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Ausblick 2014: Bodenbildung mit anschließender Erholung

17.01.2014  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Wenn man zum Schluss gelangt, dass vor allem die überraschenden Entwicklungen die Preise signifikant beeinflussen, muss man sich fragen, wie viele von den gegenwärtigen und künftigen Produktionserhöhungen bei verschiedenen Rohstoffen bereits von den Marktteilnehmern erwartet und in den Preisen entsprechend berücksichtig sind. Wir werden die Daten für einzelne Marktsegmente in dieser Publikation beleuchten. Man kann allgemein sagen, dass die Erfolge auf der Produktionsseite bei den meisten Rohstoffen in den letzten Jahren die Erwartungen unabhängiger Analystenagenturen und Regierungsstellen massiv aufgebläht haben.

Vergleicht man diese jedoch mit den harten Daten zu den entsprechenden Zeiträumen, sieht man insbesondere bei den Industriemetallen, dass diese Erwartungen teilweise überzogen waren und sich die erwarteten Produktionsüberschüsse daher als zu hoch erwiesen haben.

Die Preisentwicklungen sind immer ein Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Die Angebotsseite wird oft von den mittelfristigen Preisentwicklungen oder externen Schocks, wie z.B. Streiks, Wetterkapriolen oder operativen Problemen, beeinflusst. Die Nachfrageseite erweist sich dagegen oft als weitgehend preisunelastisch, d.h. reagiert nur geringfügig auf die Preisveränderungen.

Die Nachfrageschätzungen erweisen sich häufig als treffsicher, weil diese meist von den allgemeinen konjunkturellen Entwicklungen abhängen. Für das Jahr 2014 erwarten wir eine Wiederbelebung der Weltkonjunktur. Zum einen sollen die Industrieländer ein vergleichsweise robustes Wachstum aufweisen.

Dies gilt insbesondere für die USA, für welche unsere Volkswirte mit einem BIP-Wachstum von 2,8% rechnen. Japan soll um 1,8% wachsen und die Eurozone nach zwei Jahren der Schrumpfung wieder mit einem Wachstum von 0,9% aufwarten. Zum anderen sollten auch die Schwellenländer, die im Vorjahr mit massiven Kapitalabflüssen und einem für diese Länder anämischen Wachstum gekämpft haben, im späteren Verlauf des Jahres auf den Pfad des Wachstums zurückkehren.

Für China erwarten wir für dieses Jahr ein BIP-Wachstum von 7,5% (Grafik 4). Zwar wäre dies die schwächste Wachstumsrate seit 1990. Man muss allerdings berücksichtigen, dass China nach drei Jahrzehnten Wachstum mit rund 10% p.a. mittlerweile die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist. Eine deutliche Wiederbelebung der Weltkonjunktur - wir rechnen für 2014 mit einem Anstieg des Welt-BIPs um 3,5% - dürfte den Rohstoffmarkt in diesem Jahr unterstützen.

In den vergangenen Jahren haben sich die Rohstoffe auch als eine separate Anlageklasse etabliert. Die Wachstumsperspektiven der Schwellenländer, positive Preisentwicklung und häufig eine geringe Korrelation mit den anderen Anlageklassen, wie z.B. Aktien oder Anleihen, haben Zuflüsse in Höhe von einigen hundert Milliarden USD in die Rohstoffterminmärkte und ETPs bewirkt. Nachdem sich die Aussichten für die Rohstoffmärkte in den letzten Jahren etwas eingetrübt haben, stiegen allerdings auch viele Investoren aus den Rohstoffanlagen aus.

Wir gehen davon aus, dass sich im letzten Jahr die Rohstoffanlagen an den Terminmärkten, in Rohstofffonds, ETPs u.ä. um mehr als 50 Milliarden USD verringert haben. Allein die Abflüsse aus den Gold-ETPs betrugen im Vorjahr rund 40 Milliarden USD (Grafik 5).

Diese Abflüsse, sprich zusätzliches Angebot an den Rohstoffmärkten, dürfte den Preisrückgang bei vielen Rohstoffen beschleunigt haben. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass Rohstoffe als Beimischung in einem diversifizierten Portfolio weiterhin Bestand haben sollten. Wir rechnen mit einer Wiederbelebung oder zumindest einer Stabilisierung der Investmentnachfrage nach Rohstoffen in diesem Jahr.

