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Softs: Zwischen Wetter-, Wechselkurs- und Defizitprognosen

14.07.2015  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Die auf das höchste Niveau seit Ende 2013 gestiegenen Netto-Short-Positionen bei Arabica-Kaffee zeigen, dass die preisbelastenden Faktoren bereits weitgehend eingepreist sein dürften. Niedrige Lagerbestände und eine eher vorsichtige Schätzung der Produktion insbesondere in Brasilien lassen uns dagegen weiterhin steigende Notierungen erwarten. Allerdings erwarten unsere Währungsanalysten auf Jahressicht eine weitere Abwertung des Brasilianischen Real gegenüber dem US-Dollar.

Dies dürfte einen dämpfenden Effekt haben. Daher prognostizieren wir für das vierte Quartal einen Arabica-Preis von 150 US-Cents je Pfund. Für Robusta, das sich in den letzten Monaten besser als Arabica gehalten hatte, sehen wir geringeres Aufwärtspotenzial und erwarten im vierten Quartal einen Preis von 1.800 USD je Tonne.

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Kakao:

Inzwischen liegt der Kakaopreis in London auf dem höchsten Niveau seit gut vier Jahren und damit auch höher als während der kurzen durch Ebola bedingten Preisspitze im September 2014. Derzeit kostet eine Tonne Kakao rund 2.200 GBP je Tonne. Die Internationale Kakaoorganisation ICCO sah sich veranlasst, in ihrem jüngsten Quartalsbericht die weltweite Produktion niedriger anzusetzen als zuvor, da vor allem im zweitgrößten Produzentenland Ghana die Ernte stark enttäuscht. Statt 810 Tsd. Tonnen wie bisher erwartet, hält die ICCO für Ghanas Produktion 2014/15 nun nur 700 Tsd. Tonnen für realistisch.

In der Vorsaison waren es knapp 900 Tsd. Tonnen gewesen. Starke Harmattan-Winde, zu geringe Regenfälle und Einschränkungen im Dünger- und Pflanzenschutzeinsatz werden als Gründe für den Produktionseinbruch genannt. Vor allem aber sind auch viele Plantagen schon zu alt, um noch ertragsstark zu sein. Nun hat auch die ghanaische Behörde Cocobod ihre Prognose um 100 Tsd. Tonnen auf 750 Tsd. Tonnen gekürzt.

Eine leichte Aufwärtsrevision nahm die ICCO dagegen für die Produktion des größten Produzentenlandes Elfenbeinküste vor, die nur marginal hinter der rekordhohen Vorjahresproduktion zurückbleiben soll (Grafik 8). Nachdem inoffizielle, auf Lastwagenzählungen beruhende Schätzungen über Monate die seit Oktober 2014 kumulierten Anlieferungen über dem Vorjahresniveau sahen, deuten nun auch sie mit einem Rückstand gegenüber dem Vorjahr von 0,6% in Richtung der ICCO-Prognose (Grafik 9).

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Auf der Nachfrageseite drückt das hohe Preisniveau bei Kakao die Margen der Verarbeiter und führt zu Preisanhebungen bei Schokoladeprodukten, was die Nachfrage dämpft. So soll die globale Schokoladennachfrage in den sechs Monaten bis Februar um 1,5% gegenüber Vorjahr gesunken sein. Entsprechend passten auch die Verarbeiter ihre Vermahlung nach unten an. Dies zeigte sich auch in den Vermahlungsdaten für das erste Quartal in Europa, Nordamerika und Asien. Auch die Erwartungen an die Daten für das zweite Quartal sind sehr gedämpft.

Da die Nachfrage für die Gesamtsaison aber weniger rückläufig sein soll als die Produktion, hat die Internationale Kakaoorganisation ICCO in ihrem jüngsten Quartalsbericht ihre Prognose für ein Defizit am globalen Kakaomarkt in der laufenden Saison 2014/15 angehoben. Auch wenn es im historischen Vergleich betrachtet noch immer nicht sehr hoch ist, soll das Defizit nun statt 17 Tsd. Tonnen sogar 38 Tsd. Tonnen betragen (Grafik 10).

Hinzu kommen strukturelle Probleme, wie die von der ICCO beschriebenen Gefahr, dass die hohe Konkurrenz mit dem Bergbau um Land und Arbeitskräfte insbesondere der ghanaischen Kakaoproduktion auch längerfristig Schaden zufügen könnte. Das gleiche gilt für die Kakaoproduktion der Elfenbeinküste, die zunehmender Konkurrenz durch die Ausweitung der Kautschukproduktion ausgesetzt ist. Der Präsident der ICCO versucht angesichts der hohen Preise beruhigend zu wirken und weist darauf hin, dass das Defizit nur moderat und nicht als "strukturell" zu bewerten sei. Doch auch wenn die ICCO dramatische Szenarien mit einer Mio. Tonnen Defizit 2020 zurückweist, sieht auch sie die Gefahr, dass in den nächsten fünf Jahren die Produktion hinter dem Verbrauch zurückbleibt.

Die Weltbank erwartet bereits in der laufenden Saison ein etwa doppelt so hohes Defizit wie die ICCO. Gemeinsam mit einem wegen des El-Niño-Phänomens mit erhöhter Unsicherheit verbundenen Produktionsausblick auf 2015/16 - in Westafrika, aber auch in Südostasien geht dies oft mit Trockenheit einher und führt einer ICCO-Studie von 2010 zufolge zu einer im Durchschnitt 2,4% niedrigeren Weltkakaoproduktion (Grafik 11) - gibt dies dem Kakaopreis kräftig Unterstützung.

Solange es keine Hinweise darauf gibt, dass auch die längerfristig wirksamen Probleme beherzter angegangen werden, dürfte der Kakaopreis auf hohem Niveau verharren. Für das vierte Quartal erwarten wir daher einen Kakaopreis in London von 2.250 GBP je Tonne. Sollte sich zeigen, dass für 2015/16 auch in der Elfenbeinküste und einigen asiatischen Ländern bedingt durch El Niño die Produktion geringer ausfällt, könnte dies den Preisen sogar noch weiteren Auftrieb geben.

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