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Energie: Ausblick 2015: Schwierige Orientierungssuche

11.12.2014  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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US-Erdgasmarkt mit Spannungsmomenten

Das Jahr 2014 begann am US-Erdgasmarkt sehr turbulent: Ein kalter und langer Winter führte in den ersten Monaten des Jahres zu einem massiven Lagerabbau, so dass die Vorräte im Frühjahr nicht einmal halb so hoch waren wie sonst üblich. Die Notierungen für Henry Hub zogen entsprechend massiv an und sprangen zwischenzeitlich sogar auf gut 6 USD je mmBtu. Bis zum Sommer hielt sich der Preis für Henry Hub mit rund 4,5 USD je mmBtu 80 Cents höher als im Durchschnitt des Vorjahres (Grafik 8).

Erst das schnelle Auffüllen der Vorräte ließ den Preis in der zweiten Jahreshälfte wieder unter 4 USD je mmBtu rutschen. Denn von Anfang April bis Ende Oktober ist so viel Gas in die Speicherstätten gefüllt worden wie nie zuvor. Dennoch beginnt die neue Heizperiode mit unterdurchschnittlichen Vorräten. Dass der Preis damit anfällig für Preisausschläge ist, zeigt die Entwicklung im November: Der flächendeckende frühe Wintereinbruch ließ die Preise binnen weniger Tage um 20% in die Höhe schnellen. Ende des Monats gaben die Preise wieder deutlich nach.

Doch nicht nur mögliche Wetterkapriolen versprechen Spannung im nächsten Jahr: Auch der massive Rückgang der Ölpreise ist eine neue Herausforderung, denn schließlich hat sich damit auch das Umfeld für die Gasproduktion verschlechtert, weil immer mehr Gas im Verbund mit Öl gefördert wird. In den letzten Jahren hatte der Schieferölboom entsprechend positive Effekte auf die Gasproduktion. Dank diesem konnte die US-Gasproduktion in diesem Jahr um 5,5% auf ein neues Rekordhoch zulegen, obwohl die Anzahl der reinen Gasbohrungen nach Baker Hughes im Jahresdurchschnitt so niedrig ist wie zuletzt vor 22 Jahren (Grafik 9).

Die seit dem Preisrutsch nun stagnierenden bis leicht rückläufigen Ölbohrungen könnten entsprechend aber auch den Anstieg der Gasproduktion abbremsen. Der von der US-Energiebehörde erwartete Anstieg von 3%, der damit ohnehin fast nur halb so hoch wäre wie im laufenden Jahr, könnte folglich noch geringer ausfallen.

Aber auch auf der Nachfrageseite ändert sich das Umfeld. Denn Ende nächsten Jahres soll nach jetzigen Planungen mit dem Sabine Pass Terminal der erste US-amerikanische LNGExportterminal außerhalb Alaskas seinen Betrieb aufnehmen. Langfristig eröffnen sich mit der Möglichkeit der Verflüssigung von Erdgas neue Perspektiven für die US-Gasproduzenten, welche den Gaspreis unterstützen dürften. Kurzfristig sind die Volumina allerdings gering: Zu Beginn werden zwei Verflüssigungsstraßen in Betrieb genommen, die eine Kapazität von 1 Mrd. Kubikfuß pro Tag haben und damit maximal 1,5% des US Verbrauchs ausmachen würden.

Die klassischen Nachfragedeterminanten dürften folglich maßgeblich die Dynamik bestimmen: Der an Fahrt gewinnende Konjunkturaufschwung dürfte der industriellen Nachfrage Rückenwind geben, und auch die Stromproduzenten dürften wegen der Stilllegung von Kohlekraftwerkskapazitäten und des wieder attraktiveren Preisverhältnisses von Gas zu Kohle mehr Bedarf haben. Da aber die Nachfrage der privaten Haushalte zu Heizzwecken bei einem normalen Winter hinter der des Vorjahres zurückbleiben dürfte, wird die gesamte Nachfrage wohl nur leicht zulegen.

Alles in allem dürfte sich US-Erdgas aufgrund trüberer Produktionsperspektiven bei gleichzeitiger Erschließung neuer Absatzmärkte allmählich leicht verteuern. Nach einem aufgrund unterdurchschnittlicher Vorräte wohl volatilem Winterquartal dürfte der Gaspreis zum Sommer zunächst um 4 USD je mmBtu pendeln, bevor er im weiteren Jahresverlauf auf 4,5 USD je mmBtu anzieht.

