Im Blickpunkt: Kanada und der Schwarze Sand


Die verheerenden Waldbrände in Fort McMurray rückten Kanadas Ölindustrie zuletzt in die Schlagzeilen. Grund genug, die dortige Ölförderung kurz zu beleuchten. Mit rund 172 Milliarden Barrel Öl liegt Kanada auf Platz 3 der erdölbesitzenden Länder. Die Nummer zwei Saudi-Arabien, hat 268 Mrd. Barrel Öl im Boden. (Quelle BP, Stand 2014)
Die größten Öllagerstätten in Kanada befinden sich in der Provinz Alberta, rund um den Athabasca-River und der Stadt Fort McMurray. Dort befindet sich das größte Abbaugebiet, Athabasca-Wabasca. Daneben sind zwei kleiner Lagerstätten, Cold Lake und Peace River von Bedeutung, zusammen liegen dort 166 Mrd. Barrel auf einer Fläche von rund 142.000 km², 96% des gesamten kanadischen Öls.
Das dort liegende Öl ist nicht in reiner Form vorhanden, sondern in den dort vorkommenden Sanden gebunden. Neben Sand, Schlamm, Lehm und Wasser ist auch Kerogen enthalten, welches sich in Öl umwandeln lässt. Der technische Begriff für aus Ölsand extrahiertes Öl ist "crude bitumen".
Je nach Lagerstätte lassen sich Ölsande auf unterschiedlichste Art und Weise abbauen. Die einfachste Möglichkeit ist per Tagebau, diese Methode ist aber sehr aufwändig und in den genannten Lagerstätten schwer durchzuführen.
Ein Ölsand-Tagebau in Kanada ist nur bis zu einer Tiefe von 100 Metern möglich. 90% der abbaubaren Fläche liegt jedoch tiefer, deshalb ist die In-Situ-Methode am geeignetsten, wo der Ölsand vor Ort verarbeitet wird. Zur Ölgewinnung aus Sanden sind mehrere Verfahren möglich. Die verbreitest Methode in Kanada ist die Steam Assisted Gravity Drainage-Methode. Bei diesem SAGD-Verfahren wird das Gelände oberhalb der Ölsandvorkommen von sämtlicher Vegetation befreit und zwei Druckröhren unter der Erdoberfläche verlegt.
Durch eine Druckröhre wird Wasserdampf von 300 Grad zur Ölsandlagerstätte befördert. Nachdem der Hochdruckdampf eingeleitet wurde, wird das durch die Hitze verflüssigte Öl-Sand-Gemisch durch die zweite Röhre nach oben gefördert. Dort wird das Kerogen durch chemische Verfahren aus dem geförderten Öl-Sand-Gemisch getrennt. Das Wasser wird wiederverwendet und zur erneuten Dampferzeugung genutzt.
Pro gefördertem Barrel Öl ist das Doppelte bis Fünffache an Wasser nötig. Bei großen SAGD-Anlagen wird der Hochdruckdampf in zentralen Einrichtungen erzeugt und über Pipelines zu den entsprechenden Stellen transportiert.
Fördermenge steigt weiter an
In den letzten Jahren haben die größten Unternehmen im Ölsand-Bereich, Suncor, Imperial Oil und Canadian Natural mehrere Tausend Hektar an Vegetation vernichtet, um an den schwarzen Sand zu gelangen. Die Fördermengen haben sie in den letzten Quartalen trotz des Ölpreisverfalls weiter erhöht.
Besonders Suncor hat die Ölsandförderung im Vergleich zum Vorquartal erhöht. Dazu hat sowohl die Rekordförderung zweier Ölfelder als auch der Erwerb von Canadian Oil Sand Limited beigetragen. Insgesamt haben diese beiden Faktoren zur Produktionsausweitung von 100.000 bpd geführt (Q1/2016 zu Q4/15, vgl. Grafik).

Das Canadian Energy Research Institut (CERI) geht davon aus, dass die Fördermengen von Ölsanden bis 2030 weiterhin stark steigen wird. Einzelne Unternehmen hatten zuletzt ihren Ölabbau weiter ausgedehnt. Suncor hat die Förderung von Ölsanden in den letzten vier Quartalen um 26,1% gesteigert. Die Gesamtförderung ist in demselben Zeitraum um 23,5% gewachsen.
Auch Canadian Natural steigerte die Produktion um mehrere Prozent. Dabei haben die Unternehmen in den letzten Quartalen erhebliche Verluste mit der Förderung eingefahren. Damit sich die Förderung wieder lohnt, sollte der Ölpreis laut CERI auf mindestens 48 USD je Barrel steigen.
Im Blickpunkt Kanada
Auf Preisschock folgt Förderstopp
Noch vor wenigen Jahren, als ein Barrel Rohöl noch über 100 USD kostetet, wurde Fort McMurray auch Fort Make Money genannt. Neben dem Verfall des Ölpreises muss die Stadt nun einen weiteren herben Rückschlagverkraften. Durch den Brand, welcher den Großteil von Fort McMurray zerstört hat, haben viele Bürger ihre Häuser verloren.
Darunter befinden sich vor allem Arbeiter aus der Ölindustrie. Wegen der massiven Rodungen der Ölfelder hat sich das Feuer nicht auf diese ausgebreitet. Die Ölfelder sind zwar nicht zerstört, trotzdem fällt die Förderung weiterhin aus, da sich nach wie vor Schadstoffe in der Luft befinden, die die Arbeit an Förderstellen unmöglich macht.
Es muss zunächst die zerstörte Infrastruktur wieder aufgebaut werden, um einen reibungslosen Betrieb zu garantieren. Wie durch die Unternehmen zu vernehmen ist, wird die Förderung in den nächsten Wochen wiederaufgenommen. Dennoch haben die Brände zu einem erheblichen Produktionsausfall von mehreren Millionen Barrel Öl geführt, dieser wird sich auch in den nächsten Quartalsberichten der ansässigen Unternehmen niederschlagen.
© Andreas Aichelberger
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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