Wachstum beitragen. Hierbei helfen die Infrastrukturmaßnahmen in China.
Der Aluminiumpreis wird unseres Erachtens erst dann wieder nachhaltig zulegen, wenn es zu umfangreichen Produktionskürzungen kommt. Diese erwarten wir wegen der hohen Verluste bei den Produzenten im nächsten Jahr. Ende 2016 sollte Aluminium wieder 1.550 USD je Tonne kosten.

Der globale Kupfermarkt wird im nächsten Jahr wohl einer der Metallmärkte sein, an dem sich die Angebots-Nachfrage-Situation spürbar anspannt. Nach einem weitgehend ausgeglichenen Markt in diesem Jahr schätzt die International Copper Study Group (ICSG), dass 2016 das Angebot wieder merklich hinter der Nachfrage zurückbleibt - und zwar um 127 Tsd. Tonnen. Dies wäre das sechste Angebotsdefizit in den letzten sieben Jahren (Grafik 4).
Grund hierfür ist laut ICSG die Erholung der Kupfernachfrage, die auf globaler Ebene um 3,0% auf 23,31 Mio. Tonnen zulegen soll. Treiber hierfür bleibt trotz der Wirtschaftsabkühlung China, wo ein augenscheinliches Nachfragewachstum von rund 4% erwartet wird. Außerhalb Chinas soll die Nachfrage um etwa 2% zunehmen.