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Detaillierte Ausblicke für das Jahr 2014 zu allen Rohstoffmarktsegmenten haben wir bereits im Dezember 2013 versendet. Nachfolgend wollen wir lediglich auf die wichtigsten Entwicklungen in den jeweiligen Sektoren anhand einiger prominenter aussagekräftiger Beispiele eingehen.


Am Ölmarkt sind die Angebotstendenzen entscheidend

Am Ölmarkt wird auch im laufenden Jahr das Angebot im Fokus stehen. Preisdämpfend bleiben die anhaltenden Erfolge bei der Schieferölproduktion in den USA. Binnen der letzten drei Jahre ist die US-Rohölproduktion um 50% gestiegen. Erstmals seit 25 Jahren wurden Anfang des Jahres in den USA wieder über 8,1 Mio. Barrel pro Tag gefördert. Die US-Energiebehörde rechnet mit einer Fortsetzung des steilen Aufwärtstrends, so dass Ende 2014 fast 9 Mio. Barrel pro Tag produziert werden dürften.

Den Produktionserfolgen in den USA wird es auch primär zu verdanken sein, dass die Zunahme des Nicht-OPEC-Angebots ausreichen dürfte, den steigenden Ölbedarf in der Welt zu bedienen. Zwar dürfte die globale Ölnachfrage im laufenden Jahr etwas stärker steigen als 2013. Doch selbst in dem optimistischen Szenario der US-Energiebehörde, in dem die Ölnachfrage im laufenden Jahr um 1,2 Mio. Barrel pro Tag zulegt und damit immerhin sogar etwas stärker als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre, ist das Nachfragewachstum nicht höher als der Zuwachs des Nicht-OPEC-Angebots (Grafik 6).

Das bedeutet aber auch, dass der Bedarf an OPEC-Öl fällt. Zwar hat die OPEC tatsächlich zuletzt weniger produziert. Nach Reuters-Schätzungen war die Förderung im Dezember mit 29,5 Mio. Barrel pro Tag immerhin gut 2 Mio. Barrel geringer als im Sommer 2012 und damit so niedrig wie zuletzt vor zweieinhalb Jahren. Der Rückgang war aber eher unfreiwillig. Denn er war in erster Linie unplanmäßigen Produktionsausfällen geschuldet, die sich im Dezember bei den OPEC-Produzenten auf 2,5 Mio. Barrel pro Tag summierten (Grafik 7). So produzierte Libyen aufgrund anhaltender Proteste seit Monaten nur noch einen Bruchteil des üblichen Niveaus.

Doch nun scheint sich die Lage in Libyen zu verbessern: die Produktion konnte zuletzt immerhin gegenüber dem Dezember-Niveau auf 600 Tsd. Barrel pro Tag mehr als verdoppelt werden. Zudem könnte es Mitte 2014 zu einer Lockerung oder gar Aufhebung der Ölsanktionen gegen den Iran kommen. Die Chancen dafür sind seit der ersten Einigung im seit Jahren schwelenden Atomstreit Ende November gestiegen. Europäischen Versicherungen ist es inzwischen wieder erlaubt, für Öllieferungen aus dem Iran Verträge abzuschließen. Dies dürfte in den kommenden Monaten zu etwas höheren Käufen asiatischer Abnehmer führen, zumal diese von den USA für weitere sechs Monate von den Sanktionen ausgenommen wurden.

Sollten Libyen und/oder der Iran die Produktion ausweiten können, bestünde zweifellos die Gefahr eines massiven Überangebots im Ölmarkt. Wir rechnen jedoch damit, dass "Swing-Producer" Saudi-Arabien dank einer zuletzt komfortablen Haushaltslage seine Produktion zurückfahren wird und damit einen stärkeren Preisrückgang am Markt verhindert.

Im Jahresdurchschnitt erwarten wir einen Brentölpreis von 106 USD je Barrel. Alles in allem wird das Hauptaugenmerk des Marktes 2014 erneut dem Angebot gelten. Schließlich ist auch der umgekehrte Fall nicht auszuschließen, denn eine erneute Zuspitzung der geopolitischen Spannungen im Nahen Osten und dadurch bedingte Angebotssorgen könnten auch den Ölpreis in die Höhe schnellen lassen.

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