Industriemetalle: 2015 – unsichere Zeiten voraus

Unseres Erachtens sehen viele Marktteilnehmer auch im nächsten Jahr das globale Kupferangebot zu optimistisch. Aus unserer Sicht besteht erneut eher Enttäuschungspotenzial. Dies sollte dem Kupferpreis Unterstützung geben. Zum Jahresende 2015 erwarten wir, dass Kupfer bei 7.200 USD je Tonne handelt.

Aluminium:
Aluminium hat sich in diesem Jahr bislang um 14% verteuert, was auf die augenscheinliche Knappheit am globalen Aluminiummarkt zurückzuführen ist. Gemäß Daten des World Bureau of Metal Statistics bestand von Januar bis September ein Angebotsdefizit von 521 Tsd. Tonnen. Dies ist angesichts der hohen Produktionsraten und gut gefüllter Lager erstaunlich. So hat das International Aluminium Institute berichtet, dass die globale Aluminiumproduktion im Oktober im Vergleich zum Vorjahr um 3,4% auf ein Rekordhoch von 4,477 Mio. Tonnen gestiegen ist.
Einmal mehr hat China hierzu maßgeblich beigetragen, wo mit 2,084 Mio. Tonnen 6,8% mehr Aluminium als vor einem Jahr hergestellt wurde. Dort werden laut Einschätzung des Research-Instituts SMM in diesem Jahr neue Produktionskapazitäten in Höhe von 2 Mio. Tonnen entstehen. Wegen der gestiegenen Preise und der hohen physischen Prämien werden wohl auch viele Schmelzen, die zwischen Juni 2013 und Juni 2014 stillgelegt wurden, reaktiviert. Deshalb rechnet SMM allein im vierten Quartal mit einem Anstieg der chinesischen Produktion um 500 Tsd. Tonnen bzw. 7% im Vergleich zum Vorquartal.
Auch im nächsten Jahr dürfte die Produktion weiter ausgeweitet werden. Denn durch die gefallenen Kohlepreise und wegen anhaltender Subventionen werden die Schmelzen vor allem bei den Energiekosten entlastet.
Die Überproduktion in China macht sich in hohen Exporten von Aluminium und -produkten bemerkbar. Auf Netto-Basis wurde im September mit 341 Tsd. Tonnen sogar eine rekordhohe Menge Aluminium ausgeführt. In den ersten zehn Monaten des Jahres lagen die Netto-Exporte mit 2,65 Mio. Tonnen 17% über dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum (Grafik 6). Die Netto-Exporte wurden damit fast doppelt so stark ausgeweitet wie die heimische Produktion. Somit trägt China zur Ausweitung des Angebots am Weltmarkt bei. Sofern die Produktion nicht spürbar gedrosselt wird, wird sich dieser Trend wohl auch im nächsten Jahr fortsetzen.
Für die Knappheit am Markt ist u.E. jedoch nicht die reale physische Nachfrage verantwortlich, sondern die anhaltenden Finanzierungsgeschäfte. Die äußerst niedrigen Zinsen und die zwischenzeitlich relativ steile Terminkurve haben Finanztransaktionen attraktiv gemacht. Aktuell sind von den 4,35 Mio. Tonnen Aluminium in den Lagerhäusern der LME 54% zur Auslieferung angefordert, was zum Großteil auf ebendiese Finanztransaktionen zurückzuführen ist. Diese Menge steht dem Markt nicht zur Verfügung, so dass dieser künstlich verknappt wird, was sich u.a. in langen Wartezeiten zur Auslieferung des Materials bemerkbar macht.
Ende Oktober betrug die Wartezeit in Detroit, dem größten Lagerort für Aluminium in den USA, 671 Tage. In Vlissingen, dem europäischen Pendant, waren es 637 Tage. Wir gehen davon aus, dass sich die Konditionen der Finanzierungsgeschäfte merklich verschlechtern werden, wodurch zumindest ein Teil des derzeit noch gebundenen Angebots wieder frei erhältlich und dem Markt somit zur Verfügung stehen wird. Hierzu tragen die von uns erwarteten steigenden Zinsen in den USA ebenso bei wie die bereits erfolgte deutliche Verflachung der Terminkurve.
Auch die Einführung der neuen Lagerhaltungspraktiken der LME, die zum 1. Februar in Kraft treten werden, sofern sie nicht abermals gerichtlich gestoppt werden, dürfte eine Rolle spielen. Ab dann müssen die Lagerhäuser täglich mehr Material ausliefern als sie hereinnehmen, sofern die Wartezeit zur Auslieferung mindestens 50 Tage beträgt.

