Industriemetalle: Angebotssorgen bringen Kehrtwende am Metallmarkt


Mit einer Stärke von 7,9 auf der Richterskala wurde der Südwesten Chinas am vergangenen Montag von dem schwersten Erdbeben seit über 50 Jahren getroffen. Das genaue Ausmaß der Zerstörungen ist bislang noch ungewiss. Die chinesischen Behörden rechnen mit mindestens 50.000 Toten, rund 5 Mio. Menschen sind infolge der Erdstöße obdachlos geworden. An der LME in London machte sich im Laufe der Woche zunehmend die Sorge breit, dass das Beben die Metallproduktion in der Region stärker in Mitleidenschaft gezogen haben könnte. Bei Aluminium und Zink verfügt Sichuan über 5% bzw. 4% der Verhüttungskapazität des Landes.

Darüber hinaus liefert die Provinz ca. 10% der nationalen Minenproduktion von Blei und ist das Zentrum für Legierungsmetalle (wie Chrom, Mangan). Abgesehen von der schweren Beschädigung einer größeren Zinkhütte (Kap.: 100.000 t p.a.) scheinen sich die direkten Folgen des Bebens auf die Produktionsanlagen bislang in Grenzen zu halten (Quelle: Reuters). Allerdings dürften abgeschnittene Transportwege und die eingeschränkte Stromversorgung einen geregelten Betrieb in den nächsten Wochen unmöglich machen. Die Folgen des Erdbebens werden jedoch auch auf nationaler Ebene zu spüren sein. Denn rund ein Fünftel der landesweiten Energiegewinnung aus Wasserkraft stammt aus Sichuan. Der Anteil der Wasserkraft an der gesamten Energieproduktion Chinas beläuft sich immerhin auf etwa 10%.

Aluminium, Blei und Zink mit Preissprüngen
An der LME sorgten die Meldungen aus China für deutliche Preissteigerungen und beendeten damit die Korrekturbewegung der vorangegangen Wochen. Die höchsten Zugewinne im Wochenvergleich verbuchten mit Zink (+ 10,1%) und Aluminium (+ 5,4%) eben die Metalle, die von dem Unglück in China am stärksten betroffen sind. Aber auch Kupfer (+ 4,2%) erholte sich wieder deutlich und verzeichnete den ersten Wochengewinn im Mai. Das rote Metall profitierte von der Meldung, dass der bereits beigelegte Tarifkonflikt bei der chilenischen Codelco nun doch wieder aufgenommen werden könnte. Zudem waren die zur Auslieferung vorgemerkten Kupferlagerbestände (Cancelled Warrants) in den letzten drei Tagen um 86% auf 12% der gesamten LME-Bestände empor geschnellt.
Unser mittelfristiges Szenario einer Metallpreiskorrektur bleibt von den jüngsten Entwicklungen unberührt. Für die nächsten Tage und Wochen rechnen wir jedoch damit, dass die wieder gestiegenen Angebotsrisiken zunächst zu einem erneuten Aufwärtsschub der Basismetallnotierungen führen.

© Sven Streitmayer
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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