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Energie: Ausblick 2015: Schwierige Orientierungssuche

11.12.2014  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
An den meisten Energiemärkten dürfte sich das Jahr 2015 in zwei unterschiedliche Hälften spalten: am Ölmarkt dürfte einer volatilen und schwachen ersten Jahreshälfte eine Preiserholung in der zweiten folgen. Schließlich wird dann der niedrigere Preis allmählich das Angebot dämpfen und sich die Nachfrage merklich erholen.

Auch der US-Erdgaspreis wird wohl aufgrund des schwierigeren Produktionsumfeldes und des näherrückenden LNG-Exports in der zweiten Jahreshälfte leicht anziehen. Am Kohlemarkt wird das hohe Angebot zunächst weiter auf den Preisen lasten. Eine Preiserholung wird sich weiter verzögern. Der politische Rückenwind dürfte die Preise im Emissionshandel mittelfristig weiter steigen lassen. An der deutschen Strombörse bleiben die Preise aber vorerst niedrig.

Gut drei Jahre lang hatte sich der Brentölpreis zumeist in der engen Spannbreite zwischen 100 und 120 USD je Barrel bewegt. Doch in der zweiten Jahreshälfte 2014 waren die ruhigen Zeiten am Ölmarkt plötzlich vorbei: Binnen nur sechs Monaten verbilligte sich Brentöl um 44% und notiert Ende des Jahres mit 65 USD je Barrel auf einem 5-Jahrestief.

Ausgelöst wurde der massive Preisverfall durch eine Kombination aus schwacher Nachfrage und steigendem Angebot. Die Konjunkturschwäche im Euroland und die Verlangsamung der Wirtschaftsdynamik in den Schwellenländern dämpften das Wachstum der globalen Ölnachfrage. Gleichzeitig schaffte es Libyen zwischenzeitlich, seine Ölproduktion nach den monatelangen Ausfällen deutlich zu steigern, während immer mehr neues Schieferöl aus den USA auf den Markt drängte.

Doch es war nicht nur das drohende Überangebot, das den Preis so deutlich unter Druck setzte, sondern vor allem die fehlende Reaktion der OPEC bzw. insbesondere Saudi-Arabiens darauf. Anders als in der Vergangenheit zeigt sich der größte und einflussreichste Produzent des Ölkartells nicht bereit, sein Angebot zu reduzieren. Ende November bestätigte die OPEC auf ihrer turnusmäßigen Sitzung ihr Produktionsziel von 30 Mio. Barrel pro Tag, obwohl die die OPEC selbst im nächsten Jahr nur einen durchschnittlichen Bedarf an OPEC-Öl von 28,9 Mio. Barrel pro Tag erwartet. Offensichtlich ist das Kartell nicht bereit, seine Marktanteile zugunsten anderer Produzenten zu reduzieren, um das Gleichgewicht am Ölmarkt wieder herzustellen und so einen höheren Preis am Markt zu sichern.

Der Paradigmenwechsel der OPEC wirft zum Jahreswechsel Fragen auf: Wie reagiert das Angebot der Schieferölproduzenten auf den niedrigen Preis? Schafft es der Markt, sich hinreichend schnell zu stabilisieren? Gelingt der OPEC also die schwierige Gratwanderung, das Wachstum der neuen Anbieter abzubremsen, ohne dass der Preis wegen eines massiven Überangebots im ersten Halbjahr 2015 weiter abstürzt? Wird sich die OPEC aufgrund eines fortgesetzten Preisverfalls doch gezwungen sehen, ihr Angebot zu drosseln?

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Die erste Jahreshälfte 2015 wird zweifellos von der Suche nach einem neuen Gleichgewichtspreis bestimmt sein, was einen sehr volatilen Markt erwarten lässt. Im Fokus der Markteilnehmer dürften dabei die Selbstheilungskräfte stehen, mit anderen Worten: die Reaktionen auf der Angebots- und der Nachfrageseite auf die niedrigeren Preise.

Wir sind überzeugt, dass die Reaktionen auf der Angebotsseite nicht lange auf sich warten lassen werden. Vor allem das Wachstum der Schieferölproduktion droht schnell nachzulassen. Die Gegner dieser These führen zwar gerne den technischen Fortschritt bei der Schieferölproduktion als Argument an. Und tatsächlich waren die Produktionssteigerungen für die Erstförderung in den letzten Jahren immens: in der Eagle Ford Formation wurden beispielsweise 2010 im ersten Monat nach Produktionsaufnahme pro Bohrloch gut 100 Barrel pro Tag gefördert, heute sind es fast 400 Barrel pro Tag (Grafik 2).

Das hat zweifellos die Breakeven-Preise in der Schieferölproduktion gesenkt und zum beeindruckenden Produktionsanstieg der letzten Jahre beigetragen. Aber bezüglich des Rückgangs der Produktionsraten wurde kaum Fortschritt erzielt: so liegt der Produktionsrückgang heute wie damals zwischen 60 bis 70% innerhalb des ersten Jahres. Es sind also immer wieder neue Bohrungen notwendig, um die Produktion zumindest auf gleichem Niveau zu halten.

Dass die Produzenten zeitnah auf ein sich veränderndes Umfeld reagieren, legt die Entwicklung der Bohraktivitäten nahe. Nachdem die Anzahl der Bohrtürme zu Beginn des Schieferölbooms noch massiv gestiegen war, geriet die Dynamik das erste Mal in den Jahren 2012/2013 ins Stottern (Grafik 3) Damals hatte ein hoher Rückstau an Öl im Mittleren Westen wegen der unzureichenden Pipeline-Anbindung die lokalen Ölpreise deutlich unter Druck gesetzt. Dass die Produktion dennoch weiter stieg, war den Effizienzgewinnen der letzten Jahre zu verdanken (Kasten).

Nun zeigt sich eine weitere Delle. Die Genehmigungen für neue Bohrlöcher sind bereits massiv eingebrochen: Laut Branchenzahlen lag die Zahl der Genehmigungen für Ölund Gasbohrungen im November mit 4.520 fast 40% niedriger als im Vormonat. Der niedrige Ölpreis schlägt sich auch in einem verschlechterten Finanzierungsumfeld für die in der Schieferölproduktion stark vertretenen kleineren Unternehmen nieder; die Kosten der Fremdfinanzierung sind bereits deutlich gestiegen.

Aber nicht nur Teile der Schieferölproduktion, auch andere sehr kostenintensive Projekte werden durch die niedrigeren Ölpreise auf den Prüfstand gestellt: So liegt laut IEA der Breakeven-Preis bei 8% der Tiefseeförderung und einem Viertel der Förderung aus kanadischen Ölsanden über 80 USD je Barrel. In Summe belaufen sich weltweit die Projekte, die teilweise staatlich gefördert sind, auf 2,6 Mio. Barrel pro Tag.

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