Biokraftstoffe: Zielkonflikte immer offensichtlicher

Nur wenn eine Waldvernichtung in engen Grenzen gehalten werden kann, besteht aber ein nennenswertes Potenzial zur Verminderung von Treibhausgasemissionen, da der größte Teil der Bioenergie aus Ethanol aus Zuckerrohr kommen wird, das in dieser Hinsicht die beste Bilanz aufweist (Grafik 6). Auch dieser Aspekt - der etwa die US-Umweltbehörde EPA im Februar veranlasste, Ethanol aus Zuckerrohr als fortgeschrittenen Biokraftstoff einzustufen, der über 50% an Treibhausgasen einspart - ist ein großer Wettbewerbsvorteil für Brasilien, der erhöhte Exporte in Aussicht stellt. Er bietet Brasilien auch ein gutes Argument in seinem Protest gegen den noch immer bestehenden Einfuhrzoll der USA.

Auch in den USA ist mit einer Ausdehnung der Fläche zur Bioenergiegewinnung zu rechnen, wenn die Vorgaben des Renewable Fuel Standard RFS erfüllt werden sollen. Grundlage der US-Politik ist der Energy Independence and Security Act von 2007 (EISA), in dem eine Untergrenze für die US-Biokraftstoffproduktion bis 2020 formuliert und Zielvorgaben für die Herstellung aus bestimmten Basisstoffen gemacht werden. Konkret wird unter der Erwartung, dass der US-Energieverbrauch bis 2030 um 50% steigt, die Vorgabe gemacht, dass die Produktion an Biokraftstoffen bis 2022 auf 36 Mrd. Gallonen steigen muss. Allerdings sollen 21 Mrd. durch Biokraftstoffe neuerer Generation erfüllt werden, nur bei 15 Mrd. kommt eine Erfüllung durch traditionelle Biokraftstoffe wie Ethanol aus Mais in Frage.
In 2007 verbrauchten die USA 6,8 Mrd. Gallonen Ethanol und 0,5 Mrd. Gallonen Biodiesel. In 2010 und für 2010 wurden allerdings die Anforderungen an die Herstellung von Biokraftstoffen aus Zellulose auf 6,5 Mio. Gallonen reduziert, statt der in EISA zu diesem Zeitpunkt bereits vorgesehenen 100 Mio., nachdem die Produktionskapazitäten bisher längst nicht in dem erwarteten Maße aufgebaut wurden. Derzeit gibt es ein 10%-Maximum für die Beimischung von Ethanol zu Benzin in den USA. Da maisbasiertes Ethanol auch bis auf weiteres fast die gesamten Biokraftstoffe der USA stellen wird und ein Drittel der US-Maisproduktion beansprucht, erwartet das USDA bis 2015 eine Ausdehnung der Maisfläche um 3,5% mit Schwerpunkt auf den bereits jetzt starken Anbaugebieten in den Nördlichen Plains.
Da Mais als stickstoffdüngerintensiv gilt, sind die damit verbundenen Gefahren für die Wasserqualität eine Sorge des USDA. Mit zunehmender Verwendung für Biokraftstoffe könnten Soja und Mais als Futtermittel knapper werden und die Fleischproduktion beeinträchtigen. Allerdings erwartet das USDA nur einen Rückgang der Tierproduktion um einen halben Prozentpunkt gegenüber der Referenzsituation ohne EISA.
In 2008 machten Biokraftstoffe 3,4% des Gesamtverbrauchs an Transportkraftstoffen in der EU aus. Dabei musste 26% des Biodiesels und 31% des Ethanols importiert werden, weitgehend aus den USA und aus Brasilien. Selbst produziert hat die EU in 2008 7,78 Mio. Tonnen Biodiesel - in hohem Maße aus Rapsöl - und 2,855 Mio. Tonnen Ethanol. Die Union hat sich in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie von 2009 das Ziel gesetzt, bis 2020 20% des Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien (Solar-, Wind-, Wasserenergie, feste Biomasse, Biokraftstoffe) zu decken. 10% der verbrauchten Energie im Verkehrssektor soll aus erneuerbaren Quellen stammen - 70% davon aus Biokraftstoffen.
Für 2010 gilt eine Vorgabe von 5,75%. Umweltbedenken möchte die EU-Kommission mit Richtlinien begegenen, wonach Biokraftstoffe nicht aus Material aus Tropenwäldern oder jüngst entwaldeten Gebieten oder solchen mit hoher Biodiversität hergestellt werden sollen. Allerdings schrecken gerade Untersuchungen im Auftrag der EU- Kommission auf, die mit verschiedenen Modellen und Annahmen durchschnittlich einen zusätzlichen Flächenbedarf von 4,5 Mio. Hektar Land, etwa die Größe Dänemarks, ermitteln, wenn bis 2020 7% der Transportkraftstoffe aus Biokraftstoffen bestehen sollen. Energiekommissar Öttinger hat die Möglichkeit von Gesetzesänderungen eingeräumt, sollten sich die Bedenken einer hohen indirekten Landnutzungsänderung bestätigen.
