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Rohstoffe kompakt: Fleisch & Vieh - Teil 2: Schwein gehabt?

13.08.2008  |  Eugen Weinberg
Die Fleischnachfrage nimmt weltweit dramatisch zu, die Futtermittelpreise steigen und auch Finanzanleger entdecken das Fleischsegment des Rohstoffmarktes für sich als aussichtsreiche Anlage. Wir glauben, dass diese Faktoren zu einer massiven Steigerung der Preise von Nutztieren in den USA führen werden, weil diese leicht zugänglich sind für Investoren und außerdem noch weit unter den Weltmarktpreisen liegen.

Bei den Preisen für US-Schweine rechnen wir zwar aus saisonalen Gründen mit einer kurzfristigen Korrektur. Dennoch sollte eine kräftige Nachfrage nach US-Schweinefleisch vor allem aus dem asiatischen und osteuropäischen Raum dafür sorgen, dass die Preise nach einer kurzen Schwächephase im Herbst spätestens ab dem kommenden Frühjahr weiter steigen werden. Bei den CME-gehandelten Magerschweinen rechnen wir im nächsten Jahr mit einem durchschnittlichen Preisanstieg um 20%.

Ein Rohstoffmarktsegment hat in den letzten Jahren nicht besonders gut abgeschnitten und daher einen großen Nachholbedarf gegenüber Energie- und Metallpreisen, zumal es auch über ein ähnlich positives Fundamentalumfeld verfügt: Der Fleischsektor oder auch Livestock genannt. Erst vor kurzem haben wir einen Bericht verfasst, in dem wir detailliert darlegen, warum die Fleischpreise künftig stark zulegen werden, ein Phänomen, das wir “Meatflation“ nennen. Als Gründe hierfür sehen wir den immensen Anstieg der Futtermittelpreise, einen Rückgang des Angebots auf mittlere Sicht, die bestehende Preisdifferenz zwischen den USA und anderen Märkten und eine zunehmende Fleischnachfrage in den asiatischen Schwellenländern. Nachfolgend untersuchen wir die derzeitige Konstellation am Markt für Schweine und Schweinefleisch.

Die Nachfrage für Schweinefleisch dürfte sich in den kommenden Jahren robust entwickeln. Die OECD rechnet in ihrem Ausblick mit einem Nachfrageanstieg bei Schweinefleisch von rund 20% bis zum Jahr 2016. Damit würde die Nachfrage bei Schweinen noch stärker anziehen als bei Rindern oder Geflügel, wobei rund 42% des gesamten Fleischnachfrageanstiegs in den kommenden Jahren auf Schweinefleisch entfällt. Zwar sind von den Industrieländern aufgrund eines geringen Bevölkerungswachstums, eines stagnierenden Pro-Kopf-Verbrauchs und einer zunehmend gesundheitsbewussten Ernährung keine nennenswerten Impulse mehr zu erwarten, so dass die Schweinefleischnachfrage in den OECDLändern in den kommenden Jahren um lediglich 0,5% jährlich zunehmen sollte.

Die zusätzliche Nachfrage für Schweinefleisch aus den Schwellenländern dürfte diese Stagnation allerdings mehr als kompensieren, wobei deren Nachfrage um 2,2% pro Jahr steigen sollte. Zum einen liegt dort das Bevölkerungswachstum über dem der Industrieländer. Zum anderen besteht beim Pro-Kopf-Verbrauch trotz eines bereits zu beobachtenden Aufholprozesses noch immer Nachholpotenzial. Die Schätzungen des “FAO-OECD Ausblicks 2007-2016“ für das Nachfragewachstum in den Schwellenländern erachten wir angesichts des Anstiegs von rund 4% jährlich in den letzten zehn Jahren außerdem als sehr konservativ.

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Der Pro-Kopf-Verbrauch von Schweinefleisch in den Schwellenländern sollte mit einem steigenden Pro-Kopf-Einkommen, einer wachsenden Mittelschicht und geänderten Essgewohnheiten hin zu einer fetthaltigeren Nahrung kontinuierlich zunehmen. Deutliches Potenzial lässt sich vor allem in Thailand, Brasilien und den Philippinen ausmachen, wo der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch aktuell 11,3 kg, 14,7 kg bzw. 17,7 kg beträgt, verglichen mit einem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 32 kg in den USA oder sogar 55 kg in Europa. Über die Hälfte der Nachfragesteigerung nach Schweinefleisch dürfte in den nächsten Jahren aus dem asiatischen Raum stammen. Haupttriebfeder dürfte aus unserer Sicht die robuste Nachfrage aus China sein. Mit mehr als 40% Marktanteil ist das Reich der Mitte der mit Abstand größte Produzent und Konsument von Schweinefleisch weltweit.

In den vergangenen zwei Jahren war die chinesische Nachfrage zwar nach dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche um insgesamt 15% eingebrochen. Jetzt zieht sie aber wieder stark anund wir rechnen damit, dass sich China, das sich bis jetzt aus eigener Produktion mit Schweinefleisch ernähren konnte, bald zu einem großen Netto-Importeur von Schweinefleisch entwickeln wird. Im Zeitraum 1981 bis 2005 stieg der Verbrauch von Schweinefleisch in China um 6,2% p.a. Selbst wenn diese Nachfragedynamik nicht mehr erreicht wird, dürfte die Produktion in Zukunft Mühe haben, mit dem Konsum Schritt zu halten. Die Jahresproduktion in China beläuft sich derzeit auf über 550 Mio. Schweine. Die Schweinehaltung ist dabei extrem schmutzintensiv. Trotz einer äußerst geringeren Konzentration - es existieren in China über 30.000 Schweinezuchtbetriebe und sogar die größten machen weniger als 3% der Gesamtproduktion aus - erzeugen allein die größten 50 Betriebe jeweils mehr Dreck als die Stadt Los Angeles.

Es ist damit zu rechnen, dass die Umweltmaßnahmen der chinesischen Regierung, die nachhaltiges Wirtschaften auf dem letzten Parteikongress als Motto für die nächsten Jahre ausgerufen hat, zu einer signifikanten Verlangsamung der Produktionsausweitung in China beitragen könnten. China dürfte daher in den kommenden Jahren zum großen Importeur von Schweinefleisch werden und damit seinen ostasiatischen Nachbarländern Japan und Südkorea folgen, welche bereits der weltweit größte bzw. drittgrößte Nettoimporteur von Schweinefleisch sind.





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