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Agrar: Ausblick 2016 - Kein Spielraum für große Preissteigerungen

08.12.2015  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Wir erwarten, dass sich die Defizite am Kaffeemarkt und die niedrigen Lagerbestände an Arabica-Kaffee in den nächsten Quartalen stärker in der Preisentwicklung niederschlagen. Erst wenn absehbar ist, dass der optimistische Fall einer guten brasilianischen Ernte eintritt, erwarten wir wieder nachgebende Notierungen.

Allerdings sollte die von unseren Währungsanalysten erwartete weitere massive Abwertung des brasilianischen Real über den Jahresverlauf wieder stark auf dem Arabica-Preis lasten und auch den Robusta-Preis nicht verschonen. Für Q4 prognostizieren wir einen Arabica-Preis von 110 US-Cents je Pfund und einen Robusta-Preis von 1.550 USD je Tonne.


Zucker:

Auf den Preisrückgang bei Rohzucker um fast 30% zwischen Jahresbeginn und Ende August folgte eine Rally, die den Zuckerpreis nach einem Plus um 50% innerhalb von nur zwei Monaten über das Niveau zu Anfang des Jahres steigen ließ. Zwar hatten schon länger zahlreiche Beobachter die Erwartung geäußert, das 2015/16 erstmals seit 6 Jahren mit einem Defizit am internationalen Zuckermarkt gerechnet werden muss (Grafik 14).

Dies wird immer wahrscheinlicher. Die Internationale Zuckerorganisation hat Anfang November ihre Defizitschätzung nochmals um 1 Mio. Tonnen auf 3,5 Mio. Tonnen angehoben. Hauptgrund sind niedrigere Prognosen für die Zuckerproduktion in der EU und Indien.

In Indien lastet die schwächste Monsunsaison seit 2009 auf der Produktion, und nicht wenige Beobachter setzen diese weit unter den von der Indischen Zuckermühlenvereinigung genannten 27 Millionen Tonnen an. Im Vorjahr waren es 28 Mio. Tonnen gewesen. In der EU wurde nach der Rekordernte des Vorjahres von über 19 Mio. Tonnen und der kräftigen Überschreitung der Produktionsquoten laut EU-Kommission die Fläche um 14% eingeschränkt.

Auch die Erträge sind nach dem Rekord des Vorjahres wieder eher durchschnittlich. Die EU-Kommission schätzt die Zuckerproduktion auf 15 Mio. Tonnen. Die Analysten von F.O.Licht rechnen nur mit 13,6 Mio. Tonnen, was die niedrigste EU-Zuckerproduktion seit über 40 Jahren wäre. Die erwartete niedrigere Produktion und fallende Bestände haben am aktuellen Rand bereits zu einem Anstieg der EU-Weißzuckerpreise geführt (Grafik 15).

Auch in der Ukraine soll die Produktion 2015/16 rückläufig sein. Für Thailand, wo aufgrund von Trockenheit die neue Verarbeitungssaison erst Ende November beginnt, gehen die Ansichten auseinander, ob die Zuckerproduktion 2015/16 etwas höher oder etwas niedriger als die 11,1 Mio. Tonnen der Vorsaison zu erwarten ist.

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Von herausragender Bedeutung ist allerdings Brasilien und dort vor allem die Hauptanbauregion Center-South (CS). 2014/15 waren in CS nach Angaben von Conab 32 Mio. Tonnen Zucker produziert worden, in Gesamtbrasilien 35,6 Mio. Tonnen. In ihrer letzten Prognose von August schätzte Conab für CS 2015/16 einen Anstieg auf 34 Mio. Tonnen.

Inzwischen scheint aber allenfalls eine Stagnation auf dem Vorjahresniveau möglich - eher ein Rückgang. Kumuliert bis 15. November liegt die Zuckerproduktion in CS nach Angaben der Zuckerindustrievereinigung Unica bei etwa gleichhoher Zuckerrohrmenge um 6,4% unter Vorjahr. Starke Regenfälle haben immer wieder zu Unterbrechungen der Erntearbeiten geführt und noch ist unklar, wie lange die Verarbeitungssaison daraufhin gestreckt werden kann.

Für 2016/17 erwartet die ISO sogar ein noch höheres Defizit von um die 6 Mio. Tonnen, denn sie rechnet mit einer weiteren Zunahme der Nachfrage um 3 Mio. Tonnen bei allenfalls geringfügig höherer Produktion. Sie weist allerdings explizit auf die hohen Bestände an Zucker aus den Überschussjahren zuvor hin, die eine wirkliche physische Knappheit an Zucker verhindern sollten.

Politikänderungen, wie etwa in Indien, dürften dafür sorgen, dass diese Bestände auch leichter ihren Weg auf den Weltmarkt finden. Auch die Analysten von Kingsman rechnen mit einem Defizit 2016/17 in der Größenordnung von 6 Mio. Tonnen – in Indien etwa soll die Produktion aufgrund der mit El Niño in Verbindung stehenden Trockenheit spätestens dann spürbar sinken und sich die Produktionserholung in Brasilien in Grenzen halten.

Der Ausblick auf Defizite dürfte eine große Rolle bei dem starken Anstieg der Preise im Herbst gespielt haben. Jedenfalls hat die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer Unruhe erfasst. Sie bauten ihre seit über einem Jahr gehaltenen Netto-Short-Positionen ab und halten in den letzten Wochen die höchsten Netto-Long-Positionen seit dem Sommer 2014.

