Was hat der US-Dollar mit den Rohstoffpreisen zu tun?

So hatte beispielsweise die Korrelation der wöchentlichen Erträge des Ölpreises und des US-Dollar von Anfang 2012 bis Mitte 2013 deutlich abgenommen. Zwar ließe sich der US-Ölboom der letzten Jahre als Erklärung dafür anführen. Schließlich ist der Importbedarf in dieser Zeit deutlich gesunken und der Terms-of-Trade Effekt entsprechend geringer. Aber dazu passt nicht, dass am aktuellen Rand die Bedeutung wieder zuzunehmen scheint.
Für andere zyklische Rohstoffe gelten die Wirkungszusammenhänge noch eingeschränkter. So sind der Energierohstoff Kohle und viele Industriemetalle als Importe in den meisten Importländern von eher nachrangiger Bedeutung für die Wirtschaft des Landes. Der "Terms-of-Trade" Effekt lässt sich somit eher für die Produzentenländer ausmachen lassen (siehe Kasten).
Australien beispielsweise ist so ein "Rohstoffland", dessen Exportstruktur stark durch die Ausfuhr von Kohle, Eisenerz und Agrarrohstoffen geprägt ist. Wie die Dinge hier ineinander greifen zeigt beispielsweise die Entwicklung am Kohlemarkt in den letzten zwei Jahren: der in US-Dollar fakturierte Kohlepreis brach ein, die Australische Währung verlor an Wert bzw. der US-Dollar wertete wegen der in Mitleidenschaft gezogenen Rohstoffwährungen auf. Die Marge zwischen den in US-Dollar anfallenden Erlösen aus dem Verkauf von Kohle und den Produktionskosten des australischen Kohleproduzenten schrumpfte deutlich weniger.
Tatsächlich zeigen einige Studien die wechselseitige Abhängigkeit der sogenannten Rohstoffwährungen und der Rohstoffpreise, wobei der Zusammenhang einer jüngeren Studie zu Folge bei Tagesdaten höher ist als bei Daten mit längerer Frequenz (2). Da der Verbund zum US-Dollar aber nur indirekt zu suchen ist, ist die (negative) Korrelation der meisten zyklischen Rohstoffe geringer als die von Öl (vergleiche nochmals Tabelle).
Neben den "fundamentalen" Transmissionseffekten gibt es wie bereits erwähnt noch den Wirkungszusammenhang über die Finanzmärkte. Rohöl hat sich zur Anlageklasse entwickelt. Schon immer waren Edelmetalle, bzw. insbesondere Gold, als Finanzanlage gesucht. Über einen Zeitraum von zehn Jahren betrachtet ist die Korrelation der Wochenerträge von Gold und dem effektiven Außenwert des US-Dollar mit -0,46 vergleichsweise hoch und wird nur noch von dem noch volatileren Silberpreis übertroffen.

Doch auch hier ist der Wirkungszusammenhang keineswegs stabil. Es gibt Zeiten, in denen Gold von Investoren als "Alternativwährung" zum Dollar gesucht ist. Dann steigt der Goldpreis, sobald der Dollar abwertet, zumal fundamentale Wirkungszusammenhänge in die gleiche Richtung schieben. Denn mit der Abwertung des US-Dollar wird Gold in großen Goldkonsumentenländern wie Indien billiger, so dass die Nachfrage anzieht und im Zuge dessen die Preise steigen.
Doch der Verbund über die Finanzmärkte kann auch anders sein: so sind in Zeiten hoher Risikoaversion der US-Dollar und Gold gleichermaßen als "sichere Häfen" gesucht. Dann steigen beide "Preise" gleichzeitig. So war es im "Hochpunkt" der Finanzkrise (Grafik 5) ebenso wie in der ersten Jahreshälfte 2010, als die Euro-Schuldenkrise das erste Mal die Schlagzeilen bestimmte. Auch in der zweiten Jahreshälfte 2014 konnte sich Gold der USDollarstärke aufgrund von starker Nachfrage in anderen Regionen entziehen.
Auf den einzelnen Rohstoff bezogen scheint der Verbund mit dem Dollar also weniger eindeutig zu sein als oft suggeriert. Bleibt zum Schluss noch der Blick auf den Rohstoffsektor als Ganzes. Tatsächlich sind die gängigen Rohstoffindizes im stärkeren Verbund mit dem US-Dollar als der einzelne Rohstoff.
Das erklärt sich damit, dass die spezielle Angebots-/Nachfragesituation des einzelnen Marktes an Bedeutung verliert, weil über viele Märkte aggregiert wird. Dadurch kann eine mögliche Angebotsverknappung auf einem Markt durch eine Überversorgung an einem anderen wettgemacht werden, mögliche "Störungen" mitteln sich also raus. Der ungewichtete CRB Index hat dementsprechend eine höhere Korrelation als der energielastige S&P GSCI Spotindex. Noch geringer ist die Korrelation des Index der Londoner Metallbörse, der aber wiederum stärker korreliert ist als jedes Industriemetall für sich.
Zuletzt noch ein Hinweis in eigener Sache: Der phasenweise sehr schwache Verbund erlaubt es uns immer mal wieder Prognosen für Währungen und Rohstoffe zu erstellen, die von dem Muster "Starker US-Dollar - billige Rohstoffe" abweichen; nämlich immer dann, wenn das Zusammenspiel dieser beiden Faktoren von fundamentalen Entwicklungen an einem Markt überlagert wird. So wird es unseres Erachtens auch in den nächsten zwölf Monaten sein: Denn am Ölmarkt dürften die Preise steigen, weil sich das Angebotswachstum aufgrund einer rückläufigen Förderung in den USA verlangsamt und auf eine steigende Nachfrage trifft.
Die Nachfrageerholung begründet sich unter anderem mit dem robusten Wirtschaftsaufschwung im größten Ölverbrauchsland der Welt. Letzteres wird die US-Notenbank in Kürze mit einer Erhöhung des Leitzinses quittieren, was wiederum dem US-Dollar weiteren Auftrieb geben sollte. Mit anderen Worten: Öl wird sich in den kommenden zwölf Monaten trotz Dollarstärke verteuern, allerdings weniger stark als es bei einem schwächeren Dollar der Fall wäre.

Auf einen Blick



