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Genussmittel: Knapper, aber nicht knapp

20.09.2016  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Auch in Kolumbien, dem zweitgrößten Anbieter von Arabica-Kaffee, ist wieder eine gute Ernte zu erwarten, nachdem 2015 bereits die höchste Produktion seit 23 Jahren brachte. Kumuliert seit Jahresbeginn bis Juli liegt die Produktion 2016 wegen der negativen Auswirkungen von El Niño zwar nur etwa gleichauf mit dem Vorjahr. Für das Gesamtjahr erwartet die Vereinigung der Kaffeebauern mit 14,5 Mio. Sack aber nochmals ein kleines Plus gegenüber den 14,2 Mio. Sack 2015.

Es ist daher nicht das aktuelle Angebot an Arabica-Kaffee, das die hohen Preise rechtfertigt, sondern eher die Tatsache, dass nach den massiven Exporten des letzten Jahres die Lagerbestände in Brasilien stark abgeschmolzen waren. Dies hatte in den letzten Monaten die Exporte Brasiliens stark beschränkt (Grafik 4) - und etwa im Juli ein Drittel unter das Vorjahresniveau gedrückt, bevor nun die neue Ware vermarktet wird, weshalb die August-Exporte gegenüber Juli stark stiegen.

Dies schlug sich maßgeblich auch in den weltweiten Exportzahlen nieder. Auch dass unter Einbeziehung von Robusta-Kaffee der globale Kaffeemarkt insgesamt möglicherweise - wie von einer Reihe von Beobachtern angenommen - auch 2016/17 nochmals defizitär ist, stützt die Preise (Grafik 5).

Der Preis für Robusta-Kaffee hat seit Ende Februar um 45% auf ein 19-Monatshoch von fast 1.950 USD je Tonne zugelegt. Denn die Robusta-Ernte in Brasilien ist abgeschlossen und hat nochmals sehr enttäuscht. Dies trieb die Inlandspreise auf Rekordhoch seit Beginn der Aufzeichnungen 2001. Conabs letzte Schätzung stammt zwar noch aus dem Mai und lautet auf 9,4 Mio. Sack, nochmals 16% weniger als 2015/16. Ein besseres Ergebnis ist aber auch nicht zu erwarten. Vielmehr liegen die aktuelleren Schätzungen, wie etwa die des Brasilianischen Instituts für Geografie und Statistik IBGE, nur wenig über 8 Mio. Sack.

Und nicht nur in Brasilien ist die Robusta-Ernte 2016/17 schlecht, auch die Erwartungen an die Ernten in den beiden anderen großen Robusta-Produzentenländer Vietnam und Indonesien sind nicht allzu hoch. Die Nachwirkungen von El Niño könnten die Produktion in Vietnam auf 25 Mio. Sack drücken, nachdem in den drei Jahren zuvor jeweils zwischen 26,5 Mio. und 27,6 Mio. Sack geerntet wurden. Dies dürfte dann - auch angesichts der auf ein Drittel des Vorjahres abgebauten Bestände - die Exporttätigkeit später im Jahr dämpfen, die bisher mit einem Plus von 40% gegenüber den 8 Vorjahresmonaten auf Hochtouren läuft (Grafik 6).

Die Exporteure hatten im preisschwachen Jahr 2015 Ware zurückgehalten, die sie nun auf den Markt brachten. Und auch in Indonesien soll die inzwischen beendete Ernte leicht rückläufig sein und nur 10 Mio. Sack betragen. In anderen Worten: Es besteht vor allem eine Knappheit an Robusta-Kaffee.

Allerdings besteht darüber, ob 2016/17 ein weiteres Jahr mit einem Kaffeedefizit sein wird, keine Einigkeit. Dies ist auch von zwischen den Beobachtern unterschiedlichen Zurechnungen der verschiedenen Ernten auf unterschiedliche Wirtschaftsjahre beeinflusst. Dass eine neue Studie die Befürchtung nährt, die weltweite zur Kaffeeproduktion geeignete Fläche könne bis zum Jahr 2050 klimabedingt halbiert werden, erhöht die Unsicherheit am Kaffeemarkt.

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Es ist aber auch der Ausblick auf die kommende Ernte in Brasilien im nächsten Frühjahr, der die Preise zunehmend stärker beeinflusst. In den südlichen Anbaugebieten Brasiliens, in denen weitgehend Arabica-Kaffee angebaut wird, haben großflächige Regenfälle bereits zu einer frühen Blüte der Arabica-Kaffeebäume geführt, aus denen die Ernte 2017 bestritten werden wird.

Die nächsten Monate werden aber entscheidend sein, denn sollte es wieder zu trocken werden, könnten die Blüten vertrocknen und die Hoffnungen auf eine gute Ernte schwinden. Überhaupt rechnen viele mit einer geringeren Arabica-Ernte 2017, weil das ertragsschwächere der zwei Jahre im Zyklus der Kaffeeproduktion ansteht. Der Direktor der landesweit größten Kooperative Cooxupe erwartet dann maximal 38 Mio. Tonnen Arabica-Kaffee.

Nun wurde auch noch erhöhter Pilzbefall im mit Abstand größten Arabica-Anbaustaat Brasiliens, Minas Gerais, gemeldet, was das Produktionspotenzial beeinträchtigt. Auch bei Robusta-Kaffee ist der Ausblick auf 2017/18 getrübt, denn die anhaltende Trockenheit in den Robusta-Anbaugebieten hat auf die Blüte negativen Einfluss. Die hohe Unsicherheit im positiven wie negativen Sinne in Bezug auf 2017/18 lässt aber derzeit allenfalls Spekulationen zu.

Da die hohe brasilianische Arabica-Ernte nun verstärkt auf den Markt kommt, rechnen wir mit einem etwas niedrigeren Arabica-Preis von 135 US-Cents je Pfund in Q4, zumal auch der Brasilianische Real wieder nachgeben dürfte. Dies dürfte auch den weiteren Preisspielraum bei Robusta beschränken. Aufgrund des weiter knappen Angebots erwarten wir den Robusta-Preis in Q4 bei 1.850 USD je Tonne. Im nächsten Jahr sollten beide Kaffeepreise weiter leicht nachgeben.


Kakao:

Nach dem jahrelangen Preisanstieg hatte das Brexit-Referendum, das mit einer deutlichen Abwertung des Britischen Pfundes verbunden war, Ende Juni für einen weiteren Anstieg des Kakaopreises in London bis über 2.500 GBP je Tonne gesorgt. Diese Höhe erreichte der Preis zwar auch im August nochmals kurzzeitig, ist seither aber auf aktuell 2.280 GBP je Tonne zurückgefallen. Der vom Brexit-Referendum weniger beeinflusste Kakaopreis in New York stieg dagegen im Sommer weniger stark und fiel im September sogar auf ein 7-Monatstief von 2.750 USD je Tonne.


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