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Der Ölpreis dürfte im Jahresverlauf wieder steigen

03.05.2013  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Der Ölpreis sollte außerdem davon profitieren, dassdie Ölnachfrage nach Beendigung der derzeit noch laufenden Instandhaltungsmaßnahmen in den Raffinerien merklich anziehen wird. Diese an sich jahreszeitüblichen vorübergehenden Schließungen von Verarbeitungskapazitäten fielen in diesem Jahr laut IEA mit 7 Mio. Barrel pro Tag so hoch aus wie niemals zuvor. Eine robustere Wirtschaftsentwicklung in den USA und in China dürfte im weiteren Jahresverlauf den Malus einer weiterhin schwächelnden Konjunktur im Euroland überkompensieren. Die Wachstumsmotoren der globalen Ölnachfrage sind ohnehin nicht die Industrieländer, sondern die sogenannten BRIC-Staaten China, Indien, Brasilien und Russland.

Chinas Ölbedarf ist heute bereits höher als die Nachfrage der fünf großen europäischen Länder Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien zusammen. Die zunehmende Motorisierung in China spricht für eine dort weiter steigende Ölnachfrage. Und auch wenn derzeit vor allem die Schlagzeilen in Europa Nachfragesorgen schüren, dann darf nicht übersehen werden, dass China und Indien mehr Öl nachfragen als die Europäische Union insgesamt. Beispielhaft hierfür ist die Entwicklung der Fahrzeugverkäufe, welche in Europa weiter auf Talfahrt sind, während sie in China im ersten Quartal ein Rekordniveau ereichten (Grafik 4).

Skeptischer als der Markt sind wir hinsichtlich der Bewertung der Angebotsrisiken. Diese sind mittlerweile weitgehend ausgepreist worden, obwohl es weiterhin zahlreiche Krisenherde gibt: So ist die Sicherheitslage in Libyen nach wie vor sehr angespannt. Auch in Nigeria, wo die Sicherheitskräfte im Norden mit Islamisten und zunehmender Gewalt im Süden zu kämpfen haben, besteht weiterhin das latente Risiko von Angebotsaufällen. Nicht zu vergessen sind auch der anhaltende Bürgerkrieg in Syrien, die unsichere Lage in Ägypten und der weiterhin schwelende Streit um das iranische Atomprogramm.

Jederzeit kann es in diesen Konfliktregionen zu einer erneuten Eskalation kommen, welche die geopolitische Risikoprämie auf den Ölpreis wieder steigen lässt. Es bleibt auchabzuwarten, ob das Ölangebot aus dem Südsudan wirklich in dem Maße zurückkommen wird wie derzeit erwartet. Die Nordseeproduktion bleibt zudem in einem strukturellen Abwärtstrend, weil die großen Felder ihr Fördermaximum überschritten haben (Grafik 5).

Nach dem massiven Rückgang um 9% bzw. 310 Tsd. Barrel pro Tag im vergangenen Jahr rechnet die IEA auch im laufenden Jahr mit einem Minus von knapp 7%. Ab Spätsommer wird es außerdem in den größeren Ölfeldern der Nordsee wie dem Buzzard-Feld wieder zu Wartungsarbeiten kommen, welche das Brentangebot zumindest vorübergehend zusätzlich spürbar verringern werden.

Alles in allem sind wir der Ansicht, dass die Lage amÖlmarkt von den meisten Marktbeobachtern derzeit als zu entspannt eingeschätzt wird. Dies zeigt sich auch an den deutlich gesunkenen spekulativen Netto-Long-Positionen bei Brent, welche sich seit Februar nahezu halbiert haben und auf dem niedrigsten Niveau seit Mitte Dezember befinden (Grafik 11, Seite 6).

Im Zangengriff zwischen dem derzeit bestehenden Überangebot und drohenden Produktionskürzungen dürfte der Brentölpreis zunächstauf dem derzeitigen Niveau verharren. Erst bei einer sichtbaren Aufhellung der Konjunktur wird es zu einem nachhaltigen Anstieg des Ölpreises kommen. Damit rechnen wir im zweiten Halbjahr. Die Belebung der Nachfrage wird zu einer Einengung der Marktbilanz führen und auch die Finanzanleger zurück in den Ölmarkt locken. Der Brentölpreis dürfte daher im Jahresverlauf steigen und im Jahresschlussquartal bei 118 USD je Barrel notieren. Für diese Prognose bestehen Abwärtsrisiken, sollte die von uns erwartete Erholung der Nachfrage im zweiten Halbjahrausbleiben.

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CO2 - Die Hoffnung stirbt zuletzt ...

Die Hoffnung stirbt zuletzt - das ist wohl das Motto am CO2-Markt, das die Preise derzeit stützt. Am 16. April hatte das EU-Parlament die Initiative der EU-Kommission abgelehnt, die Preise im Emissionshandel durch das Zurückhalten von 900 Mio. Zertifikaten in den nächsten drei Jahren zu stützen. Das "Nein" zum sogenannten Backloading schickte den CO2-Preis zunächst auf Talfahrt, aber bei rund 3 Euro je Tonne hat dieser eine Unterstützung gefunden. Wir gehen davon aus, dass das knappe Abstimmungsergebnis von 334 zu 315 Stimmen letztlich Hoffnungen auf eine neue Initiative schürt. Schließlich wurde das Vorhaben auch nicht gänzlich abgelehnt, sondern zurück an den federführenden Umweltausschuss verwiesen.

Tatsächlich gibt es durchaus Bestrebungen im Juni oder Juli, dasVorhaben erneut im EU-Parlament zur Abstimmung zu stellen. Es heißt, eine Ergänzung, in der versichert würde, dass das "Backloading" einmalig bliebe, die sogenannte fallback amendment, könnte eventuell das eine oder andere Parlamentsmitglied noch umstimmen. Zweifellos könnte auch Deutschlands Unterstützung dem Plan helfen. Aber bei dem Patt zwischen Umweltminister Altmaier und Wirtschaftsminister Rösler ist wohl vor den Bundestagswahlen im Herbst eine klare Positionierung eher unwahrscheinlich.

Die künftige Preisentwicklung hängt entscheidend vonden Chancen auf eine Implementierung des Backloadings ab. Ohne eine kurzfristige Verknappung am Markt dürfte der Preis weiter fallen. Interessant ist zu sehen, dass der Markt derzeit einen Preisverfall unter 1 Euro je Tonne mit einer Wahrscheinlichkeit von 30% einpreist (Grafik 6).




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