Tiberius Rohstoff-Research: Marktkommentar November 2008

Fazit: Die Konjunkturentwicklung spricht für eine nachhaltige Wende der Rohstoffpreise im Zuge eines erneuten Konjunkturaufschwungs ab dem Ende des zweiten Quartals 2009. Die internationalen Aktienmärkte dürften eine derartige Entwicklung mit einer Bodenbildung im Dezember 2008 / Januar 2009 vorwegnehmen.
2) Terminkurven und Roll-Renditen
Die Terminkurven haben sich im Verlauf der letzten Jahrzehnte als ein guter Timing-Indikator im Rohstoffbereich erwiesen. Ein attraktives Investmentklima ist gegeben, wenn die Kassapreise mit einer Prämie zu den länger laufenden Kontrakten gehandelt werden (Backwardation). Der Preisabschlag der länger laufenden Kontrakte spiegelt hier keineswegs eine erhöhte Wahrscheinlichkeit wider, dass die Preisaussichten negativ sind. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Der Preisaufschlag des sofort verfügbaren Rohstoffes indiziert gemäß der Lagerhaltungstheorie (Theory of Storage) einen physisch knappen Markt. Wir haben in unserem Laufzeitenmodell nachgewiesen, dass die Prämie der Kassapreise (Convenience Yield) negativ mit den Lagerbeständen korreliert. Ein Markt bei dem die vorderen Terminkontrakte im Vergleich zu den länger laufenden Kontrakten relativ schwach tendieren, signalisiert den Übergang von einem Marktdefizit zu einem Marktüberschuss, auch wenn sich dies noch nicht sofort in den offiziellen Lagerbestandsdaten widerspiegelt.
Ein typisches Beispiel für eine derartige Situation ist beim Rohölmarkt gegeben. Noch im Juli 2008 war die Ölpreisterminkurve relativ flach. Mittlerweile wird der Öl-Kassapreis mit einem Abschlag von mehr als 30% zu dem Terminkontrakt mit einem Jahr Restlaufzeit gehandelt, was für eine Überversorgung spricht. Mit einiger Verzögerung steigen jetzt auch die Lagerbestände bei Rohöl über ihren Durchschnitt an. Wir haben die Terminkurven aller 45 in unserem Rohstoffuniversum enthaltenen Terminkurven gleichgewichtet zu einem mittelfristigen Timing-Indikator zusammengefasst. In den letzten Wochen ergab sich durch die starken Kurverluste bei den vorderen Kontrakten in sehr vielen Märkten ein Contango, der in den kommenden Wochen hohe Roll-Verluste wahrscheinlich macht. Aktuell ist das Short-Signal des Modells nahezu so stark ausgeprägt wie während der letzten großen Rohstoffbaisse während der Asien- und Russlandkrise im Jahr 1998.

Zwei Umstände relativieren jedoch die Aussagekraft des Modells. Erstens können Preisabschläge der vorderen Kontrakte auch dadurch resultieren, dass Marktteilnehmer, die üblicherweise in den kurz laufenden Kontrakten investiert sind (z.B. Hedge Fonds, Indexinvestoren), massiv Kapital aus den Rohstoffmärkten abziehen. Der Contango spiegelt in diesem Fall nicht steigende Lagerbestände und Marktüberschüsse, sondern lediglich eine technische Überverkauftsituation in den vorderen Kontrakten wider. Aus unserer Sicht war dies in den letzten Monaten bei den Agrarrohstoffen der Fall. Da im Zuge der Kreditkrise auch zunehmend Lagerverwalter Probleme haben, Finanzierungen für die zwischenzeitliche Lagerung von Marktüberschüssen zu erhalten, ist es insbesondere bei Metallen nicht unwahrscheinlich, dass die Produktionsmengen noch wesentlich stärker gekürzt werden müssen und dadurch die Lagerbestände gar nicht in dem Maße ansteigen, wie dies die Terminkurven implizieren.