Rohstoffe kompakt Industriemetalle: Nachfrageerholung gibt 2013 Preisen Auftrieb

An den Angebotsüberschüssen am globalen Aluminiummarkt dürfte sich weder in diesem noch im nächsten Jahr etwas ändern. So wird der Überschuss sowohl für 2012 als auch für 2013 von Marktbeobachtern auf jeweils bis zu 1,3 Mio. Tonnen geschätzt. Grund hierfür ist die nach wie vor hohe Produktion, vor allem in China. In den vergangenen Monaten wurden Produktionsrücksetzer stets schnell wieder aufgeholt, so dass die Aluminiumherstellung sowohl in China als auch auf globaler Ebene weiter in der Nähe der Rekordhochs verharrt (Grafik 4).
Anstatt dringend notwendiger Produktionskürzungen könnte es im kommenden Jahr sogar zu einer Ausweitung der Kapazitäten kommen. Denn so werden gemäß Einschätzung des Datenanbieters Shanghai Metals Market (SMM) in Chinaderzeit neue Aluminiumschmelzen mit einer jährlichen Produktionskapazität von 1,2 Mio. Tonnen in Betrieb genommen, der Großteil davon in den nord-westlichen Provinzen des Landes. Diese zeichnen sich vor allem durch niedrigere Stromkosten aus.
In anderen Provinzen in China wird die Aluminiumproduktion durch die anhaltende Subventionierung von Strom quasi künstlich hochgehalten. Dennoch arbeiten viele chinesische Aluminiumhersteller unprofitabel. Angaben von SMM zufolge beliefen sich die durchschnittlichen Produktionsverluste Ende November auf 550-600 RMB je Tonne (entspricht bei einem CNY/USD-Wechselkurs von 6,2266 rund 88-96 USD je Tonne) und damit fast doppelt soviel wie noch zu Mitte des Jahres.
Ein wesentlicher Aspekt, der die Aluminiumhersteller davon abhalten dürfte, ihre Produktion zu drosseln, sind die (nahezu) rekordhohen physischen Prämien, die derzeit auf den LME-Preis gezahlt werden und die hohen Produktionskosten abfedern. So wurden von den Verbrauchern Ende November z.B. in Europa am Kassa-Markt Prämien von280-295 USD je Tonne gezahlt. In den USA waren es zu diesem Zeitpunkt gut 240 USD je Tonne und in Japan verlangen die Aluminiumproduzenten von den Verbrauchern für das erste Quartal 2013 einen Aufschlag von bis zu 240 USD je Tonne (Grafik 5).
Hohe Prämien sind theoretisch ein Indiz für einen knappen Markt. Die aktuelle physische Knappheit besteht jedoch nur auf dem Papier. So zeigt ein Blick auf die LME-Lagerstatistik, dass in den Lagerhäusern der Londoner Metallbörse reichlich Aluminium vorhanden ist. Die Bestände sind sogar jüngst auf ein Rekordhoch von 5,2 Mio. Tonnen gestiegen. Allerdings verhindern Finanztransaktionen und laxe Auslieferungsbestimmungen der LME selbst, dass es zu einem Abbau dieser Vorräte kommen kann, wodurch der globaleAluminiummarkt künstlich verknappt wird.
Rund zwei Drittel der LME-Aluminiumbestände sind dabei in Finanztransaktionen gebunden. An dieser Situation dürfte sich auch vorerst nichts ändern. Denn der ausgeprägte Contango in der Forward-Kurve von Aluminium macht diese Finanztransaktionen attraktiv. Dabei wird üblicherweise gleichzeitig ein Kontrakt mit kurzer Laufzeit gekauft und ein Kontrakt mit längerer Laufzeit verkauft. Die Transaktion ist rentabel, solange die Differenz zwischen den beiden Kontrakten die Kosten (inklusive Lagerhaltung, Versicherung, etc.) übersteigt.
Trotz der anhaltend hohen Angebotsüberschüsse am globalen Aluminiummarkt gehen wir 2013 von weiter moderat steigenden Preisen aus. Das Leichtmetall sollte dabei von einer Erholung der Weltwirtschaft profitieren. Ferner erwarten wirProduktionskürzungen, die den Preis unterstützen dürften, da nicht auf Dauer Verluste gemacht werden können. Ende 2013 sehen wir den Aluminiumpreis bei 2.350 USD je Tonne.

