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Rohstoffe kompakt Energie: Der Schieferboom und die Folgen

05.03.2013  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Die Entwicklung dürfte sich in den kommenden Jahren beschleunigt fortsetzen. Den Prognosen der Vereinigung der Ölproduzenten in Kanada (CAPP) zufolge steigt die Ölsandproduktion auf 4,2 Mio Barrel pro Tag im Jahr 2025 und 5,0 Mio. Barrel pro Tag 2030. Der Anteil an der gesamten Ölproduktion in Kanada soll 2030 einen Anteil von über 80% erreichen,verglichen mit 53% im Jahr 2011.

Die Ölsandförderung in Kanada ist ab Ölpreisen von 45 bis 70 USD je Barrel rentabel. Der Preis für schweres kanadisches Öl der Marke Western Canada Select bewegt sich seit Mitte Oktober in dieser Spanne. Zeitweise war kanadisches Rohöl bis zu 40 USD je Barrel billiger als WTI und mehr als 60 USD je Barrel billiger als Brent (Grafik 7). Der Grund hierfür liegt an mangelnden Pipelinekapazitäten, um das steigende Angebot von Alberta abzutransportieren.

Abhilfe könnte die Keystone-XL-Pipeline schaffen, durch welche 700 Tsd. Barrel Rohöl pro Tag von Alberta via Cushing an die US-Golfküste transportiert werden könnten. Eine Entscheidung der US-Regierung zur Genehmigung des Nordabschnitts, welcher Alberta mit dem Lagerort in Cushing verbinden soll, steht unmittelbar bevor. Der US-Bundesstaat Nebraska, welcher das Projekt aufgrund von Umweltbedenken lange Zeit blockierte, hat dem Bau bereits zugestimmt.

Im Falle eines baldigen Baubeginns rechnet der Pipelinebetreiber TransCanada mit einer Inbetriebnahme der Pipeline im Jahr 2015. Dann würden die kanadischen Ölsandvorkommen für die Raffinerien an der US-Golfküste und auch für den Weltmarkt verfügbar sein. Ohne die Keystone-XL-Pipeline könnten die kanadischen Ölpreiseauf ein noch niedrigeres Niveau absinken und die Produktion womöglich nicht mehr rentabel machen. In diesem Falle könnte sich Kanada nach alternativen Absatzmärkten im asiatisch-pazifischen Raum umsehen.

Die USA werden dies unseres Erachtens kaum riskieren wollen. Mit Exporten von durchschnittlich 2,4 Mio. Barrel pro Tag war Kanada im vergangenen Jahr der wichtigste Öllieferant der USA.

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Die geschilderten Entwicklungen auf dem nordamerikanischen Ölmarkt haben auch Auswirkungen auf den Weltmarkt. Bereits jetzt importieren die USA ca. 2 Mio. Barrel pro Tag weniger Rohöl als vor fünf Jahren. Das freiwerdendeAngebot drängt auf andere Absatzmärkte und wirkt dort somit preisdämpfend. In der Folge ist der Brentölpreis trotz niedriger freier Förderkapazitäten und zahlreicher Angebotsrisiken in den vergangenen Jahren nicht stärker gestiegen.

Den Prognosen der EIA zufolge könnten die US-Ölimporte in den kommenden sieben Jahren um weitere 1,5 Mio. Barrel pro Tag zurückgehen. Der preisdämpfende Effekt dürfte daher anhalten. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die USA den Export von Rohöl erlauben sollten bzw. das kanadische Öl direkt oderin verarbeiteter Form auf den Weltmarkt gelangt. Insbesondere die Produzenten leichter Ölsorten in Westafrika und Nordafrika könnten dann Probleme bekommen. Für Europa wäre dies eine willkommene Entwicklung, weil dadurch der Rückgang der Nordseeproduktion kompensiert würde.

Mit fallenden Ölpreisen rechnen wir infolge der Angebotsausweitung in Nordamerika allerdings nicht. Zum einen dürfte die wachsende Nachfrage in den asiatischen Schwellenländern das zusätzliche Angebot absorbieren. Zum anderen darf nicht vergessen werden, dass bei niedrigeren Ölpreisen die Schieferöl- und Ölsandproduktion weniger rentabel ist, so dass in diesem Falle mit einem geringeren Produktionsanstieg zu rechnen wäre als derzeit unterstellt.


Schiefergasproduktion - Revolution in der Warteschleife

Und wie sehen die Produktionstendenzen am US-Gasmarkt aus, wo die Revolution der Förderung aus Schieferformationen ihren Anfang nahm?Dank der Ausweitung der Schiefergasproduktion, die mittlerweile knapp ein Drittel der US-Gasproduktion ausmacht, war die US-Gasproduktion von 2005 bis 2011 noch kräftigum 25% gestiegen. Die Schiefergasproduktion hatte sich von 2005 bis 2011 verzehnfacht (Grafik 8).

Dieser Anstieg war vor allem auf die drei Bundesstaaten Texas, Louisiana und Pennsylvania zurückzuführen, welche 2011 knapp 75% der gesamten US-Schiefergasproduktion stellten. 2012 hat sich der Produktionszuwachs allerdings merklich abgeschwächt. Damit wird auch der Anstieg der US-Gasproduktion insgesamt ausgebremst. Diese dürfte im letzten Jahr nur noch gut 4% zugelegt haben. Dabei beschönigt der Vergleich der Jahresdurchschnitte die Entwicklung sogar: im Jahresverlauf konnte die US-Gasproduktion nur noch leicht zulegen (Grafik 9).

Ausschlaggebend für die jüngste Stagnation ist das deutlich niedrigere Preisniveau, welches für viele Produzenten die Gasproduktion unrentabel macht. Infolgedessen sind die Bohraktivitäten massiv gesunken. Heute ist die Anzahl der Bohrungen mit gut 420 knapp 75% niedriger als im Hoch 2008, als der Gaspreis auf Rekordhoch notierte(Grafik 10, Seite 6). Allerdings ist die Produktion anders als in der Vergangenheit nicht im gleichen Ausmaß geschrumpft, sondern war überraschend robust.

Eine einfache Erklärung gibtes dafür nicht. Vielmehr ist eine Vielzahl von Gründen anzuführen: Zum einen dürften einige Produzenten ihre Produktion zu höheren Preisen abgesichert haben, zum zweiten sind die Erschließungskosten sogenannte "sunk costs", also versunkene oder irreversible Kosten. Die laufenden Kosten sind meist deutlich niedriger. Auch fällt ein Teil der Gasproduktion alsBegleitgas bei der Förderung von Schieferöl an. So hat sich beispielsweise die abgesetzte Gasproduktion in Nord-Dakota dank der Schieferölproduktion im Bakken seit Ende 2006 vervierfacht.

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