• Dienstag, 20 Mai 2025
  • 17:21 Frankfurt
  • 16:21 London
  • 11:21 New York
  • 11:21 Toronto
  • 08:21 Vancouver
  • 01:21 Sydney

Emissionshandel in der Warteschleife

21.10.2013  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Nachdem die Preise im EU-Emissionshandel im Frühjahr auf ein Rekordtief gerutscht waren, konnten sie sich in den letzten Monaten leicht erholen. Es stützt die Aussicht, dass der Markt durch ein temporäres Zurückhalten von Zertifikaten in den nächsten Jahren verknappt werden soll ("Backloading"). Angesichts der hohen Überschüsse gibt also Brüssel weiterhin die Richtung vor. Die ansonsten preisstützenden Fundamentalfaktoren sind eher nachrangig. Wir rechnen mit einer qualifizierten Mehrheit für das "Backloading" und erwarten folglich, dass die Preise im Emissionshandel anziehen werden.

Mitte September notierte der Preis für das Recht zur Emission einer Tonne CO2 (EUA) mit 5,80 Euro je Tonne doppelt so hoch wie im Tief im April (Grafik 1). Die Preiserholung hatte sich in zwei Schritten vollzogen: Der erste Anstieg war der Tatsache zu verdanken, dass sich das EU-Parlament nach der ersten Ablehnung im April in einem zweiten Anlauf Anfang Juli auf das sogenannte "Backloading" einigen konnte und damit grundsätzlich den Weg für den Trilog frei gemacht hat.

Den zweiten Satz nach oben machte der Preis nach der Zuteilung der kostenfreien Emissionszertifikate fürdie Industrie in der dritten Handelsphase. Mittlerweile haben die Preise aber wieder deutlich nachgeben. Ist das nun eine gesunde Korrektur oder stockt der Aufwärtstrend? Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Einflussfaktoren am CO2 Markt:

EU-Politik – Backloading: Zentraler Preistreiber am CO2-Markt ist die bereits seit Monaten andauernde Diskussion um das sogenannte Backloading. Nachdem das EU-Parlament Anfang Juli grundsätzlich grünes Licht für das von der Kommission angestrebte Zurückhalten von 900 Mio. Zertifikate gegeben hat, soll nun im Trilog von Parlament, Kommission und Rat ein tragfähiger Kompromiss gefunden werden, der die qualifizierte Mehrheit im Rat findet.

Doch bislang bremste Deutschland u.a. die Entscheidungsfindung aufgrund des bisherigen Patts zwischen Umweltminister Altmaier und Wirtschaftsminister Rösler, der eine offizielle Haltung unmöglich machte. Nach den Wahlen sind die Chancen für eine deutsche Zustimmung zum Backloading zwar prinzipiell gestiegen. Denn beide Koalitionspartner wollen das Emissionshandelssystem stärken und stehen damit implizit hinter der Idee der kurzfristigen Verknappung am Markt, um so über höhere Preise von Emissionsrechten mehr Investitionsanreize zur CO2 Vermeidung zu setzen.

Bis zur Formulierung einer offiziellen Haltung kann aber einige Zeit vergehen. So dauerten die Verhandlungen für eine große Koalition im Jahr 2005 65 Tage. Deutschland zählt 29 der insgesamt 352 Stimmen des Rates; derzeit fehlen für eine Zustimmung 42 Stimmen.

Open in new window

Klimakommissarin Heedegard hat sich im Rahmen des jüngsten EU-Umweltministertreffens zuversichtlich gezeigt. Auch der derzeit vorsitzende litauische Umweltminister rechnet mit einem Kompromiss in der "nahen Zukunft".

EU-Politik - Strukturelle Reformen: Schaut man sich an, wie zäh sich die Suche nach einem Kompromiss für ein temporäres Eingreifen am Markt gestaltet, fällt es schwer, Optimismus hinsichtlich struktureller Reformen zu entwickeln. Dennoch: die Suche nach einem strukturellen Ansatz ist unumgänglich, denn auch mit einer Implementierung des Backloadings wird dem Markt nur vorübergehend ein Teil der Zertifikate entzogen. Grundsätzlich bleibt die Problematik eines hohen Angebotsüberschusses bestehen (Grafik 2).

Sechs Reformansätze wurden deshalb von der Kommission vorgeschlagen und der Konsultationsprozess ist angestoßen. Der Prozess wird aber sicherlich lange Zeit in Anspruch nehmen. Die im kommenden Mai anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament dürftenzusätzlich für Verzögerung sorgen, zumal dies eine Neubesetzung der Kommissare nach sich ziehen wird.

Zuteilung der freien Zertifikate für die Industrie in der dritten Handelsphase bzw. Annahme der NIM-Pläne. Anfang September hat die Kommission die maximale Zuteilungsmenge an kostenlosen Emissionszertifikaten für die Industrie bekanntgegeben. Demnach werden 43% der insgesamt in der dritten Phase gehandelten Menge bzw. 6,6 Mrd. Zertifikate den Anlagenbetreibern der Industrie freizugeteilt. Das entspricht einer Zuteilungsmenge von 809 Mio Zertifikaten im laufenden Jahr.

In den Folgejahren schmilzt die Menge jährlich um 1,7% ab und erreicht im Jahr 2020708 Mio. Zertifikate. Das Volumen der erstmals auf Basis des Benchmarking-Prozesses zugeteilten Zertifikate war nach Anwendung der Korrekturfaktors 11,5% geringer als ursprünglichvon den Mitgliedsstaaten gefordert. Die Preise der Emissionszertifikate zogen an, weil befürchtet wurde, dass die Industrie angesichts der knapperen Zuteilung nicht wie von einigen Marktteilnehmern spekuliert, Teile ihrer Überschüsse verkaufen würde. Die Preise gaben aber einen Teil ihrer Gewinne wieder ab.

Stopping the clock - Einbeziehung des Luftverkehrs: Die EU-Kommission ist Anfang September ihren Verhandlungspartnern im Streit um dieEinbeziehung des Luftverkehrs in den CO2-Handel ein großes Stück entgegen gekommen. Sie hat vorgeschlagen, dass nur Flüge im europäischen Luftraum dem Handel unterzogen werden sollen. Ursprünglich sollten alle Flüge von und nach Europa einbezogen werden, wogegen sich aber ausländische Fluggesellschaften mit Verweis auf die Lufthoheit verwehrt hatten. Nun hat sich die Internationale Organisation für zivile Luftfahrt der UN (ICAO) entschieden, innerhalb der nächsten drei Jahre einen Plan für einen globalen Marktmechanismus zur Reduzierung derEmissionen zu entwickeln, der ab dem Jahr 2020 in Kraft treten soll.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



© 2007 - 2025 Rohstoff-Welt.de ist ein Mitglied der GoldSeiten Mediengruppe
Es wird keinerlei Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen! Alle Angaben ohne Gewähr!
Kursdaten: Data Supplied by BSB-Software.de (mind. 15 min zeitverzögert)