Auch wenn die Preise ihren Anstieg um 50% zwischen Mitte August und Anfang November wieder etwas korrigiert haben, gehen wir doch davon aus, dass der Zuckerpreis auf absehbare Zeit nicht mehr in die Nähe des 7-Jahrestiefs vom August von nur wenig über 10 US-Cents je Pfund zurück kommt.

Vielmehr dürfte sich der Preis auf höherem Niveau etablieren. Die hohe Nachfrage nach Ethanol in Brasilien, die durch eine höhere Beimischungsverpflichtung und höhere Benzinpreise angeregt wird, stützt ebenfalls die Zuckerpreise. Denn dies führt dazu, dass mehr Ethanol und entsprechend weniger Zucker produziert wird. Risikofaktor bleibt aber nicht zuletzt der Wechselkurs zwischen Brasilianischem Real und dem US-Dollar.

Denn auch der Preisanstieg des Herbstes konnte wohl nur vor dem Hintergrund eines zumindest nicht weiter abwertenden Brasilianischen Real stattfinden. Unsere Währungsanalysten rechnen aber für 2016 mit einer weiteren deutlichen Abwertung des Real. Für Q4 2016 erwarten wir daher einen Rohzuckerpreis von 15 US-Cents je Pfund.


Kakao:

Der Kakaopreis weist seit Jahresbeginn den höchsten Zuwachs unter den Agrarrohstoffen auf. Mit rund 2300 GBP je Tonne hat Kakao in London inzwischen die Preisspitzen aus dem Juli und September überschritten. Seit Anfang 2013 bewegt sich der Kakaopreis unter Schwankungen aufwärts und notiert inzwischen auf dem höchsten Stand seit März 2011. Dies gilt auch für den Kakaopreis in New York.

2014/15 hatten die Schätzungen zur weltweiten Kakaoproduktion vor allem wegen des massiven Einbruchs in Ghana wiederholt nach unten korrigiert werden müssen. Dies war ein wesentlicher Grund dafür, dass die Internationale Kakaoorganisation ICCO über Monate ein Defizit prognostizierte.

Zwar korrigierte sie diese Erwartung jüngst aufgrund der gedämpften Nachfrageentwicklung. Doch der nun gemeldete Überschuss von 35 Tsd. Tonnen ist nicht Für 2015/16 ist wohl mit einem höheren Defizit zu rechnen, eine Größenordnung von 100 Tsd. Tonnen haben Vertreter der ICCO bereits genannt.

Andere Beobachter haben sich zum Teil noch skeptischer geäußert. Noch ist nämlich nicht ausgemacht, dass die Produktion in Ghana nach dem Einbruch im letzten Jahr wieder kräftig steigt. Denn die Zeit von Juli bis in den September hinein war übermäßig trocken. Inzwischen hat sich das Feuchtigkeitsdefizit zwar reduziert, nachdem Westafrika im Oktober von Regenfällen profitierte. Dennoch lagen die Niederschläge in Ghana von August bis Oktober 50% unter der Norm und waren damit die niedrigsten in dieser Zeit seit 1999.

In der Elfenbeinküste ist die Witterung insgesamt etwa durchschnittlich. Dies spricht nicht dafür, dass die Elfenbeinküste ihre Rekordernte des Vorjahres von 1,8 Mio. Tonnen wird wiederholen können. Schätzungen bewegen sich eher im Bereich von 1,65 Mio. Tonnen. Noch liegen keine offiziellen Daten zur im Oktober angelaufenen Kakaoernte 2015/16 in der Elfenbeinküste vor. Lastwagenzählungen und inoffizielle Äußerungen von Regierungsmitarbeitern deuten auf einen starken Start der Ernte hin.

Allerdings dürfte ein Teil der angelieferten Bohnen noch aus der letzten Ernte stammen, aber erst jetzt zu erhöhten Abnahmepreisen abgegeben werden. Erst wenn dieser Effekt abklingt, dürfte sich besser über die Höhe der neuen Ernte urteilen lassen. Zuletzt scheinen die Anlieferungen bereits deutlich an Fahrt zu verlieren (Grafik 16).

Auch in Indonesien ist es deutlich zu trocken, was einmal mehr auf das El-Niño-Phänomen zurückgeführt wird und eine gegenüber dem Vorjahr kleinere Ernte erwarten lässt. Auch in Ecuador könnte El Niño die Ernte belasten, wenn auch eher durch ein Übermaß an Regen. Und auch in Brasilien wird witterungsbedingt ein Rückgang der Produktion gegenüber den beiden Vorjahren erwartet.

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Ein weiteres Defizit am Kakaomarkt ist daher wahrscheinlich. Allerdings dürfte dieses bereits weitgehend in den hohen Preisen abgebildet sein. Wenn aber tatsächlich die Anlieferungen in der Elfenbeinküste hinter dem Vorjahr zurückfallen, auch aus Ghana enttäuschende Meldungen kommen sollten oder starke trockene Harmattan-Winde die Ernteaussichten zusätzlich eintrüben sollten, könnte dies die Preise noch weiter nach oben treiben.

Die Nachfrage dürfte darauf zwar weiterhin reagieren, dies aber nicht zu einem starken Preisverfall führen. Die wurde bereits in den letzten Quartalen durch die steigenden Preise gedämpft. Allerdings hatten die abgeschmolzenen Bestände an Kakaobutter in Q3 wieder zu einem Anstieg der Verarbeitung von Kakaobohnen in Europa geführt (Grafik 17). Wir erwarten für Q4 2016 einen Kakaopreis in London von 2.150 GBP je Tonne.



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