Getreide und Ölsaaten: Entlastung ja, aber Risiken bleiben

Seit dem Spätherbst 2012 haben auch die Weizenpreiseeinen Verfall von über 850 US-Cents je Scheffel auf inzwischen nur noch um die 700 US-Cents je Scheffel gesehen. Angesichts der Aussicht auf eine größere Ernte 2013/14und einer wesentlich entspannteren Lage beim Konkurrenzprodukt Mais verwundert die Preisbewegung allenfalls in ihrer Heftigkeit. Sie zeigt, dass der Markt die Ereignisse der noch laufenden Saison weitgehend hinter sich gelassen hat, deren Ergebnis sich nach aktuellem Stand wohl so zusammenfassen lässt: In der Saison 2012/13 manifestiert sich ein weltweiter Produktionsrückgang um 6% - v.a. bedingt durch Einbrüche in der Schwarzmeerregion und Australien, aber auch der EU - trotz wie bei Mais aufgrund hoher Preise deutlich rückläufiger Nachfrage in einem hohen Defizit von 17 Mio. Tonnen (Grafik 4).
Die globale Weizenproduktion dürfte nach Einschätzung des IGC dank einer Flächenausdehnung auf 4-Jahreshoch um 4% steigen. Da allerdings auch hier die Nachfrage wieder zulegen soll, bleibt der Spielraum für eine Lageraufstockung recht eng begrenzt. Dies hat die Weizenpreise von einem stärkeren Nachgeben nachden auch bei Weizen um 5% höher als erwarteten Lagerbeständen bewahrt, zumal China den zwischenzeitlich höheren Preisrückgang zu seinem ersten großen Kauf von US-Weizen in diesemJahr nutzte. Im März hatte sich die seltene Situation ergeben, dass die Preise für Weizenund Mais gleichauf lagen, inzwischen heben sich die Weizenpreise wieder deutlich von denMaispreisen ab.
Weltweit erwartet das USDA für die Saison 2013/14 eineRekordproduktion, ohne allerdings eine konkrete Zahl zu nennen. Die bisherige Rekordernte von 697 Mio. Tonnen wurde im Erntejahr 2011/12 erzielt. Die globale Weizenernte 2012/13 lag bei 655 Mio. Tonnen. Wir erachten die implizite USDA-Prognose eines Anstiegs um mindestens 7% allerdings als zu optimistisch.
Verbesserungen dürfte es 2013/14 vor allem in der Schwarzmeerregion, aber auch in Australien und der EU geben. Wenig erfreulich sind allerdings Meldungen aus Russland über schlechte Pflanzenqualitäten, die eine Erholung der Ernte nach dem Vorjahreseinbruch begrenzen dürfte. Die russische Weizenernte soll 2013 auf 50 Mio. Tonnen wachsen. Auch wenn dies keine sehr ehrgeizige Höhe ist - Russland hat schon mehrfach über 60 Mio. Tonnen produziert -, so wäre es doch ein deutlicher Zuwachs gegenüber dem sehr schlechten Vorjahr.
Auch in Australien soll sich die Lage verbessern: In der kommenden Saison soll der Prognose des staatlichen Analyseinstituts Abares zufolge die Produktion aufgrund höherer Anpflanzungen und besserer Erträge um 13% gegenüber der letzten Ernte auf knapp 25 Mio. Tonnen steigen. Coceral, der europäische Zusammenschluss nationaler Organisationen von Getreidehändlern, schätzt die EU-Weizenernte 2013 gut 2,5% höher als im Vorjahr ein, die EU-Kommission und das USDA erwarten gar ein Plus von 5,3% (Grafik 5). Besonders groß wird der Zuwachs in den im Vorjahr von Trockenheit stark betroffenen Regionen Süd- und Osteuropas eingeschätzt.
Insbesondere in Rumänien, aber auch in Bulgarien und Spanien soll der prozentuale Zuwachs zweistellig sein. Für Deutschland erwartet der Raiffeisenverband einen Zuwachs bei Winterweizen um immerhin 7% auf 23 Mio. Tonnen. Einespäte Ernte 2012 und übermäßige Nässe haben die Aussaat von Winterweizen im Vereinigten Königreich beeinträchtigt, was gemeinsam mit Schäden nach dem kalten und nassen Winter die Ernte auf den niedrigsten Stand seit Jahrzehnten reduzieren dürfte.

