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EU-Zuckermarkt: Perspektiven nach dem Wegfall der Quoten

19.06.2014  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Die EU-Kommission schätzt, dass die Zuckerrübenproduktion in der EU von 110 Mio. Tonnen 2013 auf 119 Mio. Tonnen 2023 steigen wird. Davon sollen mit 12% leicht weniger in die Ethanolproduktion fließen als derzeit. Die Zuckerproduktion soll von 15,7 Mio. Tonnen 2013 (darunter die 13,5 Mio. Tonnen Quotenzucker) auf 17,1 Mio. Tonnen steigen. Andere Beobachter erwarten gar einen Anstieg auf über 20 Mio. Tonnen.

Die EU-Kommission rechnet damit, dass sich die Lücke zwischen Zuckerproduktion und –nachfrage (deren leicht nach unten gerichteter Trend bei steigender Verwendung von Isoglucose anhalten dürfte) bis zum Jahr 2023 schließen wird. Sie schätzt, dass die EU weitgehend zur Selbstversorgung zurückkehren wird. Allerdings werden ihrer Einschätzung nach zum temporären und regionalen Ausgleich auch weiterhin Importe getätigt werden. Bei hohen Ernten dürfte die EU auch netto Zucker exportieren. Die Kommission zeigt sich in ihren Prognosen bis 2023 hierzu vorsichtig. Manche Marktteilnehmer schätzten die Exportkapazitäten aber auf 2-5 Mio. Tonnen jährlich (Grafiken 4 und 5).

Die Zuckerquote beträgt derzeit 13,5 Mio Tonnen. Die Quote für Isoglucose ist davon abgeleitet und beträgt mit knapp 700 Tsd. Tonnen weniger als 5% der Zuckerquote. Mit Wegfall der Quote dürfte Isoglucose an Marktanteilen gewinnen – wie stark, wird allerdings abhängig davon sein, ob die Konsumenten diesen Inhaltsstoff in einer breiteren Produktpalette akzeptieren werden. Auch ist fraglich, ob die relative Preisentwicklung zwischen Zucker und Getreide zu Investitionen in erforderliche neue Herstellungs- und Verarbeitungskapazitäten für die aus Mais oder Weizen gewonnene Isoglucose anreizt.

Die European Starch Industry Association erwartet einen Anstieg des Marktanteils auf 20% und damit mehr als eine Vervierfachung, hat aber eigenen Angaben zufolge bisher keine Kenntnis über bereits geplante zusätzliche Investitionen. Die EUKommission ist etwas vorsichtiger und erwartet eine Verdreifachung des Anteils von Isoglucose an Süßungsmitteln insgesamt auf etwa 12% bis 2023 (Grafik 6).

In den USA liegt der Anteil mit 40% deutlich höher, auch in Kanada und Mexiko mit jeweils 25%. Isoglucose wird als flüssige Süße besonders Soft drinks und Eiscreme zugesetzt, kann aber auch in Backwaren Verwendung finden. Würde der Anteil tatsächlich auf 20% steigen, wäre dies in etwa gleichbedeutend mit einer Menge von 2 Mio. Tonnen Zucker und damit mehr als die bisher aus den AKP-Staaten importierte Zuckermenge.

(1) Nolte, S., u.a., Modelling the effects of an abolition of the EU sugar quota on internal prices, production and imports. Papier für EAAE Seminar Berlin, April 2010.

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Kritik der Staaten mit Präferenzstatus

Entsprechend kritisch sehen die bisher privilegierten Staaten die Abschaffung der Quoten: Sie sehen ihren präferenziellen Status bei einer höheren EU-Produktionsmenge und sinkenden EUZuckerpreisen erodieren. In der zu erwartenden Entwicklung der EU hin zu einem weitgehenden Selbstversorger oder gar Nettoexporteur sehen sie eine Gefahr für ihre Zuckerproduzenten. Diese produzieren oft zu höheren Kosten als der Weltmarktpreis für Zucker deckt. Die Konkurrenz durch Isoglucose wirkt zusätzlich verschärfend.


Wie geht es für Deutschlands Rübenbauer weiter?

Eine Analyse von U. Latacz-Lohmann und N. Schulz von der Universität Kiel (2) ergab, dass die Konkurrenzkraft der Zuckerrübe im Vergleich zu alternativen Früchten nach dem Wegfall der Quote vor allem in Niederbayern und dem Rheinland hoch sein dürfte. Die von ihnen untersuchten Gebiete Südniedersachsens und Sachsen-Anhalts werden sich wohl im Mittelfeld bewegen. Die küstennahen Gebiete Schleswig-Holsteins dürften dagegen rasch die Zuckerrübe zugunsten insbesondere von Raps oder Mais aufgeben. Ein ähnliches Ergebnis ermitteln Gocht u.a. (3) (Grafik 7).

Im EU-Vergleich kann Deutschland laut Latacz-Lohmann und Schulz als eine Gunstregion gelten, ebenso wie Frankreich, das die Nr. 1 der europäischen Länder beim Zuckerrübenanbau ist. Dagegen sind die nördlichen und südlichen Peripherieländer der EU für den Rübenanbau weniger geeignet. Latacz-Lohmann und Schulz gehen davon aus, dass bei Preisen für Weißzucker zwischen 350 EUR/Tonne in Gunstregionen und 500 EUR/Tonne auf benachteiligten Standorten der Anbau von Zuckerrüben in Deutschland rentabel bleiben würde.

Entwickeln sich die Preise wie von der EU-Kommission unterstellt (vgl. Grafik 5), dürfte sich also eine weitere Konzentration der Produktion auf die Gunstregionen innerhalb der EU ergeben.

(2) Latacz-Lohmann, U. und N. Schulz, Raus aus den Rüben? Oder jetzt richtig Gas geben? www.betriebslehre.agric-econ.uni-kiel.de/de/forschung/praxis/dateien-p.-u.-b.-2012/rueben.pdf

(3) Gocht, A. u.a., Gefährdet die vorgeschlagene Zuckermarktreform den Produktionsstandort Deutschland - eine modellgestützte Analyse. Papier für GEWISOLA-Tagung Hohenheim, September 2012.


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Auf einen Blick

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