Das kleine Eigenleben am Kerosinmarkt


Dank der Effizienzmaßnahmen ist der Kerosinverbrauch in den Industrieländern sogar leicht gefallen. Das wurde zwar durch eine steigende Nachfrage in den Schwellenländern überkompensiert (Grafik 6). Dennoch ist damitinnerhalb der Produktgruppe Mitteldestillate die Nachfrage nach Kerosin geringer gestiegen als die nach Gasöl. Dieser Bedeutungsverlust dürfte maßgeblich für die relative Schwäche des Kerosinpreises im Vergleich zu Gasöl gewesen sein.
Zusätzlich zu den strukturellen Trends beeinflussen konjunkturelle Schwankungen den Flugverkehr und damit den Kerosinverbrauch. Vor allem im Frachtverkehr fallen die zyklischen Schwankungen kräftig aus. Ein schwächerer Welthandel beispielsweise bremst den Logistikbedarf. So sind in derWirtschaftskrise 2009 die Tonnen geförderter Fracht um knapp 9% und die geförderter Postimmerhin um 5,5% geschrumpft. Der weniger zyklische Passagierverkehr kann diesen Effekt in der Regel etwas abfedern.
Schwankungen im Passagierverkehr dagegen zeigen sich bei externen "Schocks": Beispielsweise hatten die Infektionskrankheit SARS im Jahr 2003 oder die sogenannten Schweinegrippe (H1N1) Mitte 2009 deutliche Spuren im Passagierverkehr hinterlassen.
Wie sind die kurzfristigen Aussichten? Am aktuellen Rand bremst die konjunkturelle Schwäche den weiterhin strukturell wachsenden Flugverkehr. Der Frachtverkehr ist nach der starken Erholung 2010/11 rückläufig. Auch der Passagierverkehr droht abzuflachen (Grafik 8). Die Euroschuldenkrise, aber auch die nur allmähliche Erholung der amerikanischen Wirtschaft und die Abkühlung der chinesischen Wirtschaft werden deshalb kurzfristig wachstumshemmend sein. Die leichte Flaute im Flugverkehr bremstden Kerosinverbrauch. Dazu passen die zuletzt in den USA stark gestiegen Lagerbestände.


Die Kerosinpreise dürften zum Jahresende auf fast 1000 USD je Tonne zurückfallen, sofern der Rohölpreis angesichts eines reichlichen Ölangebots wie von uns erwartet nochmals nachgibt. Im kommenden Jahr werden die Rohölpreise aufgrund einer allmählichen Erholung der Weltkonjunktur wohl weiter anziehen. ImVerbund mit den Gasölpreisen werden die Kerosinpreise aufgrund der hohen Zyklizität der Nachfrage nach Mitteldestillaten überproportional profitieren. Der Kerosinpreis dürfte dann wieder Richtung 1100 USD je Tonne steigen.
Auch langfristig wird der Flugverkehr kräftig zunehmen. Wachstumstreiber sind eine starke asiatische Nachfrage und ein kräftig wachsenderMarkt im Nahen Osten. Wachstumspotenzial bieten zudem die europäische Peripherieländern und die Low-Budget Airlines in den USA und Europa, die in den Kernmärkten für eine weitere Zunahme des Passagierverkehrs sorgen. Demgegenüber stehen die Suche nach weiteren Effizienzgewinnen und eine schrumpfende Kerosinnachfrage zu Heizzwecken im asiatischen Raum. Alles in allem dürfte die Kerosinnachfrage langfristig im Einklang mit der globalen Rohölnachfrage zulegen (Grafik 9). Der Jet Fuel Crackspread dürfteallerdings von einem weiterüberproportional steigenden Bedarf nach Gasöl profitieren.
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