In Kanada sind viele Flächen noch mit Schnee bedeckt. Es bleibt abzuwarten, ob die Schmelze zu Überschwemmungen und Beeinträchtigungen bei der Aussaat des in Kanada weit überwiegenden Sommerweizens führt.
Nach Einschätzung des USDA soll die US-Weizenproduktion 2013 entgegen dem weltweiten Trend um 7,4% auf 2,1 Mrd. Scheffel (gut 57 Mio. Tonnen) zurückgehen. Als Grund hierfür werden niedrigere Flächenerträge und die vorzeitigeAufgabe von Anbauflächen angegeben. Zwar wird für die US-Ernte 2013 der Flächenzuwachs auf 1,3% taxiert. Von den 56,4 Mio. Morgen sind 42 Mio. Morgen mit bereits im Herbst eingesätem Winterweizen bebaut.
In ihren ersten landesweiten Berichten zum Entwicklungsfortschritt musste das USDA allerdings bekanntgeben, dass mit 34% als "gut" oder "sehr gut" bewerteten Pflanzen die Qualität der Pflanzen so schlecht wie zuletzt 2002 ist. Dies hat sich bis zum aktuellen Rand nicht geändert. Im letzten landesweiten Bericht für 2012 von Ende November war der Anteil mit 33% der niedrigste, der je in einem November gemeldet wurde. Insbesondere in den südlichen Gebieten der Great Plains besteht trotz einiger Niederschlägein der letzten Zeit noch immer starker Feuchtigkeitsmangel in den Böden.
Die Preise für Weizen in Paris liegen weiterhin über den US-Notierungen, haben sich aber anders als die US-Preise nach dem durch die US-Lagerdaten ausgelösten Preisrutsch nicht mehr nennenswert erholt. Der positive Ernteausblick scheint die Stimmung mehr zu prägen als die noch immer erfreuliche Exportdynamik. Die Weizenexporte der EU seit Saisonbeginn im Juli 2012 haben inzwischen zu den hohen Werten aus 2010/11 aufgeschlossen (Grafik 6).
Der Ausfall von Exporten aus dem Schwarzmeerraum hat Nachfrage in die EU umgelenkt. Gegenüber US-Ware kommt hier auch ein Transportkostenvorteil zur Lieferung in wichtige Abnehmerländer wie etwa Ägypten zum Tragen. In wichtigen Anbauregionen Europas hat der lange Winter die Pflanzenentwicklung verzögert. In seinem gerade erschienenen April-Bericht sah sich allerdings die Prognoseeinheit der EU-Kommission noch nicht dazu veranlasst, für 2013 von ihrer Prognose im langjährigen Durchschnittliegender EU-Weizenerträge abzuweichen. Für Nord- und Mitteleuropa werden allerdings die Risiken durch die verzögerte Entwicklung klar benannt. Sollte es in den kommendenMonaten zu einer Anpassung der Ertragserwartung nach unten kommen, dürfte dies die EU-Preise stützen.
Sojabohnen:
Auch die Sojabohnenpreise konnten sich dem Rückgang Anfang April nicht entziehen und sind unter 14 USD je Scheffel abgesackt. Die Vorgaben vom Maismarkt und eine entspanntere Versorgungssituation hatten die Preise bereits im Herbst 2012 von Rekordhöhe stark nachgeben lassen. Anders als bei Mais und Weizen dürfte das Jahr 2012/13 bei Sojabohnen einen Produktionszuwachs gegenüber der schlechten Saison 2011/12 um 12% ergeben. Angesichts einer aufgrund der hohen Preise nur moderat steigenden Nachfrage dürfte ein globaler Überschuss von fast 10 Mio. Tonnen zu Buche stehen.
Allerdings profitieren die Preise für Sojabohnen in den USA derzeit noch immer von US-Vorräten auf 9-Jahrestief und von Verzögerungen bei der Verschiffung in Brasilien, die Kunden wie China auf schneller verfügbare US-Ware haben ausweichen lassen. Beobachter wie das auf Ölsaaten spezialisierte Analysehaus Oil World gehen allerdings davon aus, dass sich die Situation in den brasilianischen Häfen nun entspannen wird und der Abtransport der rekordhohen dortigen Ernte in den nächsten Wochen zügiger voran gehen dürfte. Auch in Argentinien läuft die erfreulich hoch erwartete Sojabohnenernte.
