Rohstoffmärkte im Bann der Unruhen in Libyen


Die Unruhen in Libyen lassen die Ölpreise weiter steigen. Der Brentölpreis erreichte am Morgen ein 2½ Jahreshoch von 109 USD je Barrel. Der heute auslaufende März-Kontrakt von WTI wurde in der Spitze bei 94 USD je Barrel gehandelt und damit 10% höher als am Freitag. Der April-Kontrakt, welcher ab morgen der nächstfällige Terminkontrakt ist, notierte im Hoch bei 98 USD je Barrel. Aufgrund der Kontraktumstellung dürfte der WTI-Preis morgen um vier US-Dollar steigen, falls es nicht im Vorfeld zu einer Angleichung der beiden Terminkontrakte kommt.
Die Preisdifferenz zwischen den vergleichbaren Terminkontrakten hat sich in den vergangenen Tagen auf 10 USD eingeengt. Die Unsicherheit über die Öllieferungen im Nahen Osten dürfte ein weiteres Zusammenlaufen der Preise verhindern, da Brent aufgrund seines internationalen Charakters stärker profitieren dürfte als das vornehmlich von US-Faktoren bestimmte WTI. Heute trifft sich die OPEC am Rande einer Energiekonferenz in Riad zu einem informellen Treffen. Da es bislang nicht zu Lieferausfällen gekommen ist, besteht seitens der OPEC auch keine Notwendigkeit, mit einer Ausweitung der Fördermengen zu reagieren.
Die Internationale Energieagentur hat erneut vor den Auswirkungen der hohen Ölpreise auf die Konjunktur und damit auf die Ölnachfrage gewarnt. Von daher dürfte von dem Treffen das Signal ausgehen, im Fall der Fälle den Ölhahn aufzudrehen, um eventuellen Angebotsknappheiten zu begegnen. Solange der Konflikt auf Libyen begrenzt bleibt, könnte die OPEC angesichts freier Förderkapazitäten von 5-6 Mio. Barrel pro Tag auch einen Totalausfall Libyens problemlos auffangen, welches eine tägliche Fördermenge von 1,6 Mio. Barrel aufweist. Kritisch wird es nur, falls die Unruhen auch auf andere wichtige Ölproduzenten wie Algerien oder die Länder der Golfregion übergreifen. Die Unsicherheit darüber dürfte zu einem weiteren Anstieg der Ölpreise führen.

Edelmetalle
Die sich ausbreitenden Unruhen im Nahen Osten ziehen stark die Rohstoffpreise in ihren Bann. Da die Anleger aufgrund der eskalierenden Gewalt wieder verstärkt nach einem "sicheren Hafen" suchen, ist es nicht verwunderlich, dass der Goldpreis von dieser Entwicklung profitiert und zulegt. Dieser steigt zum ersten Mal seit sieben Wochen wieder über die Marke von 1.400 USD je Feinunze. Mit 1.411 USD kommt Gold heute Morgen zwischenzeitlich bis auf 20 USD an das Allzeithoch von Dezember heran, kann dieses Niveau allerdings nicht gänzlich verteidigen. In Euro gerechnet verteuert sich Gold auf gut 1.035 EUR je Feinunze. Solange keine Entspannung im Nahen Osten in Sicht ist, dürfte der Goldpreis gut unterstützt bleiben.
Im Fahrwasser von Gold legt zugleich Silber deutlich zu und steigt heute Morgen in der Spitze auf 34,3 USD je Feinunze. Damit ist Silber so teuer wie seit 31 Jahren nicht mehr. Das Edelmetall, das bei den Anlegern aufgrund seines hybriden Charakters sehr beliebt ist, spielt diesmal seine Karte als wertstabile Anlage aus. Im Zuge dessen sinkt der viel beachtete Gold-Silber-Koeffizient auf 41,5. Dies entspricht dem niedrigsten Stand seit Februar 1998.
Industriemetalle
Die Unruhen im Nahen Osten drücken auf die Stimmung der Marktteilnehmer. Ausgehend von einer aktuell höheren Risikoaversion, die sich unter anderem in fallenden Aktienmärkten im asiatischen Raum widerspiegelt, geben auch die Metallpreise in der Breite nach.
Aluminium verteuerte sich gestern in der Spitze auf 2.585 USD je Tonne. Fundamental kann der aktuell hohe Aluminiumpreis nicht gerechtfertigt werden. Die Aluminiumvorräte an der LME stiegen auf ein Rekordhoch von 4,62 Mio. Tonnen. Sorgen über mögliche Angebotsausfälle im Nahen Osten haben jedoch die Oberhand über die zuletzt kräftig gestiegenen Lagerbestände gewonnen. Unter anderem in Abu Dhabi und in Katar wurden zuletzt große Aluminiumschmelzen gebaut und in Betrieb genommen. Die Region dürfte 2013 ungefähr 10% der weltweiten Produktion ausmachen.
Gemäß Angaben der International Lead and Zinc Study Group (ILZSG) befanden sich sowohl der globale Zink- als auch der Bleimarkt 2010 mit 264 Tsd. bzw. 48 Tsd. Tonnen in einem Angebotsüberschuss. Dieser wurde im Vergleich zum Vorjahr abgebaut, im Falle von Zink sogar deutlich. Aufgrund hoher freier Kapazitäten und zuletzt stark gestiegener Lagerbestände sind Sorgen über Angebotsengpässe jedoch nicht angebracht. Aus fundamentaler Sicht können auch die hohen Zink- und Bleipreise nicht gerechtfertigt werden.
Agrarrohstoffe
Die US-Börsen blieben gestern aufgrund eines Feiertags geschlossen. Die europäischen Notierungen für Weizen in Paris hatten daher noch die negativen Vorgaben aus den USA vom Freitag zu verdauen, wo der Weizenpreis um 3,3% nachgegeben hatte. Gründe hierfür waren das mildere Wetter in den US-Anbaugebieten, das die Furcht vor Frostschäden besänftigen half sowie die restriktiven wirtschaftspolitischen Maßnahmen Chinas. Beides veranlasste Marktteilnehmer zu Gewinnmitnahmen von dem hohen Preisniveau aus. Am Morgen befinden sich die meisten Getreidepreise bereits wieder im Aufwind, nicht zuletzt angetrieben durch die Turbulenzen in der arabischen Welt.
Knapp 30% der weltweiten Weizenimporte gehen nach Nordafrika und in den Nahen Osten. Da ein wichtiger Grund für die Unruhen der Anstieg der Nahrungsmittelpreise war, dürften diese Länder weiterhin verstärkt Weizen importieren, um die Proteste zu besänftigen. Sollte es aufgrund der anhaltenden Unruhen zu Beeinträchtigungen bei den Entladungen kommen, könnte das aufgestaute Angebot allerdings kurzzeitig auf die Preise drücken. In Europa besteht aufgrund des Kälteeinbruchs das Risiko von Frostschäden für das Wintergetreide, da die Schneedecke während der milden Temperaturen in den vergangenen Wochen weitgehend abgeschmolzen ist und die Pflanzen den niedrigen Temperaturen nun schutzlos ausgeliefert sind.