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Europas schwache Gasnachfrage bremst Preis

27.10.2014  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Mit dem Preisrückgang bei Erdgas in der ersten Jahreshälfte konnte ein Teil des Preisvorteils von Kohle zwar wieder aufgeholt werden, doch dennoch bleibt Kohle bezogen auf den Energiewert im Vergleich zu Gas die günstigere Alternative. Aber auch die Nachfrage in den anderen Segmenten schwächelt: den Verbrauch im mit 46% an der Gesamtnachfrage wichtigsten Nachfragesegment, der Verbrauch in privaten Wohngebäuden und im Gewerbe, bremsen strukturelle Faktoren wie gesättigte Märkte, der demografische Wandel und (staatlich geförderte) Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung.

Der Abwärtstrend bei der Industrienachfrage, die ein Viertel der Gesamtnachfrage ausmacht, ist zum einen dem strukturellen Rückzug energieintensiver Industrien aus weiten Teilen Europas geschuldet. Zum anderen fehlt es an konjunkturellen Impulsen für die Gasnachfrage, da die wirtschaftliche Erholung in Europa weiter schleppend verläuft. Alles in allem lag die europäische Nachfrage im letzten Jahr gut 11% unter dem Niveau von 2011.

Die Nachfrageschwäche hat dazu geführt, dass trotz der fallenden heimischen Produktion Europas Importbedarf gesunken ist. Rückläufig waren vor allem die LNG-Importe, weil der diesbezügliche Importsog Asiens hoch war und entsprechend hohe Preise gezahlt wurden. Da in den vergangenen Jahren in Europa jedoch große Importkapazitäten in Form von LNG-Terminals errichtet wurden, sind diese inzwischen mit nur noch 24% deutlich unterausgelastet, was die regionalen LNG-Preise belastet und somit die Attraktivität Europas als Exportdestination für LNG weiter verringert. Allein im vergangenen Jahr sind somit die LNG-Importe gegenüber dem Vorjahr um fast ein Drittel zurückgegangen.

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Die niedrige Auslastungsrate der europäischen LNG-Importterminals hat deren Betreiber gezwungen, einige Terminals aus technischen Gründen stillzulegen oder sich auch auf die Suche nach neuen Geschäftsfeldern zu machen. In diesem Zusammenhang haben viele Betreiber das LNG-Reexportgeschäft für sich entdeckt. Der Reexportmarkt ist erst vor wenigen Jahren entstanden und wurde zu Beginn von den Vereinigten Staaten dominiert. In den letzten vier Jahren hat sich die Größe des Marktes jedoch vervierfacht und wird fast ausschließlich von europäischen Ländern, v.a. von Spanien und Belgien, versorgt, die einen Marktanteil von 75% auf sich vereinigen können (Grafik 5).

Allerdings zeigt der Rückzug der USA aus diesem Geschäftsmodell auch, dass es durchaus fragwürdig ist, inwiefern der LNG-Reexport dauerhaft profitbringend ist. Denn der gewinnbringende LNG-Reexport erfordert eine gewisse Preisdifferenz zwischen den europäischen und Weltmarktpreisen. Auch die zunehmende Flexibilisierung der LNG-Kontrakte steht einem dauerhaften Erfolg dieses Geschäftsmodells im Wege.

Wie sind die langfristigen Tendenzen? Ist der jüngste Preisanstieg mehr als die übliche saisonale Erholung? Die langfristige Nachfragetendenzen machen skeptisch: Die Nachfrage dürfte zwar witterungsbedingt ihr Tief im laufenden Jahr gesehen haben. Nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) ist aber auf absehbare Zeit nicht mit einer deutlichen Nachfrageerholung in Europa zu rechnen:

Der Verbrauch in privaten Wohngebäuden dürfte bis 2019 noch einmal um bis zu 8% zurückgehen, während die Versorger trotz eines prognostizierten Anstiegs des Verbrauchs bis 2019 von 11% gegenüber dem Jahr 2013 hinter dem Niveau des Jahres 2010 zurückbleiben dürften. Der Gasnachfrage in der Industrie dürfte die aktuell niedrigen Niveaus zwar leicht hinter sich lassen, aber weiterhin rund 10% hinter den zu Beginn des Jahrtausends verzeichneten Werten zurückbleiben. Bis 2019 dürfte die Nachfrage somit nach IEA-Schätzungen verglichen mit dem Jahr 2013 bei rund 500 Mrd. m³ stagnieren.

Was aber bedeutet dies für die Preise langfristig? Das nur mäßige Nachfragewachstum am europäischen Markt dämpft das Preissteigerungspotenzial im sogenannten gas-to-gas pricing Dies gilt umso mehr, als dass zusätzliches LNG-Angebot auf den Markt kommen könnte, falls Japan künftig wieder stärker auf Atomkraft setzt.




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