Lagerabbau ohne große Impulse für die Metallpreise

Noch ausgeprägter als bei Kupfer war in den letzten Monaten der Lagerabbau bei Nickel. Vom Rekordhoch Anfang Februar sind die Vorräte an der LME um 28% auf gut 120 Tsd. Tonnen und damit auf den Stand von Oktober 2009 gefallen. Wie bei den anderen Metallen ging der Lagerabbau mit einem Anstieg der gekündigten Lagerscheine einher. Diese sind Mitte Juni zwischenzeitlich auf das höchste Niveau seit 6,5 Jahren gestiegen. Mit aktuell 5,3 Tsd. Tonnen entsprechen sie 4,4% des gesamten Lagerbestandes. Vor allem ein Wiedererstarken der Edelstahlindustrie hat dazu beigetragen. Diese ist gerade dabei, ihre im Zuge der Wirtschaftskrise stark reduzierten Vorräte wieder aufzubauen.
Laut Einschätzung von CRU soll die globale Edelstahlproduktion in diesem Jahr um 15% auf 29 Mio. Tonnen steigen. Allerdings haben in jüngster Zeit die Edelstahlproduzenten von Auftragsverschiebungen seitens ihrer Kunden berichtet, so dass der Impuls von dieser Seite her nachlassen könnte. Auch die Beendigung des seit einem Jahr andauernden Streiks in den kanadischen Nickelminen von Vale könnte durch eine zukünftig wieder höhere Produktion den Lagerabbau zumindest verlangsamen. Diese stehen immerhin für rund 10% der globalen Nickelproduktion. Der weltweit zweitgrößte Nickelproduzent hat kürzlich mit den Gewerkschaften einen neuen Tarifvertrag ausgehandelt.
Ebenfalls bei Zinn wurden die Lagerbestände zuletzt deutlich reduziert. Allein in den letzten fünf Monaten sind diese um 41% bzw. 11,6 Tsd. Tonnen gesunken. Mit 16,4 Tsd. Tonnen befinden sie sich nunmehr wieder auf dem Stand von vor 12 Monaten. Die gekündigten Lagerscheine machen mittlerweile knapp 7% der gesamten Lagerbestände aus.
Bei Zink und Blei sieht die Situation etwas anders aus. Zwar ist auch bei diesen beiden Metallen die Anzahl der gekündigten Lagerscheine gestiegen; im Gegensatz zu Kupfer, Aluminium, Nickel und Zinn befinden sich die Vorräte allerdings nach wie vor auf einem unverändert sehr hohen Niveau. In den Lagerhäusern der LME liegen noch immer rund 190 Tsd. Tonnen Blei. Dies entspricht dem höchsten Stand seit Oktober 2002. Die Zinkvorräte der LME sind mit 616 Tsd. Tonnen weiterhin auf 5-Jahreshoch. In den Lagerstätten der Börse Shanghai befinden sich diese mit 250 Tsd. Tonnen nur unweit des jüngst verzeichneten Rekordniveaus.
Der noch nicht erfolgte Lagerabbau bei Zink steht im Gegensatz zu einer zuletzt deutlich ausgeweiteten Stahlproduktion. Zink wird überwiegend in der Galvanisierung von Stahl verwendet. Diese ist auf globaler Ebene gemäß Angaben der World Steel Association im Mai auf ein neues Allzeithoch von 124 Mio. Tonnen gestiegen (Grafik 4). Vor allem China trug mit einer Rekordproduktion zu diesem erneuten Anstieg bei. Dadurch hat sich am weltweiten Stahlmarkt allerdings ein Angebotsüberschuss aufgebaut, der sich laut Schätzungen der World Steel Association im laufenden Jahr auf 300 Mio. Tonnen summieren könnte. Darüber hinaus zeigt die Stahlnachfrage derzeit Schwächen. Insbesondere in China und dort aus der Automobilindustrie wird weniger Stahl geordert.
Der zweitgrößte Stahlhersteller des Landes, Baosteel, hat bereits angekündigt, deswegen sowohl die Kapazitäten als auch die Preise im laufenden Quartal zu reduzieren. Darüber hinaus schraubt das Unternehmen seine mittelfristigen Expansionspläne zurück und kommt so einer Aufforderung der chinesischen Regierung nach, Überkapazitäten abzubauen. Die dadurch bedingt erwartet schwächere Zinknachfrage dürfte zumindest kurzfristig einen Lagerabbau bei diesem Industriemetall verhindern.
Von einem Abbau der Lagerbestände bzw. einem Anstieg der gekündigten Lagerscheine kann jedoch nicht zwangsweise auf steigende Metallpreise geschlossen werden. Das vergangene Jahr und auch die letzten Monate im laufenden Jahr haben sogar das Gegenteil bewiesen: Der starke Preisanstieg 2009 - Kupfer hat sich um 140% verteuert - ging mit einem deutlichen Anstieg der Lagerbestände einher. Im gleichen Zeitraum haben sich die Vorräte in den Lagerhäusern der LME um 50% erhöht. Dasselbe Phänomen ist seit Mitte Februar dieses Jahres zu beobachten, nur in die andere Richtung. Während die Kupferbestände um 21% zurückgingen, gab der Kupferpreis um 11% nach (Grafik 2, Seite 2). Ähnliches gilt in abgeschwächter Form auch für andere Metalle.