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Rabenschwarzer Kohlemarkt

Die Talfahrt der Kohlepreise setzte sich 2014 das vierte Jahr in Folge fort: Anfang November erreichte der nächstfällige Kohlekontrakt mit gut 70 USD je Tonne ein 5-Jahrestief (Grafik 10). Belastend war die Abschwächung der Nachfrage bei einem trotz niedriger Preise weiterhin hohen Angebot. Für kurzfristig Preisauftrieb sorgte erst Ende des Jahres die Ankündigung des weltgrößten Kohleexporteurs Glencore, seine australischen Kohleminen ab Mitte Dezember für drei Wochen stillzulegen. Leitet das nun die Trendwende ein oder ist die jüngste Korrektur gerechtfertigt?

Wir sind für den Kohlepreis skeptisch. Denn die temporären Produktionskürzungen Glencores, die sich Schätzungen zufolge auf 5 Mio. Tonnen belaufen werden, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Schließlich produziert allein Australien 250 Mio. Tonnen im Jahr. Zu einem geringeren Angebot werden zwar auch die in China bis April laufenden verschärften Sicherheitsinspektionen von Kohleminen führen. Vor allem der illegale Abbau von Kohle soll gestoppt werden. In diesem Jahr wurden in China bereits gut 900 kleinere Kohleminen geschlossen und in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres lag die Kohleproduktion folglich mit 3,16 Mrd Tonnen 1,5% unter dem Vorjahresniveau.

Doch das Bemühen einiger "Großer", Überangebot vom Markt zu nehmen, ist nicht weitreichend genug: Zwar hatte auch Indonesiens Regierung für das laufende Jahr eigentlich eine Produktionsobergrenze im mit Abstand größten Exportland festgelegt. Doch diese dürfte unter anderem deshalb übertroffen werden, weil Produzenten durch größere Mengen die niedrigeren Preise ausgleichen wollen. Auch die indische Produktion dürfte in den kommenden Monaten anziehen. Das staatliche Unternehmen Coal India, das 80% der landesweiten Produktion stellt, hat zwar bislang seine Produktionsziele verfehlt, aufgrund entschärfter Umweltauflagen für die Kohleminen soll das Ziel von gut 500 Mio. Tonnen für das im März endende Fiskaljahr 2014/15 aber dennoch erreicht werden. Damit läge die Produktion immerhin 10% höher als im Fiskaljahr zuvor.

Gegen eine schnelle Preiserholung spricht neben den unzureichenden Produktionskürzungen die drohende Abschwächung der Nachfrage. Chinas Bemühen um mehr Umweltschutz bremst das Nachfragewachstum im größten Kohleverbrauchsland ebenso wie die Verlangsamung der dortigen Wirtschaftsaktivitäten. Zudem könnten die ab nächstem Jahr geltenden höheren Qualitätsstandards für Importkohle den Importsog weiter dämpfen (Grafik 11), wobei von den Restriktionen vor allem minderwertige Kohle betroffen ist.

Auch in Indien, das mittlerweile einen fast ebenso hohen Importbedarf wie China hat, schwächelt die Nachfrage aufgrund eines noch immer relativ schwachen Wirtschaftswachstums. In den Industrieländern ist das Bild gemischt: In Japan dürfte der Kohlebedarf weiter hoch bleiben. Selbst wenn nach und nach Atomkraftwerke wieder ans Netz genommen werden, dürfte zunächst die teure gasbasierte Stromproduktion zurückgenommen werden. In Europa dagegen war die Nachfrage aufgrund einer milden Witterung und Konjunktur eher schwach. Eine deutliche Erholung sehen wir trotz der niedrigen Preise auch wegen des Ausbaus erneuerbarer Energien nicht.

In den USA, wo die gasbasierte Stromproduktion dank niedriger Gaspreise attraktiv ist, dürfte die Kohlenachfrage sogar sinken, weil wegen verschärfter Umweltauflagen ältere Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Alles in allem sehen wir deshalb auf kurze Sicht kein Erholungspotenzial für den Kohlepreis. Erst auf mittlere Sicht dürfte sich die miserable Ertragslage der letzten Jahre in einem niedrigeren Angebot niederschlagen, während zugleich die Nachfrage vor allem in den Schwellenländern weiter wächst.

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