Preisfindung am Eisenerzmarkt im Wandel

BREE erwartet, dass die chinesischen Eisenerzimporte 2014 weiter zulegen und auf über 850 Mio. Tonnen steigen dürften. Begründet wird dies mit einer Ausweitung der Stahlproduktion im Reich der Mitte sowie dem geringen Eisengehalt der lokalen Eisenerzvorkommen. Die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission in China geht zudem davon aus, dass das Land langfristig von Eisenerzimporten abhängig sein wird. Die Eisenerzeinfuhren in die EU, nach Japan oder Südkorea stagnierten dagegen zuletzt bzw. waren nur leicht höher. Global betrachtet wurden gemäß Daten von UNCTAD 2012 insgesamt 1,86 Mrd. Tonnen Eisenerz nachgefragt. 2013 soll die Nachfrage um 3,7% auf 1,93 Mrd. Tonnen zunehmen und 2014 erstmals die Marke von 2 Mrd. Tonnen übersteigen.
Preisfeststellung / Handelbarkeit
Am Eisenerzmarkt wurden die Preise rund 40 Jahre lang durch das sogenannte Benchmark-System festgelegt. Dabei handelten die Eisenerzproduzenten mit den Stahlherstellern bilateral jedes Jahr zum 1. April einen festen Preis für die kommenden zwölf Monate aus. Die ersten Vertragsabschlüsse des Jahres galten für die Branche als richtungsweisend ("Benchmark") und wurden von den Marktteilnehmern weitgehend akzeptiert. Auf Bestreben der großen Eisenerzproduzenten hin brach im Frühjahr 2010 jedoch das jahrzehntealte Benchmark-System auf. Denn die Eisenerzproduzenten mussten trotz stark gestiegener Preise im zweiten Halbjahr 2009 und in den ersten Monaten 2010 ihren Kunden das Material zu den im Voraus festgelegten niedrigen Preisen liefern. Dadurch sind den Eisenerzproduzenten Erträge in zweistelliger Milliardenhöhe entgangen.

Nach zu Beginn noch heftigem Widerstand insbesondere der chinesischen Stahlhersteller und im Zuge dessen politischen Differenzen zwischen der chinesischen und australischen Regierung, gaben die Stahlhersteller schlussendlich nach und akzeptierten zähneknirschend Verträge mit kürzerer Laufzeit. Dabei setzten sich Quartalskontrakte durch, die den Beginn der indexbasierten Preisfeststellung, das sogenannte Index Pricing, markierten.
Die vereinbarten Eisenerzpreise orientieren sich dabei am durchschnittlichen Kassa-Preis des vorangegangenen Quartals. Vereinfacht ausgedrückt sammeln die Indexanbieter von den Marktteilnehmern zum Beispiel per Telefon, email und Website-Eingabe tagesaktuelle Daten zu tatsächlichen Transaktionen und errechnen daraus einen volumengewichteten Durchschnitt. Dieser wird noch anhand des Eisengehalts und der Frachtraten normalisiert und anschließend der Index gebildet. Gemäß UNCTAD ist die indexbasierte Preisfeststellung zwischen den Eisenerzproduzenten und den Stahlherstellern nun weit verbreitet und wird für 70-75% aller Verträge herangezogen. Jährliche Preisvereinbarungen machen demnach nur noch 10-15% aus, der Rest entfällt auf den Kassa-Handel (10-20%). Der Eisenerzmarkt ähnelt damit mehr und mehr anderen entwickelten Metallmärkten. Obwohl die der Preisfeststellung zugrunde liegenden Indizes weitgehend akzeptiert sind, haben sich auch Vorurteile gebildet. So gelten manche Indizes als anfällig für willkürliche Ereignisse oder Manipulation.
In Reaktion auf das gestiegene Interesse und die zunehmende Nachfrage von Unternehmen aus den beteiligten Branchen zum Handel und zur Abwicklung von Eisenerz-Swaps sowie aufgrund der Vorurteile gegenüber der indexbasierten Preisfeststellung hatte die Börse SGX AsiaClear in Singapur Ende April 2009 den Handel von Eisenerz-Swaps eingeführt. Eigenen Angaben zufolge wickelt die Börse, die in diesem Falle eine Vorreiterrolle einnimmt, mehr als 90% der weltweiten Eisenerz-Swap-Volumina ab. Als Basiswert gilt dabei nach China geliefertes Eisenerz mit einem Eisengehalt von 62%. Die Preise für dieses Eisenerz werden vom Datenanbieter The Steel Index (TSI) zur Verfügung gestellt. Eine Losgröße umfasst 500 Tonnen Eisenerz.
Die Laufzeit der Swaps beträgt bis zu 48 Monate. Für den Kontrakt findet am Ende jedes Monats eine Barabwicklung statt, die auf dem arithmetischen Durchschnitt des Eisenerz-Referenzpreises von TSI basiert. Nach anfänglichem Zögern erfreuen sich die Swaps mittlerweile einer immer größeren Beliebtheit. In der Spitze wurden bislang knapp 2,5 Mio. Tonnen Eisenerz an einem Tag gehandelt (Grafik 10). Im Gesamtjahr 2013 haben rund 230 Mio. Tonnen Eisenerz den Besitzer gewechselt. Dies waren doppelt soviel wie ein Jahr zuvor (108,9 Mio. Tonnen). Das macht den Börsenhandel mit Eisenerz bedeutender als es der LMEStahlhandel in Spitzenzeiten war.
Dennoch macht der Handel mit Swaps bislang nur einen kleinen Teil des seewärtigen Handels von Eisenerz aus. Neben den Swaps bietet die SGX AsiaClear auch den Handel mit Futures auf Eisenerz an. Die Liquidität könnte zukünftig noch merklich zunehmen, da einige staatliche chinesische Stahlproduzenten die Genehmigung erhalten haben, im Ausland Eisenerzderivate zu handeln. Erste Versuche zum Handel mit Eisenerz in Singapur wurden von den Unternehmen bereits unternommen.