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Paradigmenwechsel am Ölmarkt

30.10.2014  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Saudi-Arabien, Kuwait, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate verfügen über deutlich niedrigere haushaltsneutrale Ölpreise als die meisten anderen OPEC-Länder und haben daher in den letzten Jahren ein gewisses Polster aufbauen können. Sie könnten daher auch besser als die anderen OPEC-Mitgliedsländer für eine gewisse Zeit mit niedrigeren Ölpreisen leben.

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Möglicherweise verfolgt Saudi-Arabien mit seiner gegenwärtigen Haltung auch das Ziel, über einen niedrigeren Ölpreis das Angebotswachstum in anderen Ländern zu bremsen. In den letzten Jahren stieg das Ölangebot außerhalb der OPEC so stark, dass der Anstieg der globalen Ölnachfrage mehr als gedeckt werden konnte und die OPEC in der Folge an Einfluss verlor.

Nur die zahlreichen Angebotsrisiken und hohen außerplanmäßigen Produktionsausfälle in einigen OPEC-Ländern haben dies eine Zeitlang überdeckt (Grafik 4). Mit dem spürbaren Rückgang dieser Ausfälle tritt das vor allem aus der US-Schieferölproduktion resultierende Überangebot offen zutage und stellt damit die OPEC vor Herausforderungen.

Für die Schieferölproduzenten in den USA sind die Produktionskosten die entscheidende Größe. Liegen diese über den zu erzielenden Ölpreisen, dürften die Produktion gedrosselt bzw. Investitionen zurückgestellt werden. Die Internationale Energieagentur IEA unterscheidet dabei zwischen den marginalen Produktionskosten und den Break-even-Preisen. Für die laufende Produktion sind die etwas niedrigeren marginalen Produktionskosten relevant, weil die Investitionskosten nicht mehr in die Entscheidungsfindung einfließen, ob die Produktion noch rentabel ist oder nicht.

Für künftige Projekte sind dagegen die Break-even-Preise wichtiger, d.h. der Preis, ab welchem der Netto-Ertrag der Investition gerade positiv wird. Über die Höhe der Break-even-Preise bzw. Produktionskosten gibt es unterschiedliche Angaben. Die IEA schätzt, dass nur bei etwa 4% der US-Schieferölproduktion der Break-even-Preis höher als 80 USD je Barrel beträgt. Privaten Schätzungen zufolge könnten es bis zu einem Drittel der Produktion sein. Unseres Erachtens liegt die Wahrheit wahrscheinlich irgendwo dazwischen.

Die Schieferölproduktion pro Bohrloch beginnt bereits nach kurzer Zeit zu fallen. Daher müssen immer mehr neue Bohrlöcher aufgemacht werden, damit die Produktion weiter steigt. In den letzten fünf Jahren ist dies gelungen. Laut Baker Hughes hat sich die Zahl der aktiven Ölbohrlöcher in den USA vom Tief Mitte 2009 bis Mitte Oktober auf ca. 1.600 verneunfacht (Grafik 5).

Der IEA zufolge hat auch der technologische und organisatorische Fortschritt zu den Produktionserfolgen beigetragen, weil er zu schnelleren Produktionsraten, einer größeren Produktionsdichte und einer höheren Startproduktion in den neuen Bohrlöchern führte. All dies war aber nur möglich, weil die Ölpreise über einen längeren Zeitpunkt deutlich über den Produktionskosten bzw. Break-even-Preisen lagen und die Investitionen in die (Schiefer-)Ölproduktion damit hinreichend rentabel waren. Falls die zu erzielenden Ölpreise dies nicht mehr erlauben, würden neue Projekte auf den Prüfstand gestellt oder nicht mehr umgesetzt.

Derzeit scheint innerhalb der OPEC ein regelrechter Preiskampf zu toben. Die OPEC dürfte sich daher kaum auf eine hinreichende Kürzung der Ölfördermenge einigen. Langfristig dürfte dies deutlich niedrigere Ölpreise zur Folge haben als bislang von uns erwartet. Wir senken daher unsere Ölpreisprognose bis Ende 2015 auf 85 USD je Barrel. Kurzfristig ist auch ein Rückgang unter 80 USD je Barrel vorstellbar, insbesondere sollte die OPEC-Sitzung am 27. November kein Resultat bringen.

Die dann zu erwartenden Auswirkungen auf die Schieferölproduktion in den USA dürfte einen stärkeren Preisrückgang und ein längeres Verweilen unter 80 USD je Barrel allerdings verhindern. Neuerliche Produktionsausfälle in Libyen oder anderswo könnten dagegen zu einem Anstieg der Ölpreise führen, weil der Markt die Angebotsrisiken inzwischen vollständig ausgepreist hat. Gleiches gilt für den wenig wahrscheinlichen Fall einer Produktionskürzung der OPEC, welche das Überangebot vollständig vom Markt nimmt.

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