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Ölblase II (Teil 2): Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

21.11.2009  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Rechtfertigt die sich abzeichnende Nachfragebelebung die hohen Preise?

Doch der Blick der Marktteilnehmer sowie der OPEC richtet sich zur Zeit vor allem auf die Ölnachfrage. Unumstritten ist wohl, dass angesichts der Konjunkturbelebung die Ölnachfrage das Tal durchschritten hat. Doch wie groß sind die Impulse tatsächlich?

Klar aufwärtsgerichtet ist die Nachfrage außerhalb der OECD. Vor allem in China, das noch im ersten Quartal einen rückläufigen Ölverbrauch konstatiert hatte, hat die höhere wirtschaftliche Dynamik zu einem kräftigen Anziehen der Ölnachfrage geführt. Die IEA schätzt auf Basis vorläufiger Daten, dass die sogenannte sichtbare (apparent) Nachfrage, also die Raffinerieproduktion zuzüglich der Nettoimporte, im September 15% über Vorjahr lag. Die hohen Rohöleinfuhren im Oktober sprechen für eine Fortsetzung der hohen Nachfragedynamik. Die IEA weist jedoch darauf hin, dass der zugrundeliegende Nachfragetrend durchaus geringer sein kann, aber da verlässliche Zahlen zur Lagerentwicklung fehlen, ist dieser schwierig herauszufiltern.

Auch in anderen Regionen außerhalb der OECD steigt die Nachfrage deutlich: In Saudi-Arabien nahm die Ölnachfrage im August um ungewöhnliche 16,4% zu, weil Öl zur Gewinnung von Elektrizität eingesetzt wurde. Alles in allem wurde deshalb die Prognose für die Nachfrage außerhalb der OECD Länder nach oben angepasst. Die IEA rechnet nun mit einer Zunahme um 600 Tsd. Barrel pro Tag im laufenden bzw. 1,4 Mio Barrel pro Tag im kommenden Jahr. Damit wird aber das seit dem Jahr 2000 erzielte durchschnittliche Wachstumstempo von knapp 4,5% p.a. noch nicht wieder erreicht. Das dürfte nicht zuletzt auf die geringere Subventionierung der Energiepreise zurückzuführen sein.

Und wie sieht es in den Industrieländern aus, auf die noch immer über die Hälfte des weltweiten Ölverbrauchs entfallen? Hier gehen die großen Agenturen davon aus, dass sich trotz Konjunkturbelebung lediglich das Tempo des Abschwungs verlangsamt hat. Die Ölnachfrage dürfte weiterhin im Vorjahresvergleich fallen. Selbst in den USA, wo sich die Situation zwischenzeitlich gebessert hatte, folgte den positiven September-Zahlen ein enttäuschender Oktober. Auch im Hinblick auf das nächste Jahr bleiben die Agenturen skeptisch. Sowohl die IEA als auch die OPEC rechnen sogar mit einem leichten Rückgang des Ölverbrauchs: während die Konjunktur zwar positive Impulse gibt, belastet die starke Verteuerung der letzten Jahre, im Zuge dessen die Bemühungen zur Steigerung der Energieeffizienz deutlich zugenommen haben. Grundsätzlich geht die IEA davon aus, dass die Ölnachfrage in den Industrieländern wahrscheinlich bereits im Jahr 2005 ihr Hoch erreicht hatte.

Vor diesem Hintergrund wird die weltweite Ölnachfrage im kommenden Jahr zwar zulegen, aber das Niveau des Rekordjahres 2007 (noch) nicht wieder erreichen. Da die IEA zudem mit einer Produktionssteigerung außerhalb der OPEC rechnet und das Angebot an Flüssig-Erdgas (NGL) ebenfalls steigt, wird der Bedarf an OPEC-Öl deutlich unter dem liegen, was das Kartell dem Markt 2007 zur Verfügung gestellt hatte. Damit werden die Förderkapazitäten der OPEC, die Schätzungen zufolge im nächsten Jahr um weitere 1 Mio. Barrel pro Tag ausgebaut werden, auf absehbare Zeit unterausgelastet bleiben und rechtfertigen Preise um die 80 USD je Barrel nicht.


Zögerliches Vorgehen der amerikanischen Aufsichtsbehörde

Vor diesem Hintergrund erachten wir vor allem den gestiegenen Risikoappetit der Finanzanleger als ausschlaggebend für den deutlichen Anstieg der Rohölpreise, zumal die Abwertung des US Dollar zusätzliche Impulse gab. Schon 2008 war ein enger (inverser) Zusammenhang zu beobachten. Wir waren bislang davon ausgegangen, dass die amerikanische Aufsichtsbehörde für den Rohstoff-Terminmarkt, die Commodity Future Trading Commission (CFTC), im Herbst mit einer Gesetzesvorlage zur Regulierung der Märkte den Risikoappetit der Finanzanleger dämpfen würde (siehe Rohstoffe kompakt: Ölblase Teil II - Kampf den Spekulanten).

Doch das Vorgehen der CFTC ist deutlich zögerlicher als zunächst angekündigt: So wurde die Gesetzesvorlage immer wieder nach hinten geschoben: Eine Vorlage wurde zuletzt für Anfang Dezember in Aussicht gestellt. Zudem deutete ein Kommissionsmitglied der CFTC an, dass die Positionslimits zunächst eher großzügig bemessen sein werden, um deren Wirkung auf den Markt zu beobachten. Wir haben deshalb unsere Prognose für den Ölpreis etwas nach oben angepasst. Wir erwarten nun, dass der Ölpreis im ersten Quartal 2010 auf 60 USD je Barrel fällt, bevor er sich allmählich auf 70 USD je Barrel zum Ende kommenden Jahres erholt.


Warum die Margen am Dieselmarkt so unter Druck stehen

Die Tendenz der Produktpreise wird im Wesentlichen durch den Rohölpreis bestimmt. Dennoch “atmet“ der Preisabstand zwischen den einzelnen Destillaten und Rohöl, was die Entwicklungen in diesem Jahr eindrucksvoll belegen. So konnte der Benzinpreis mit einer Verdopplung seit Jahresbeginn im Vergleich zu Rohöl überproportional zulegen, während sich Diesel unterproportional um nur gut 40% verteuert hat (Grafik 4). Was sind die Ursachen und wie werden die Tendenzen im nächsten Jahr aussehen?

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Ausschlaggebend für diese Entwicklungen ist ein starkes Überangebot am Dieselmarkt, welches mit den Entwicklungen im Jahr 2008 zu begründen ist. Denn im Sommer 2008 war - was für diese Jahreszeit äußerst ungewöhnlich war – der Dieselpreis deutlich höher als der Benzinpreis. Ein Grund war der starke chinesische Importsog. Chinas Bedarf an Mitteldestillaten wächst seit Jahren kräftig. Dennoch hatte das Land niemals zuvor aus dem Ausland dermaßen viel Diesel importiert (Grafik 5).

Hinzu kamen Engpässe in der Energieversorgung in Südamerika, so dass kurzfristig auf Mitteldestillate zur Stromerzeugung zurückgegriffen wurde. Die hohen Preise begünstigten, dass vor allem die Raffinerien in den Vereinigten Staaten ihre Produktpalette zugunsten von Mitteldestillaten verschoben haben. Die Ausbeute an Destillaten bei der Rohölproduktion in den USA (Verhältnis von Destillaten zu Rohölproduktion zuzüglich unverarbeiteter Rohölinputs) stieg fast auf bislang niemals erreichte 30%.





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