Rohstoffe kompakt Industriemetalle: China und Notenbanken geben Preisen Auftrieb

Unbegrenzten Spielraum gibt es für die chinesische Regierung und Zentralbank allerdings nicht. Denn die Inflationsrate ist im August leicht gestiegen und könnte damit ihren Tiefpunkt durchschritten haben. Zudem sind die Preise am Immobilienmarkt zuletzt ebenfalls angezogen, was die Bereitschaft zu Stimulierungsmaßnahmen dämpfen dürfte.

Nicht unerheblich in den diesbezüglichen Überlegungen dürfte der anstehende Regierungswechsel in China sein. Im Oktober tagt der 18. Nationale Kongress der Kommunistischen Partei Chinas. Im Zuge dessen werden aufgrund von Altersbeschränkungen und dem Ablauf der Amtszeiten 7 der 9 Mitglieder des ständigen Ausschusses des Politbüros, dem höchsten Organ der Partei, ausgetauscht. Darunter befinden sich auch Staatspräsident Hu Jintao und Premierminister Wen Jiabao, die allerdings noch bis März ihre Ämter bekleiden werden.
Sie werden voraussichtlich durch ihre jeweiligen Stellvertreter, Xi Jinping und Li Keqiang, die zwei verbleibenden der neun Mitglieder des ständigen Ausschusses und derzeit Nummer 6 und 7 der hierarchischen Rangliste der Partei, ersetzt. Es könnten daher große Anstrengungen unternommen werden, damit der Start derneuen Regierung mit überzeugenden Konjunkturdaten einhergeht.
Dies spricht auch für wieder steigende Importe von Metallen in China. Denn am Beispiel von Kupfer kann man erkennen, dass sich die chinesischenHändler in den letzten Monaten mit Einfuhren zurückgehalten haben - mit ein Grund für die niedrigen Kupferpreise zwischen Mitte Mai und Mitte August. Während zwischen Dezember 2011und März 2012 durchschnittlich 467 Tsd. Tonnen Kupfer importiert wurden, waren es in den letzten drei Monaten im Durchschnitt nur 356 Tsd. Tonnen (Grafik 4).
Der Kupferpreis notiertewährend dieser Zeit in einer relativ engen Handelsspanne zwischen 7.300 USD und 7.700 USD je Tonne. Da sich die Chinesen in der Vergangenheit als gute Händler erwiesen und oftmals opportunistisch gehandelt haben, könnten sie auch diesmal die verhältnismäßig niedrigen Kupferpreise genutzt und Material auf dem Weltmarkt gekauft haben. In der Regel schlagen sichdie Käufe mit 2-3 Monaten Verzögerung in der Importstatistik nieder. Dies würde bedeuten, dass China für die kommenden Monate wieder höhere Kupferimporte berichten könnte, was sich wiederum preisstützend auswirken dürfte.
Angebotsseitig könnte es bei Kupfer mittel- bis langfristig zu weiteren Engpässen kommen. Während des starken Preisverfalls wurden zahlreiche geplante Minenprojekte auf den Prüfstand gestellt und auf ihre Rentabilität hin überprüft; mit der Folge, dass einige Projekte aufgrund des unsicheren Marktumfelds verschoben oder komplett auf Eis gelegt wurden. So hat der australisch-britische Minenbetreiber BHP Billiton, dasweltweit größte Minenunternehmen, seine Ankündigung von Mitte des Jahres wahr gemacht, und das Großprojekt "Olympic Dam" verschoben.
Die Kapazität der Kupfer-Uran-Gold-Mine sollte eigentlich von 235 Tsd. auf 750 Tsd. Tonnen p.a. erweitert werden. Unternehmensangaben zufolge liegen in "Olympic Dam" die weltweit viertgrößten Kupfer- und größten Uranvorkommen. Damit könnte dem Markt mittel- bis langfristig dringend benötigtes Angebot fehlen. Dieswird sich vor allem dann bemerkbar machen, wenn die Nachfrage wieder stärker anziehen sollte. Denn in der Regel kann das Angebot nicht so schnell ausgeweitet werden, um mit einer anziehenden Nachfrage Schritt zu halten. Als Resultat dürfte es zu neuerlichen Angebotsdefiziten kommen, die sich in steigenden Preisen niederschlagen sollten. Weitere Beispiele bezüglich Verschiebungen von Projekten sind auch in anderen Bereichen zu finden, so z.B. bei Kokskohle.
Fundamental betrachtet hat sich seit unserem letzten "Rohstoffe kompakt" von Mitte Juli nicht viel verändert. Mit Ausnahme von Kupfer (und Zinn) weisen alle anderen Metallmärkte zum Teil hohe Angebotsüberschüsse auf. Dies wurde jüngst sowohl vom World Bureau of Metal Statistics (WBMS) als auch von den International Study Groups bestätigt.

Bislang ist es jedoch kaum zu Produktionskürzungen gekommen, um den hohen Überschüssen entgegen zuwirken - obwohl einige Metallpreise zeitweise deutlich unter den Produktionskosten handelten. So schätzte z.B. Rusal, der weltweit größte Aluminiumproduzent, Mitte August, dass bei Aluminiumpreisen von rund 1.900 USD je Tonne rund 5,4 Mio. Tonnen der weltweiten Produktionskapazitäten nicht profitabel sind. Das Unternehmen geht davon aus, dass deshalb bis Jahresende rund 4,5 Mio. Tonnen der Kapazitäten stillgelegt werden, was sich schlussendlich positiv auf den Preis auswirken sollte.