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Das kleine Eigenleben am Kerosinmarkt

17.09.2012  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Der Bedarf an Kerosin ist in den letzten zehn Jahren weniger stark gestiegen als das wachsende Aufkommen im Flugverkehr mutmaßen ließe. Das ist vor allem den massiven Einsparbemühungen in der Luftfahrt geschuldet. Damit hat das Marktsegment Kerosin für den globalen Mineralölmarkt sogar an Bedeutung verloren. Der enge Verbund von Kerosin- und Gasölpreisen legt nahe, dass Kerosin mittelfristig überproportional vom Anstieg der Rohölpreise profitieren kann.

Kerosin ist heute der maßgebliche Kostenfaktor für die meisten Fluggesellschaften. Bedingt durch die massive Verteuerung hat sich in den letzten 10 Jahren der Anteil der Spritkosten an den operativen Kosten insgesamt von 13% auf 30% erhöht. Ausschlaggebend war zweifellos der deutliche Anstieg der Rohölpreise. Denn ebenso wie bei Diesel und Benzin ist Rohöl der maßgebliche Inputfaktor bei der Kerosinherstellung und damit die mit Abstand
wichtigste Preisdeterminante.

Dennoch "atmen" die Preisdifferenzen der diversen Mineralölprodukte zum Ausgangsprodukt Rohöl. Wir betrachten deshalb im Folgenden die wichtigsten Trends am Kerosinmarkt und deren Implikationen für die Preisdifferenz von Kerosin zu Rohöl, den sogenannten 2Jet-Fuel Crack Spread.

Definition: Kerosin wird überwiegend als Flugturbinenkraftstoff in der Zivilluftfahrt eingesetzt. Unter der technischen Bezeichnung Jet A-1 (engl.: jet-fuel kerosene) wird es in Düsentriebwerken und Turboprops verwendet. In kleineren Mengen wird es aber auch für Heiz- und Kochzwecke sowie in der Industrie eingesetzt. Es zählt bei einem Siedebereich in der Rohöldestillation zwischen 150˚C und 275˚C zu den Mitteldestillaten. Kerosin ist abzugrenzen von Flugbenzin (engl.: aviation gasoline), das in Flugzeugen mit Kolbenmotoren bzw. Sport- und kleineren Privatflugzeugen eingesetzt wird und zu den Leichtdestillaten zählt.

Der Kerosinmarkt ist ein vergleichsweise kleines Segment des Mineralölmarktes. Auf ihn entfallen rund 7% des globalen Ölangebots. Auch in seiner Produktkategorie Mitteldestillate spielt Kerosin die untergeordnete Rolle: Kerosin stellt lediglich 23% der Mitteldestillate, während Gasöl den Großteil abbildet. Kerosin wird zudem anders als Gasöl nur an der TOCOM als standardisierter Futures-Kontrakt gehandelt wird. Auch wenn die Liquidität an der TOCOM durchaus hoch ist, greifen Unternehmen in den USA und Europa aufgrund der Währungsproblematik für Hedging-Zwecke entweder auf Swaps zurück oder sichern sich indirekt über Rohöl- oder Gasöl-Futures und Crack Spreads ab.

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Kerosin ist zwar in aller Regel etwas teurer als Gasöl, weil es bedingt durch den höheren Siedebereich von höherer Qualität ist. Aber der Verbund der beiden Mitteldestillatpreise ist sehr eng. Das zeigt der parallele Verlauf der Crack Spreads der beiden Produkte (Grafik 2). Bestätigt wird das zudem durch die hohe Korrelation der wöchentlichen Erträge. Seit 2005 liegt der Korrelationskoeffizient bei 0,9.

Trotz des hohen Verbundes der Mitteldestillate ist das Preisverhältnis von Kerosin zu Gasöl in den letzten zehn Jahren in der Tendenz leicht gefallen. (Grafik 3). Das verwundert auf den ersten Blick, denn schließlich würde man intuitiv meinen, dass angesichts des stark wachsenden Flugverkehrs der Kerosinmarkt zuden am stärksten wachsenden Segmenten des Mineralölmarktes zählt. Tatsächlich ist aber die Kerosinnachfrage in den letzten zehn Jahren unterproportional gestiegen und ihr Anteil der globalen Ölnachfrage von 8,4% auf die bereits erwähnten 7,3% gefallen. Warum?

Auf die Entwicklung des mit Abstand wichtigsten Absatzmarktes, dem Flugverkehr, ist dies zweifellos nicht zurückzuführen. Denn dieser ist in den letzten Jahren tatsächlich rasant gewachsen ist. Am stärksten wuchs der zivile Passagierflugverkehr. Gemessen an den Passagierkilometern ist dieser laut International Civil Aviation Organization (ICAO) seit dem Jahr 2000 um 66% bzw. 4,8% p.a. gestiegen. Aber auch der Frachtverkehr hat mit einer Wachstumsrate der Frachtkilometer von 4% p.a.in den letzten elf Jahren deutlich zugelegt.

Dass der Kerosinbedarf im gleichen Zeitraum nahezu stagniert hat (Grafik 4), ist vor allem den massiven Sparanstrengungen der Fluggesellschaften geschuldet. Zum einen wurde das Flugverkehrsmanagement deutlich verbessert. Die Auslastung der Maschinen ist sowohl im Passagier- als auch im Frachtverkehr deutlich gestiegen (Grafik 5). Zum anderen wurde die Treibstoffeffizienz der Maschinen verbessert. Einsparungen wurden beispielsweise durch eine optimierte Aerodynamik, eine Gewichtsreduktion und eine verbesserte Logistik erzielt.


Wie die amerikanische Luftfahrtindustrie Treibstoff spart

In den USA ist Treibstoffeffizienz in den letzten Jahren massiv gestiegen. Das veranschaulicht die vereinfachte Gegenüberstellung von Passagierkilometern und Kerosinverbrauch in den USA, wobei wir die Entwicklung im Frachtverkehr vernachlässigen. (Grafik 7). Dies ist einer Vielzahl von Faktoren zu verdanken. Zum ersten ist dies einer stärkeren Auslastung der Flugzeuge geschuldet, die in den USA zwischen 2001 und 2011 von 70% auf 82% gestiegen ist.

Zum zweiten wurde sowohl bei neuen Flugzeugen als auch beim bestehenden Flottenbestand das Gewicht reduziert. Auch das Flottenalter spielt eine große Rolle. So verfügen neue Flugzeuge über effizientere Motoren und optimierter Aerodynamik. Laut einem Artikel des Wall Street Journals verbrauchen die Flotten von Alaska, Jetblue und Continental Airlines, bei einem durchschnittlichen Flugzeugalter von 9 Jahren, weniger als die verbrauchsintensivsten Airlines wie, Delta, United und American, die im Schnitt 14 Jahre alte Flugzeuge besitzen.

Ferner kann mit geschickter Logistik am Spritverbrauch gespart werden. So steuert Alaska Airlines hauptsächlich kleinere Flughäfen an und sorgt dafür, dass Flugzeuge sobald sie am Boden sind, sich möglichst wenig aus eigener Kraft bewegen. Im Vergleich dazu führen lange Wartezeiten bei Start- und Landebahnen an größeren, überlaufenen Flughäfen zu unnötigem Spritverbrauch. Desweiteren wird durch neue Navigationssoftware versucht, Flugrouten zu optimieren und in Verbindungmit meteorologischen Instrumenten die effizienteste Strecke zu finden.




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