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Industriemetalle: Fundamentaldaten werden ignoriert

03.12.2009  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Nachdem die Nickelproduzenten anders als in früheren wirtschaftlichen Abschwüngen ihr Angebot rasch der schrumpfenden Nachfrage angepasst und die Produktion deutlich gedrosselt hatten, wurden angesichts der Erholung der Nickelpreise in jüngster Vergangenheit die stillgelegten Produktionsanlagen und verschobenen Projekte wieder reaktiviert. Darüber hinaus rechnet sich bei den derzeitigen Preisen die Nickelproduktion aus Erzen mit niedrigem Nickelgehalt wieder (so genanntes nickel pig iron). Entsprechend ist die Produktion in China bereits wieder deutlich gestiegen (Grafik 4).

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Auf ein reichliches Angebot am Markt deuten auch die sehr hohen Lagerbestände an der Londoner Metallbörse LME. Diese sind in diesem Jahr bereits um 73% gestiegen und liegen mit über 135.000 Tonnen auf dem höchsten Stand seit Februar 1995. Darüber hinaus könnte sich bis Ende des Jahres gemäß Schätzungen des chinesischen Metall-Informationsdienstes Antaike in nicht börsenerfassten Lagerhäusern in China bis zu 153.000 Tonnen verarbeitetes Nickel ansammeln. Dies würde mehr als 10% der gesamten weltweiten Jahresproduktion entsprechen. Ferner geht Antaike davon aus, dass diese Lagerbestände im nächsten Halbjahr auf den Markt kommen könnten, was zu weiter rückläufigen Importen führen sollte. Gerade die hohen chinesischen Importe hatten im Frühsommer die Erholung des Nickelpreises unterstützt.

Die hohen Lagerbestände deuten auf eine nur träge bzw. sogar stagnierende globale Nachfrage hin. Die Edelstahlbranche, mit knapp 70% der größte Verbraucher von Nickel, wurde im Rahmen der Wirtschaftskrise mit einem extrem starken Nachfragerückgang für ihre Produkte konfrontiert. Als Konsequenz daraus haben nahezu alle Edelstahlhersteller ihre Produktion deutlich heruntergefahren um Kosten zu sparen. Seit dem zweiten Quartal wurde im Zuge einer gestiegenen Nachfrage die Auslastung der Kapazitäten jedoch wieder erhöht (Grafik 5). Allerdings gibt es Anzeichen, dass zu viele Stahlproduzenten zu schnell die Auslastung erhöht und somit für ein reichhaltiges Angebot gesorgt haben. In den vergangenen Monaten haben sich im Zuge der gestiegenen Produktion bereits wieder Lagervorräte bei den Edelstahlproduzenten aufgebaut. Allein in China liegen diese aktuell bei über 200.000 Tonnen.

Der Markt bleibt mit Nickel gut versorgt. Auf mittlere Sicht dürfte das Nickelangebot weiterhin die Nachfrage übersteigen. Auch die International Nickel Study Group (INSG) rechnet im laufenden Jahr am Nickelmarkt mit einem Angebotsüberschuss von 70.000 Tonnen, der sich im nächsten Jahr sogar noch auf 90.000 Tonnen ausweiten soll. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Überschüsse dürften die Nickelpreise noch etwas weiter nachgeben; wir erachten jedoch das Rückschlagspotenzial angesichts der bereits erfolgten Korrektur als geringer als an den übrigen Metallmärkten. Im Durchschnitt des ersten Quartals rechnen wir mit einem Nickelpreis von 16.000 USD je Tonne. Im weiteren Verlauf des nächsten Jahres erwarten wir im Zuge einer sich erholenden Weltwirtschaft und einer daraus resultierenden Nachfragebelebung auch in den westlichen Industrienationen eine Erholung des Nickelpreises auf knapp 18.000 US-Dollar je Tonne zum Jahresende.


Aluminium: Angebotsüberschuss bleibt bestehen

Die deutliche Preiserholung am Aluminiummarkt hat zu einem kräftigen Wiederanspringen der Aluminiumproduktion geführt. Vor allem in China wurde die Produktion deutlich nach oben gefahren. Gemäß Angaben des International Aluminium Institute (IAI) ist die Aluminiumproduktion im Reich der Mitte im Oktober im Vergleich zum Vormonat um 6,2% gestiegen und hat sich damit den achten Monat in Folge erhöht. Seit dem Tief im Februar hat die Herstellung von Aluminium um fast 50% angezogen. Mit einer monatlichen Produktion von 1,3 Mio. Tonnen ist die Produktion höher als je zuvor (Grafik 6). Außerhalb Chinas wurde die Produktion noch in einigen anderen asiatischen Ländern sowie in Osteuropa erhöht; ansonsten sind die Unternehmen in Hinblick auf die Produktionsausweitung eher zögerlich. Insgesamt liegt damit die weltweite Aluminiumproduktion nach IAI 20% höher als im Tief, wobei knapp 40% auf China entfällt.

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Angesichts des rasanten chinesischen Produktionsanstiegs überrascht es nicht, dass der Importsog Chinas deutlich nachgelassen hat. Die im ersten Halbjahr extrem hohen Importe von Aluminium in China sind im Oktober auf 25.950 Tonnen eingebrochen. Seit dem Hoch im April sind die Importe damit um 93% gefallen. In der ersten Jahreshälfte hatten die chinesische Regierung und Unternehmen bei den niedrigen Preisen die Gelegenheit ergriffen und Lagerbestände aufgebaut. Schätzungen der China Nonferrous Metals Industry Association zufolge sollen sich diese auf 1,2 bis 1,5 Mio. Tonnen belaufen. Damit hat man aber die künftige Nachfrage vorweggenommen und die mittelfristigen Preisaussichten verschlechtert.

Auch die Lagerbestände an den beiden wichtigsten Metallbörsen in London und Shanghai sind auf Rekordniveau. Die Lagervorräte an der LME verharren mit aktuell über 4,6 Mio. Tonnen seit August auf diesem Niveau. Dies entspricht mehr als der gesamten Jahresproduktion in Westeuropa. In Shanghai haben die Lagerbestände mit über 270.000 Tonnen den höchsten Stand seit Beginn der Datenerfassung Anfang 2003 erreicht. Der Großteil der Aluminiumbestände ist jedoch durch langfristige Finanztransaktionen gebunden und steht dem Markt derzeit nicht zur Verfügung. Wird die Annahme zugrunde gelegt, dass die Finanztransaktionen eine durchschnittliche Laufzeit von 12 Monaten haben, dürfte das derzeit gebundene Aluminium im Laufe des nächsten Jahres auf den Markt kommen und so das Angebot noch zusätzlich ausweiten.





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