Agrar: Ausblick 2016 - Kein Spielraum für große Preissteigerungen

Auch bei Baumwolle ist keine Knappheit in Sicht, die zu einem spürbaren Anziehen der Preise führen könnte. Zwar liegt der Baumwollpreis gegenüber dem Jahresbeginn noch immer geringfügig im Plus, konnte aber die zwischenzeitlich erreichten Höhen von rund 68 US-Cents je Pfund aus dem Frühsommer nicht halten, als heftiger Regen die Aussaat in den USA erschwert hatte. Der starke US-Dollar übte auch bei Baumwolle zusätzlichen Druck auf die Preise aus.

In den USA dürfte die Erntefläche 13% unter dem Vorjahr liegen. Da auch das Ertragsniveau des Vorjahres wohl nicht gehalten werden kann, sondern auf dem niedrigsten Niveau seit sieben Jahren erwartet wird, schätzt das USDA den Produktionsrückgang aktuell auf 19%. Dies trägt nicht unwesentlich zu der weltweit von USDA und International Cotton Advisory Committee (ICAC) um 11% bzw. 9% rückläufig erwarteten Baumwollproduktion 2015/16 bei.
Denn auch in anderen Ländern sinkt die Produktion: Die indische Ernte 2015/16 soll nach Ansicht des nationalen Cotton Advisory Board und des USDA flächenbedingt 3-4% unter dem Vorjahr bleiben. Trotzdem dürfte Indien zur Nr. 1 der Produzenten werden, da in China die Produktion wie in den letzten Jahren nochmals rückläufig sein soll. Dort geht eine weitere Einschränkung der Fläche mit wetterbedingt niedrigeren Erträgen einher. Die Ansichten über die Exporte Indiens gehen aber weit auseinander.
Das USDA erwartete nach dem Einbruch des Vorjahres lediglich einen kleinen Anstieg, das indische Cotton Advisory Board und das ICAC dagegen ein Plus von 18% bzw. 15%. Die Importe Chinas dürften dabei aber kaum Impulse geben, denn diese werden weiter rückläufig erwartet, nachdem die Regierung die Importquoten nicht erhöht hat und die hohen inländischen Bestände abbauen möchte (Grafik 11).
Andere Länder wie Vietnam und Bangladesch werden wohl mehr nachfragen, aber den weiteren Rückgang bei China nur zum Teil ausgleichen. Die Nachfrage nach Baumwolle dürfte auch in Indien und Pakistan steigen. Als Folge der seit Jahren sinkenden Produktion bei gleichzeitig moderat steigender Nachfrage soll 2015/16 erstmals seit 6 Jahren ein Defizit am globalen Baumwollmarkt auftreten.
ICAC und USDA schätzen das Defizit jeweils auf gut 1 Mio. Tonnen. Die weltweiten Lagerbestände sollen also absinken. Außerhalb Chinas wird dies aber nur sehr geringfügig der Fall sein. Ausgehend von hohem Niveau - das Lager-Verbrauchs-Verhältnis liegt selbst außerhalb Chinas bei über 50% - sollen die Bestände nur um 2% sinken.
Da selbst die niedrige US-Ernte und die Erwartung des ersten Defizits seit vielen Jahren den Preisen offenbar keinen dauerhaften Auftrieb geben können, erwarten wir dies auch nicht für die nächsten Monate und erwarten auch über den weiteren Jahresverlauf 2016 nur einen geringen Preisanstieg auf 64 US-Cents je Pfund in Q4. Politische Einflüsse sorgen zusätzlich für Unsicherheit, denn nach einer Analyse des ICAC sind die Ausgaben für protektionistische Eingriffe in die Produktion und den Handel von Baumwolle in der letzten Saison auf ein Rekordhoch gestiegen.
Kaffee:
Im bisherigen Jahresverlauf verlor Arabica-Kaffee rund 30% an Wert. Nachdem er im letzten Jahr das Produkt war, das von den im Ausblick aufgenommenen die beste Performance aufwies, bildet es in diesem Jahr das Schlusslicht. Was über den Verlauf von 2015 erheblich auf den Kaffeepreisen lastete, war der schwache brasilianische Real. Für einen US-Dollar mussten zwischenzeitlich 50% mehr Real gezahlt werden als zu Jahresbeginn (Grafik 12).
Umgekehrt bedeutete dies, dass in US-Dollar getätigte Exporte für die brasilianischen Anbieter sehr attraktiv waren und sie selbst bei niedrigeren US-Preisen in heimischer Währung mehr erlösen konnten. Das gleiche, wenn auch weniger ausgeprägt, gilt auch für den kolumbianischen Peso.

