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Energie: Ausblick 2015: Schwierige Orientierungssuche

11.12.2014  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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EU-Emissionshandel mit viel (politischem) Rückenwind

Die Wende im EU-Emissionshandel scheint geschafft. Im Frühjahr war der Preis für das Recht zur Emission einer Tonne CO2 nochmals deutlich abgerutscht, weil die verifizierten Emissionen im Vorjahr um 3% zurückgegangen waren und sich damit der Überschuss der letzten Jahre auf rund 2,1 Mrd. Emissionsrechte summiert. Im weiteren Jahresverlauf konnte sich der Preis aber deutlich erholen: zum Jahresende handelt ein Emissionsrecht mit rund 7 Euro knapp 50% höher als im Frühjahr. Ausschlaggebend für die deutliche Verteuerung sind zwei Gründe: erstens die kurzfristige Verknappung des Angebots in den Auktionen aufgrund des "Backloadings". Im Februar war entschieden worden, in den Jahren 2014 bis 2016 insgesamt 900 Mio. Zertifikate weniger zu verkaufen und nach jetziger Planung erst 2019/2020 wieder in das System zurückzuführen (Grafik 12).

Dass die zunächst nur temporäre Verknappung aber tatsächlich die Preise steigen lässt, ist dem zweiten Faktor zu verdanken: dem momentan stark diskutierten EUKommissionsvorschlag einer „Marktstabilitätsreserve“ (MSR). Dabei handelt es sich um einen mengenbezogenen Regulierungsmechanismus, der das jährliche Auktionsbudget im Emissionshandel an dem im Markt befindlichen Überschuss ausrichtet. Übersteigt dieser eine gewisse Grenze, so werden Zertifikate aus dem Markt genommen und in die MRS überführt. Wird die Grenze unterschritten, werden diese wieder zurückgeführt.

Damit wäre immer eine gewisse Knappheit am Markt erreicht. Wichtige Schützenhilfe bekam der von der Kommission initiierte Legislativprozess Mitte Oktober auf dem Europäischen Rat für Klima- und Energiepolitik der EU bis 2030. Entscheidend ist aber auch, dass sich einige einflussreiche Mitgliedsländer, darunter auch Deutschland, für einen frühen Start der MSR ausgesprochen haben, mit erstmaliger Kürzung der Auktionsmenge 2018. Zudem sollen die 900 Mio. Zertifikate aus dem Backloading direkt in die MSR überführt werden.

Auch internationalen Rückenwind bekam das Instrument Emissionshandel: Auf dem UNKlimagipfel in New York erlebte der Vorschlag einer Bepreisung von Kohlendioxid eine Art Renaissance. Immerhin 73 Länder wollen sich dafür einsetzen, Steuern oder Handelssysteme zur Regulierung der Treibhausgasemissionen einzurichten.

Die Revitalisierung des Emissionshandels zeigt sich nicht zuletzt in wieder leicht steigenden Handelsvolumina (Grafik 13). Immer mehr Unternehmen nehmen aktiv am Emissionshandel teil. Laut Umfrage der staatlichen Förderbank KfW sind mittlerweile mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen im Handel aktiv, im Jahr 2010 war es nur gut die Hälfte. Ein Grund für die gestiegenen Aktivitäten dürfte sein, dass die Anzahl der frei zugeteilten Zertifikate mit Beginn der dritten Handelsperiode deutlich reduziert wurde.

Wir denken, dass der politische Aufwind die Preise für Emissionsrechte weiter beflügeln und der CO2-Preis bis Ende nächsten Jahres auf 9 Euro je Tonne steigen wird, zumal eine allmähliche Konjunkturbelebung in der EU zusätzliche Impulse geben dürfte. Damit bleibt der Ausstoß von Treibhausgasemissionen nach Einschätzung vieler Experten aber noch immer zu billig, um nennenswerte Einsparungen zu bewirken.

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Preise an deutscher Strombörse stagnieren vorerst

Die Talfahrt an der deutschen Strombörse scheint auszulaufen: Der Phelix-Future für Grundlast im nächsten Kalenderjahr hat bei rund 35 Euro je MWh einen Boden gefunden (Grafik 14). Die Schwankungen nach oben oder unten lagen in den letzten acht Monaten bei gut einem Euro. Maßgeblich für die Seitwärtstendenz ist das Zusammenspiel von Steinkohle- und CO2-Preisen. Zwar ist nach wie vor Braunkohle mit einem Anteil von 26% die wichtigste Energiequelle für deutschen Strom, während die Stromerzeugung aus Steinkohle, die bislang in diesem Jahr um 11% geschrumpft ist, weniger als ein Fünftel der Nettostromerzeugung stellt (Grafik 15).

Dennoch sind es heute mehr noch als früher die Kohlekraftwerke, die zum Lastmanagement eingesetzt werden, um den zu jeder Zeit am Strommarkt notwendigen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage zu schaffen. Damit bestimmen diese die variablen Kosten der letzten Erzeugungseinheit, die gemäß der Merit-Order eingesetzt wird. Brennstoffkosten und Kosten der CO2-Emissionen zählen dabei zu den wichtigsten variablen Kosten. Über weite Strecken des Jahres haben sich die Preisbewegungen am CO2-Markt und am Kohlemarkt in Euro gegenseitig abgefedert. Erst in den letzten Wochen haben beide Preisdeterminanten angezogen. Entsprechend deutlich ist auch der Strompreis gestiegen: Binnen weniger Wochen kletterte er vom unteren Ende seiner Handelsspanne an das obere Ende, gab aber in den letzten Tagen wieder nach.

Wir erwarten aus drei Gründen keine merkliche Verteuerung von Strom in den kommenden Monaten. Erstens droht unseres Erachtens in der ersten Jahreshälfte am Kohlemarkt ein Rücksetzer (siehe S. 6). Zum zweiten hält der strukturell preisdämpfende Effekt des Vormarsches der erneuerbaren Energien an. Zwar verharrte die Produktion von Windstrom in den ersten elf Monaten des laufenden Jahres auf Vorjahresniveau, das Plus bei Solarstrom belief sich aber immerhin auf 7,4%, und aus Biomasse wurde sogar 12,6% mehr Strom produziert als im Vorjahr. Die installierte Netto-Nennleistung allein für Solarstrom ist mittlerweile mehr als dreimal so hoch wie die der Kernenergie.

Die Neuerungen des EEG 2.0, insbesondere die Festlegung von Ausbaukorridoren bzw. die Pflicht zur Selbstvermarktung bei größeren Neuanlagen könnte zwar das Ausbautempo etwas verlangsamen. Dennoch bleiben die Zielvorgaben hoch. Der dritte preisdämpfende Effekt ist der rückläufige Stromverbrauch in Deutschland: in den ersten zehn Monaten lag der Verbrauch knapp 4% unter dem des Vorjahres. Der Rückgang dürfte zwar teilweise einem milden Winter 2013/14 zuzuschreiben sein, aber dahinter steht zweifelsfrei auch ein schwacher Trend.

Preistreibend bleibt also auf kurze Sicht nur die Verteuerung der Emissionsrechte. Da sich aber auch hier der Preisanstieg verlangsamen dürfte, sehen wir kurzfristig kein Momentum für den Strompreis nach oben. Erst Ende nächsten Jahres, wenn sich Kohle- und CO2-Preise im Tandem verteuern, dürften auch die Großhandelspreise am Strommarkt anziehen. Ende nächsten Jahr erwarten wir einen Preis für Grundlast im Kalenderjahr 2016 von 36 Euro je Mwh.

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Auf einen Blick

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