Eine Auflösung der Finanzierungsgeschäfte sollte auch zu fallenden physischen Prämien führen. Diese liegen in Europa und den USA über 500 USD je Tonne, die auf den LME-Preis aufgeschlagen werden müssen, um ein realistisches Bild der Kosten zu erhalten (Grafik 7). Eine Halbierung der Prämien auf die Niveaus von Ende 2013, bevor der letzte rasante Anstieg einsetzte, erwarten wir jedoch nicht. Hierzu bedürfte es wohl zusätzlich einer deutlich schwächeren Nachfrage, von der wir nicht ausgehen.
Im aktuellen Marktumfeld halten wir Preise über 2.000 USD je Tonne für nicht gerechtfertigt. Das Angebot ist u.E. reichlich und wird im nächsten Jahr durch die höheren chinesischen Exporte und die Auflösung von Finanztransaktionen zusätzlich ausgeweitet. Ende 2015 sehen wir den Aluminiumpreis bei 1.900 USD je Tonne.
Nickel:
Die spektakulärste Preisentwicklung von allen Industriemetallen hat in diesem Jahr Nickel verzeichnet. Es verteuerte sich zwischenzeitlich um über 50% und erreichte im Mai mit gut 21.600 USD je Tonne den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren. Nach einer deutlichen Korrektur im Herbst ging es zuletzt mit dem Preis wieder bergauf (Grafik 8). Sofern sich bis Jahresende nichts Gravierendes mehr ändert, wird sich Nickel unter den Industriemetallen im Verlauf von 2014 am stärksten verteuert haben.
Spürbaren Aufwind bekam Nickel im Frühjahr, als sich herausstellte, dass Indonesien mit dem im Januar eingeführten Exportverbot von unbehandelten Erzen Ernst macht und nicht wie von einigen Marktbeobachtern erwartet zurückrudert. Bis zur Einführung des Ausfuhrverbots war Indonesien der weltweit größte Nickelerzexporteur und hat vor allem den chinesischen Markt versorgt. China hat sich infolge dessen nach alternativen Anbietern umschauen müssen und ist
auf den Philippinen auch fündig geworden (Grafik 9).
Allerdings sind die philippinischen Nickelerze von geringerer Qualität, so dass der Ausfall Indonesiens nicht vollständig aufgefangen werden kann. Zudem hatte auf den Philippinen Anfang September ein Senator einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, nach indonesischem Vorbild ebenfalls ein Exportverbot für unbehandelte Erze einzuführen. Dies hatte vorübergehend zu einer steigenden Nervosität am Nickelmarkt geführt. Die kurz- bis mittelfristigen Angebotsrisiken, die von dieser Initiative ausgehen, sind u.E. aber sehr gering. Denn bis zum möglichen Inkrafttreten des Gesetzes könnten bis zu sieben Jahre vergehen.
Die nach China gelieferten Nickelerze werden dort zur Produktion von sog. Nickelroheisen (Nickel Pig Iron, NPI) verwendet. In diesem Jahr werden die NPI-Hersteller in China ihre Produktion laut Einschätzung des staatlichen Research-Instituts Antaike wohl auf 450 Tsd. Tonnen ausgeweitet haben, nach 330 Tsd. Tonnen im Vorjahr. NPI macht damit knapp ein Viertel der weltweiten Nickelproduktion aus. Laut Einschätzung von SMM sind bei Nickelpreisen unter 16.000 USD je Tonne die meisten chinesischen NPI-Produzenten unprofitabel.
Wegen des Exportverbots von Nickelerzen in Indonesien und nicht kostendeckender Preise erwartet Antaike, dass die NPI-Produktion 2015 um 100 Tsd. Tonnen zurückgehen könnte.