Es half dem Preis nicht auf die Beine, dass die brasilianische Kaffeeernte zum dritten Mal in Folge rückläufig war und in der abgeschlossenen Ernte 2015/16 lediglich 42,15 Mio. Sack betrug. Dies war die niedrigste Ernte seit 2009/10 und lag im unteren Bereich der Spanne, die in den Monaten zuvor als Erwartungen am Markt geäußert worden war. Dabei fiel auch die Arabica-Ernte nochmals um 1 Mio. Sack geringer aus, nachdem sie bereits im Vorjahr um 6 Mio. Sack eingebrochen war.
Grund für die schlechte Ernte war die Trockenheit in den wichtigen Kaffeegebieten. Eine weitere erfreuliche Steigerung als Folge der Plantagenerneuerung zeigt zwar die kolumbianische Arabica-Produktion - im Oktober etwa lagen Produktion und Exporte um jeweils mehr als 20% über den Vorjahreswerten. Doch die mit El Niño einhergehende Trockenheit hatte auch hier zu einer schlechteren Entwicklung der Kaffeebohnen geführt.
Insgesamt ist die Versorgung mit Kaffee keineswegs üppig. Für 2015/16 wird mit einem weiteren Marktdefizit gerechnet, wobei die Spannbreite der Schätzungen groß ist. Im Mittel werden rund 2,5 Mio. Sack erwartet. Bereits 2014/15 dürfte mit einem Defizit geschlossen haben, das meist auf ca. 7 Mio. Sack geschätzt wird. Dass die globalen Kaffeeexporte in der Saison 2014/15 um 3% und damit erstmals seit 5 Jahren gefallen sind, dürfte denn auch auf die niedrigeren verfügbaren Mengen zurückzuführen sein, nachdem im Vorjahr aus den hohen Beständen der Vorjahre kräftig exportiert worden war.
Bis zur nächsten Ernte in Brasilien vergeht noch viel Zeit. Entsprechend unsicher sind die Aussichten dafür. Das Wetterphänomen El Niño bleibt hier, aber auch in anderen Kaffee produzierenden Ländern ein Faktor. In den Kaffeegebieten Brasiliens geht El Niño meist mit zu geringen Regenfällen einher. Die Kaffee-Blüte begann in diesem Jahr früh. Dass inzwischen der nach zu trockener Zeit für eine gute Blüte und erste Entwicklung notwendige Regen kam, hellt die Perspektive auf und die größte Kooperative des Landes, Cooxupe, meldet sich bereits mit einer Ernteprognose von 50-55 Millionen Sack (Grafik 13).
Es kursieren auch Schätzung bis nahe an 60 Mio. Sack. Der Anstieg gegenüber diesem Jahr wird allerdings vorrangig bei Arabica erwartet. Die Perspektiven für die nächste Robusta-Ernte sind dagegen wegen Wassermangels wieder trüb. Die Unsicherheit bleibt über die nächsten Wochen in jedem Falle hoch. Hinzu kommen die unklaren Folgen der Trockenheit in Mittelamerika, das sich gerade erst von dem Einbruch durch die Pflanzenkrankheit Roja erholt.
Auch in Vietnam und Indonesien könnte die mit El Niño einhergehende Trockenheit nicht nur in der laufenden, sondern auch in der kommenden Saison zu Problemen führen und die produzierte Menge an Robusta-Kaffee verringern. Allerdings führt die vermehrte Nutzung von Bewässerungssystemen zu einer gewissen Kompensation dieses Effekts.
Viele Beobachter erwarten daher für die angelaufene Ernte 2015/16 in Vietnam wieder eine Höhe von 28,5 oder gar über 29 Mio. Sack. Nach guten Ernten und einer Verkaufszurückhaltung - die allerdings nicht die erhoffte Wirkung steigender Preise hatte - türmen sich in Vietnam bereits jetzt rekordhohe Lagerbestände auf. Dies dürfte auf dem Robusta-Preis lasten.

Trotz des wohl zweiten Defizits in Folge und Preisen auf so niedrigem Niveau wie selten in den letzten sechs Jahren, setzen die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer weiterhin mehrheitlich auf einen weiteren Preisrückgang. Das Beispiel Zucker (s.u.) zeigt aber, wie schnell sich die Preisentwicklung umkehren kann, wenn die Stimmung am Markt kippt und dies mit einem massiven Umbau der Positionierungen einhergeht.