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US-Gasmarkt - Herbst verspricht Spannung

21.09.2009  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Aussichten: Überschüsse werden abgebaut

Wir denken nicht, denn der Überschuss wird im weiteren Jahresverlauf deutlich abgebaut. Zum einen ist mit einem fallenden Angebot zu rechnen (Grafik 3). Darauf deuten die zuletzt dramatisch gefallenen Bohraktivitäten hin; die aktiven Bohrlöcher sind nicht einmal halb so hoch wie im September letzten Jahres. Das US-Energieministerium rechnet daher für das Gesamtjahr mit einer stagnierenden Produktion und im nächsten Jahr mit einem Rückgang um knapp 3%. Die in der Tendenz steigenden Importe an Flüssigerdgas (LNG) dürfte die Verknappung des Angebots lediglich etwas dämpfen.

Die Verflüssigung von Erdgas - das Gas wird bei einer Temperatur von -160° Celsius verflüssigt und hat da nn ein 600mal geringeres Volumen als im gasförmigen Aggregatzustand - wird zwar immer attraktiver, auch weil man damit eine Unabhängigkeit von dem bestehenden Pipeline-Netz erreichen und in neue geographische Regionen vorstoßen kann. Die Entwicklung des Sektors steckt aber wegen der hohen Anfangsinvestitionen noch in den Kinderschuhen. In der ersten Jahreshälfte bildete Flüssigerdgas 13% der gesamten US-Importe bzw. zuletzt rund 2,5% des Gesamtverbrauchs.

Auf der anderen Seite dürfte sich die Nachfrage erholen. Nach dem dramatischen Einbruch in der ersten Jahrehälfte weisen nun alle Frühindikatoren in Richtung Wirtschaftsstabilisierung. Der amerikanische ISM-Index deutet mit knapp 53 auf eine Expansion im Verarbeitenden Gewerbe an. In der Vergangenheit gab es einen engen positiven Verbund zwischen dem Gas- bzw. Energieverbrauch und dem BIP-Wachstum. Vereinfacht kann man sagen, dass die Steigerungsrate der Gasnachfrage in den USA mit 1,3% p.a. in den letzten 20 Jahren etwa 1,5 Prozentpunkte niedriger ausfiel als das BIP Wachstum. Nach einem voraussichtlichen Rückgang von gut 4% dürfte die Gasnachfrage allein aus konjunkturellen Gründen im kommenden Jahr um rund 1% zu steigen.

Darüber hinaus ist aber auch die Preiselastizität der Nachfrage zu berücksichtigen: Denn der Gaspreis ist so stark gefallen, dass Gas als Input bei der Elektrizitätserzeugung deutlich attraktiver geworden ist. Auf die Elektrizitätserzeugung entfällt gut 30% des amerikanischen Gasverbrauchs. Vor allem gegenüber Schweröl hat sich ein deutlicher Preisvorteil aufgebaut; aber auch gegenüber Kohle ist Gas zuletzt wieder konkurrenzfähig geworden.

Eine steigende Nachfrage bei gleichzeitig fallendem Angebot führt zu schrumpfenden Überschüssen am Markt, die mittelfristig für steigende Preise sprechen. Hier sollte man jedoch die stark ausgeprägte Saisonalität der Gaspreise beachten. Denn im Dezember notierte der USGaspreis seit 1990 rund 25% höher als im Juli (Grafik 4).


US Natural Gas Fonds - “…d enn sie wissen nicht, was sie tun.“

Der im historischen Vergleich günstige US-Gaspreis, steigende Ölpreise, Konjunkturoptimismus, eine geringere Risikoaversion und eine hohe Liquidität haben in diesem Jahr zu einem massiven Anstieg des Anlegerinteresses geführt. Insbesondere die Gas-ETFs und ähnliche passive Derivatestrukturen und Strategien haben in diesem Jahr enorme Zuflüsse verzeichnet. Beispiel für diesen Trend ist der US Natural Gas Fund (UNG), dessen Volumen sich allein von März bis Juli auf knapp 5 Milliarden USD fast verzehnfacht hat. Obwohl seit Juli der UNG keine neuen Anteile mehr ausgegeben hat, kontrolliert er weiterhin über 13% aller ausstehenden Futures-Kontrakte auf US-Erdgas an der NYMEX.

Die Tatsache, dass im Hinblick auf die kommenden CFTC-Restriktionen der UNG keine neuen Anteile mehr ausgegeben hat und damit die Anleger im Fonds keine Gegenkraft mehr dargestellt haben, weil sie keine “neuen“ Futures dazu kaufen konnten, hat anscheinend das Interesse der großen Leerverkäufer, wie z.B. der Hedge Fonds, geweckt. Denn die Anleger, die in den UNG investieren, kennen sich mit dem Rohstoffmarkt offensichtlich nicht so gut aus. Vor allem können sie nicht zwischen der Entwicklung der Rohstoffpreise selbst und der Rohstoff-Investments unterscheiden, die auch von der Form der Terminkurve abhängt. Der UNG war und ist u.E. nicht geeinigt, um von einer bevorstehenden Preiserholung bei Erdgas zu profitieren.

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Dies konnte man schon daran erkennen, dass der UNG mit einem massiven Aufschlag von bis zu 20% über seinem inneren Wert (NAV) gehandelt wurde (Grafik 5). Da es sich beim UNG um einen ETF handelt, der nur in Gas-Futures investiert, ist dies völlig irrational, weil der Anleger die gleichen Futures ohne Aufschlag erwerben kann. Ein kleiner Aufschlag wäre vielleicht noch damit zu begründen, dass für Privatanleger der direkte Weg über die Gas-Futures etwas zu kompliziert ist.

Der andere Grund für eine erhöhte Aktivität der Hedge-Fonds war sicherlich die Erwartung, dass der UNG nach der Implementierung der neuen CFTC-Regeln zu Zwangsverkäufen gezwungen wird. Denn der Fonds nimmt mit umgerechnet über 100 Tsd. Gas-Futures eindeutig eine viel zu große Machtstellung am Gasmarkt ein. Auch nach bereits geltenden Bestimmungen der Börse NYMEX dürfte ein Marktteilnehmer per saldo nicht mehr als 12.000 Kontrakte halten. Offensichtlich kann der UNG diese Restriktionen geschickt umgehen, indem der Fonds verschiedene Händler, wie z.B. Banken, zwischenschaltet und seine Positionen über verschiedene Kontrahenten hält. Diese Kontrahenten sind teilweise durch spezielle Ausnahmegenehmigungen von den Pflichten zur Positionsbegrenzungen entbunden, weil sie vom Kontrolleur per Definition als “gutgläubiger“ Händler eingestuft werden.

Nichtsdestotrotz haben die Großspekulanten in der Hoffnung auf eine höhere Transparenz der Geschäfte und einen anschließenden massiven Preisrückgang auf fallende Preise gesetzt, nachdem die neuen CFTC-Regeln in Kraft treten. Insgesamt stiegen die Short-Überhänge auf einen Rekordwert von über 170 Tsd. Kontrakten (Grafik 6). Dies ist der wichtigste Grund zu glauben, dass sich die Gaspreise trotz eines wegen der neuen CFTC-Regeln kurzfristig negativen Effekts mittelfristig erholen werden.





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