Nickel:
Nach dem nahezu ausgeglichenen Markt im Jahr 2010 und dem moderaten Angebotsdefizit im letzten Jahr hat sich die Lage amglobalen Nickelmarkt komplett gedreht. So berichtete jüngst die International Nickel Study Group (INSG) von einem Angebotsüberschuss in den ersten neun Monaten des Jahres in Höhe von 59,8Tsd. Tonnen. Für das Gesamtjahr geht die INSG von einem Marktüberschuss von rund 50 Tsd. Tonnen aus. Im nächsten Jahr erwartet sie eine Zunahme des Überschusses auf rund 70 Tsd. Tonnen (Grafik 6).
Grund dafür ist die Ausweitung der Produktion, die das Wachstum der Nachfrage übersteigt. Sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr soll die Produktion um jeweilsmehr als 5% zulegen. Dagegen zeigt sich das Nachfragewachstum mit etwas mehr als 3% in 2012und gut 4% in 2013 moderat.
Für die Ausweitung der Produktion zeichnet vor allem die Inbetriebnahme bzw. das Hochfahren neuer Minenprojekte verantwortlich. So ist z.B. die Aufnahme der kommerziellen Produktion in der "Ambatovy"-Mine in Madagaskar für Anfang nächstesJahr geplant. Die Mine hat eine jährliche Produktionskapazität von 60 Tsd. Tonnen. Auch beim Nickelprojekt "Koniambo" in Neu-Kaledonien soll im Januar der kommerzielle Produktionsstart erfolgen. Die erste Bauphase ist dort abgeschlossen, die Erweiterung der Kapazitäten auf ebenfalls 60 Tsd. Tonnen p.a. soll bis Ende 2014 erfolgen. Und auch die Nickelprojekte "Onca Puma" und "Barro Alto" in Brasilien dürften nach teilweise großen Anlaufschwierigkeiten ab dem nächsten Jahr zur Erhöhung der Produktion beitragen.
Darüber hinaus haben die chinesischen Nickelhersteller in den vergangenen Monaten stark in die Modernisierung ihrer Schmelzereien investiert, insbesondere in Anlagen zur Produktion von sog. Nickelroheisen (Nickel pig iron). Dies hat zurFolge, dass die nunmehr effizienteren Anlagen auch bei niedrigeren Nickelpreisen profitabel arbeiten können und damit zur Ausweitung des Angebots beitragen. Die zur Verarbeitung benötigten Nickelerze beziehen die chinesischen Produzenten vor allem aus Indonesien und den Philippinen.
Anfang November hatte der Oberste Gerichtshof in Indonesien einen von der Regierung im Februar verhängten und im Mai in Kraft getretenen Exportstopp von Erzmineralien annulliert. Sollte der Exportstopp tatsächlich aufgehoben werden - die Regierung berät sich gerademit Anwälten -, würde dem Weltmarkt auch aus dieser Quelle wieder mehr Angebot an Nickel zur Verfügung stehen.
Nachfrageseitig ist die Entwicklung in der Edelstahlindustrie von größter Bedeutung, die rund zwei Drittel der gesamten Nickelnachfrage ausmacht.Obwohl die Dynamik spürbar nachgelassen hat, erwartet MEPS, ein auf die Analyse der Stahlmärkte spezialisiertes Research-Institut, einen Anstieg der weltweiten Edelstahlproduktion auf ein Rekordhoch von 34 Mio. Tonnen in 2012. 2013 soll die Produktion um 3% auf 35 Mio. Tonnen zunehmen (Grafik 7).
Die hohe Edelstahlproduktion sollte sich positiv aufdie Nickelnachfrage auswirken, zumal wir nicht davon ausgehen, dass es kurzfristig zu einem Abbau der Überkapazitäten am Weltmarkt kommen wird. Vor allem China trägt aufgrund seiner hohen Produktion seit mittlerweile 2½ Jahren zur Ausweitung des Angebots bei.
Der Nickelpreis bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen einer anhaltend hohen Nachfrage und einer Ausweitung des Angebots. Unseres Erachtens wird letztere vom Markt unterschätzt und dürfte deutlich steigenden Preisen entgegenstehen. Anlaufprobleme bei den neuen Projekten könnten die erwarteten Überschüsse jedoch geringer ausfallen lassen. Wir sehen den Nickelpreis Ende nächsten Jahres bei 18.200 USD je Tonne.
